21. Dezember 2015: Hans Zimmer lädt vor seiner im April 2016 startenden Welttournee „Live On Tour“ zum Interview in den Berliner Zoo Palast ein. Im sich neben dem Hauptsaal befindlichen Clubkino mit schickem Bibliothekslook traf FILMSTARTS die 58-jährige Filmmusik-Legende aus Deutschland. Zimmer nimmt im Kinosessel in der ersten Reihe Platz und gibt sich allgemein überaus entspannt, zieht seine Schuhe aus und gewährt so den Blick auf seine bunten Ringelsocken. Mit viel Liebe zum Detail und guter Laune plaudert Zimmer aus dem Nähkästchen und verrät uns unter anderem, warum er niemals die Filmmusik für einen der kommenden „Star Wars“-Teile komponieren könnte...
FILMSTARTS: Sie sind bekannt und werden von ihren Fans bewundert dafür, dass Sie immer wieder neue Klangwelten erschaffen. Es heißt, dass Sie als kleines Kind den Klang Ihres Klaviers auf ziemlich kuriose Art und Weise verändert haben...
Hans Zimmer: Absolut richtig! Ich habe ein einwandfreies Klavier zerstört! Haben Sie als Kind nicht auch gerne mal Dinge auseinandergenommen? Ich musste alles auseinandernehmen und wieder zusammentun und dann blieben immer ein paar Restteile übrig. Genau das ist auch heute noch mein Motto: Egal, was benötigt wird, mach es möglich! Und wenn ein Film praktisch kein Budget hat, ist das auch kein Problem. Man findet immer einen Weg. Bei „12 Years A Slave“ zum Beispiel wurde die Filmmusik mit nur vier Musikern umgesetzt.
FILMSTARTS: Ist also das, womit Sie in Ihrer Jugend begonnen haben, das Schaffen neuer Klangerlebnisse, in gewisser Weise noch immer die Grundlage Ihrer Musik?
Hans Zimmer: Ich habe ehrlich gesagt den Verdacht, dass ich nie wirklich gearbeitet habe. Alles was ich tue, ist spielen, was ich auch als Kind schon tat. Und solange ich weiterspielen kann, bin ich zufrieden. Ennio Morricone zum Beispiel ist sehr akademisch und perfekt in seiner Herangehensweise an Musik. Aber ich weiß, dass auch in ihm ein Mann steckt, der einfach gerne spielt.
FILMSTARTS: Haben Sie Morricone schon mal persönlich getroffen?
Hans Zimmer: Oh ja! Ennio und ich waren aus irgendeinem verrückten Grund zusammen in Bonn. Wir besuchten zusammen das Beethoven-Haus. Und natürlich fühlten wir uns beide so klein mit Hut. Das war ein großartiger, unvergesslicher Tag!
FILMSTARTS: Sie haben eine große Leidenschaft für Perkussionsinstrumente, wie man auch am Beispiel von „Man Of Steel“ erkennt, und auch für afrikanische Rhythmen. Woher rührt diese Leidenschaft?
Hans Zimmer: Ich komme ja aus dem Rock 'n' Roll. Ich musste irgendwie rausfinden, wie man Schlagzeuge im Film unterbringen kann. Aber Schlagzeug im Film funktioniert eigentlich nicht so richtig. Also musste ich etwas Neues erfinden. Meine „afrikanischen Rhythmen“ wiederum sind eigentlich gar keine afrikanischen Rhythmen. Musik ist eine Weltsprache und ich bin kein Musikhistoriker. Ich erfinde! „Der König der Löwen“ zum Beispiel: Als ich meinen Kollaborateur und Freund Lebo M. kennenlernte, arbeitete er in einer Autowaschanlage in Los Angeles. Ursprünglich kommt er aus Südafrika und er ist ein großartiger Sänger und Musiker. Und – das meine ich jetzt nicht böse – er ist ein großartiger Lügner! Alles, was ich schrieb, spielte ich ihm vor und ich fragte ihn: „Ist das wirklich afrikanisch?“ Und er sagte: „Total!“ Zum Spaß ging ich dann irgendwann soweit, voll einen auf Beethoven zu machen, doch er blieb bei seiner Meinung: „Das ist wirklich gute afrikanische Musik.“
FILMSTARTS: Gibt es Stücke, die Sie bei Ihrer Welttournee spielen, mit denen Sie eigentlich eher unzufrieden sind und die Ihnen bei der erneuten Einspielung mit dem Orchester nun Sorgen bereitet haben?
