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    "X-Men 2" vs. Religion: So ging man beim Mutantenspektakel auf Nummer sicher

    Gott liebt. Menschen töten. Und Filme gehen auf Nummer sicher. So kann man eine Geschichte zu „X-Men 2“, für viele Fans der Liebling der mittlerweile riesigen Reihe, zusammenfassen. Denn damals wurde nicht ohne Grund ein wesentliches Detail geändert.

    UFD

    Wenn sich Ryan Reynolds als Mutant Wade Wilson in „Deadpool 2” durch Horden von Gegner mordet, dann nimmt er kein Blatt vor den Mund. Im Gegenteil: Er provoziert, was das Zeug hält. Im Jahr 2018 hat Fox schließlich kein Problem damit, sich für seine Marvel-Filme ein bisschen mehr aus dem Fenster zu lehnen und potenziell jeden zu vergraulen, der in „Deadpool 2” auf den Arm genommen wird. Anfang des neuen Jahrtausends war das Filmstudio dahingehend aber noch lange nicht soweit. Damals sind ja noch nicht einmal Comicverfilmungen so richtig angekommen. Dass „X-Men” anno 2000 überhaupt ein Erfolg wurde, war für nicht wenige überraschend.

    Bei der Fortsetzung „X-Men 2”, oder auch „X2” genannt, durfte Regisseur Bryan Singer also eine ganze Menge drauflegen und vollbrachte das nicht nur mit ordentlich mehr Laufzeit: Produktionsaufwand, Figurenanzahl, Schauwerte und Spektakel – in einfach jeder Hinsicht übertrumpfte der zweite Teil seinen mit Ladehemmungen geprägten Vorgänger deutlich. Kein Wunder bei fast doppelt so viel Budget. Mehr Geld muss aber nicht gleich mehr Wagnis bedeuten. In zumindest einem Punkt musste der 2003 veröffentlichte „X-Men 2” aber zurückstecken. Warum eigentlich?

    25 Fortsetzungen, die besser sind als das Original

    Das Superheldensequel basiert zum großen Teil auf dem Marvel-Comic „X-Men: God Loves, Man Kills” von Autor Chris Claremont und Zeichner Brent Anderson. Die Graphic Novel erschien im Jahr 1982 und wurde aufgrund seiner eigenständigen Geschichte nie wirklich als offiziell zum „X-Men”-Kanon zugehörig angesehen. Das änderte sich allerdings mit dem Erscheinen von „X2”. Für Bryan Singers zweiten „X-Men”-Film bedienten sich die Drehbuchautoren Michael Dougherty, Dan Harris und David Hayter sowie der Regisseur selbst bei der genannten Graphic Novel und übernahmen viele von dessen Handlungssträngen.

    So legen sich die X-Men auch in der Vorlage mit William Stryker (im Film von Brian Cox gespielt) an, der Professor Charles Xavier entführt, um mit dessen Kräften und Cerebro sämtliche Mutanten auf der Erde auszulöschen. Auch dass sich die Mutantentruppe dabei mit ihrem eigentlichen Feind Magneto verbündet, kommt so im Comic vor. Strykers Hass auf die Mutanten ist letztendlich das zentrale Element im Konflikt der Handlung und ebnete auch den Grundstein für das „X2”-Drehbuch. Doch einen wesentlichen Punkt musste man anpassen.

    Ein dogmatischer Priester und Mutanten als Ausgeburt der Hölle

    Der Comic „God Lives, Man Kills” trägt seinen Titel nämlich nicht grundlos. Stryker ist anders als im Film kein Major des Militärs, sondern hat seine Uniform längst abgelegt. Stattdessen ist der Bösewicht ein fanatischer christlicher Prediger, der in den Mutanten eine blasphemische Bedrohung und eine Ausgeburt des Teufels sieht. Laut seiner Meinung will dieser die Menschheit korrumpieren und befällt sie daher mit den Mutationen. Offenbar war für das Studio Fox die Gefahr dadurch zu groß, religiöse Zuschauer zu verstören. Also musste das Skript dahingehend angepasst werden.

    Aus Stryker wurde schließlich der machthungrige Militärwissenschaftler, der im Film auch auf seine einstige Adamantium-Schöpfung Wolverine trifft. In der Vorlage sind sich die beiden dagegen noch nie zuvor begegnet. Während im Film Stryker zudem seinen mutierten Sohn Jason trotz allem Beschämen am Leben erhält, tötet er ihn im Comic direkt bei der Geburt im Glauben, ein Monster auf die Welt gebracht zu haben. Fehlte Fox denn nun der Mut, die Story konsequenter umzusetzen und auch diesen sehr düsteren Teil der Geschichte mit einzubinden? Verdenken kann man es den Verantwortlichen jedenfalls nicht, denn anno 2003 befand sich der Superheldenfilm noch lange vor seiner Blütezeit. Erst 2016 traute man sich mit „Deadpool” einen R-Rated-Marvel-Film in die Kinos zu bringen, bei dem es auch mal derber und geschmackloser zugehen durfte.

    Doch Seitenhiebe in Richtung Kirche oder religiöse Tabubrüche sind auch darin nicht vorhanden und überhaupt ist das Thema ein sehr heißes (und daher meist gemiedenes) Pflaster im Blockbuster-Kino: Als Ron Howards Romanverfilmung „The Da Vinci Code - Sakrileg” im Jahr 2006 in die Kinos kam, brachte das einen gigantischen Aufschrei seitens des Vatikans mit sich. Unter anderem, da im Film die These aufgestellt wird, Maria Magdalena sei mit Jesus verheiratet gewesen und ihre Nachkommen würden noch heute unter uns weilen.

    Der Mut, ins Fettnäpfchen zu treten

    Dass der Autor der Vorlage, Dan Brow,n bewusst provoziert oder mit seiner hypothetischen Fiktion in neue dramaturgische Dimensionen vorstößt, ist einer der Gründe, warum das Buch „Sakrileg” ein Welterfolg wurde und auch eine Kinoverfilmung nach sich zog. Nun ist die Marke „X-Men” aber nun mal keine Bestsellerverfilmung mit einem Tom Hanks in der Hauptrolle (auch wenn alternative Geschichtsschreibung ebenso im Laufe der Reihe eine Rolle spielt). Im Jahr 2003 wagte man überhaupt erstmals eine Comicverfilmung mit über 100 Millionen Dollar Budget zu drehen, bei der nicht der ikonische Batman oder der weltberühmte Spider-Man im Mittelpunkt stand. Die X-Men kannten schließlich damals fast nur eingefleischte Comicleser. Kreative Einfälle und unkonventionelle Helden kann man „X2” trotzdem nicht absprechen aber ganz so weit wie bei der Vorlage wollte man dann doch nicht gehen. Schließlich galt es ja den Superheldenfilm gerade erst richtig salonfähig zu machen. Verärgerte Gläubige und Klagen von der Kirche wären da wohl kaum ein Risiko wert gewesen.

    So ein Risiko, sich auch mal in eventuell kontroverse Gefilde zu begeben, ist auch heute noch im Superhelden-Genre eher die Ausnahme. Selbst der Mut, sich mit brutaleren Inhalten an ein erwachseneres Publikum zu wenden, bleibt oft aus. Im vergangenen Jahr bekamen wir etwa mit James Mangolds „Logan” auch einen Wolverine zu sehen, der sich von der massentauglichen Formel seiner „X-Men”-Reihe endlich loslösen konnte. Ob wir auch in Zukunft vielleicht William Stryker in Form eines wahnsinnigen Priester des Evangeliums sehen dürfen, bleibt jedenfalls weiterhin ungewiss. Interessant und einfach mal vielversprechend anders klingt es jedenfalls allemal. Und der kommende „X-Men”-Film „Dark Phoenix” probiert sich zumindest scheinbar auch an neuen Ideen und befördert unsere Mutanten sogar ins Weltall. Die von vielen Fans geliebte Vorlage der „Dark Phoenix”-Saga stammt übrigens auch wie „God Lives, Man Kills” von Autor Chris Claremont. Der Film soll nach mehreren Verschiebungen am 14. Februar 2019 starten.

     

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