Hans Zimmer: Nicht mehr, weil ich die Probleme, die ich zum Teil mit manchen Stücken hatte, behoben habe. Es gibt zum Beispiel ein Thema in „Gladiator“, das jeder für das Hauptthema hält. Ich persönlich mag dieses Thema nicht sehr gern, weshalb ich es für die Tour außen vor lassen wollte. Aber meine Musiker kamen zu mir und sagten: „Du musst es unbedingt spielen!“ Und was war am Ende der Grund für all die Aufregung? Es wird wohl immer bei Hockeyspielen aufgelegt. Die Leute würden deshalb also erwarten, dass ich es aufführe. Ich habe das Stück deshalb neu orchestriert und jetzt habe ich ein besseres Gefühl bei dem Stück. Das erinnert mich übrigens an ein tolles deutsches Wort: „verschlimmbessern“. Man muss immer darauf Acht geben, dass man nicht „verschlimmbessert“.
FILMSTARTS: Ähnlich wie bei John Williams und Steven Spielberg sind auch Sie bekannt dafür, mit Regisseuren wie Ridley Scott oder jetzt Christopher Nolan über längere Zeiträume zu kollaborieren. Ist das etwas, was Sie besonders gerne tun?
Hans Zimmer: Wissen Sie, es ist sehr wichtig nicht immer im selben Team zu bleiben. Ich arbeite immer gern mit denselben Musikern zusammen, aber ich versuche immer wieder mit neuen Regisseuren zusammenzuarbeiten. Ridley [Scott] und ich haben zum Beispiel seit Jahren nicht mehr zusammengearbeitet, weil wir uns zeitlich immer wieder verpassen. Chris' [Nolans] Filme wurden oft zur gleichen Zeit wie die von Ridley gedreht. Andererseits arbeitet Ridley seit geraumer Zeit mit meinem Kollegen Harry Gregson-Williams zusammen, wodurch ja in gewisser Weise die Ästhetik, die meine Musik aufweist, fortgeführt wird.
FILMSTARTS: Sie haben auch wunderschöne Musik für Kinder- bzw. Familienfilme wie „Der König der Löwen“, „Madagascar“ oder die „Kung Fu Panda“-Reihe komponiert. Was reizt Sie an diesen Unterfangen?
Hans Zimmer: Der Grund ist einfach: Ich habe Kinder! Wie alle Väter gebe auch ich gern mal ein wenig an. Ich konnte meine Kids nie mit in die Filme nehmen, an denen ich mitgearbeitet habe. Es war immer das gleiche Spiel: „Daddy, wo gehst du hin?“ „Oh, ich gehe zur Premiere eines Films.“ „Wie heißt er?“ „True Romance“. „Toll, das klingt lustig!“ … Aus diesem Grund war es wichtig für mich, auch Musik für Filme zu komponieren, in die ich meine Kinder mitnehmen konnte. „Der König der Löwen“ zum Beispiel habe ich für meine Tochter Zoe gemacht, die damals fünf Jahre alt war. Eigentlich wollte ich „Der König der Löwen“ gar nicht machen. Aber es war nun mal der perfekte Film, zu dessen Premiere ich meine Tochter mitnehmen konnte. Ich dachte damals, dass das nur so ein Cartoon mit Tieren werden würde. Doch als ich mit der Arbeit an dem Film begann, realisierte ich, was für eine vielschichtige Geschichte sich eigentlich hinter dem Film verbarg.
FILMSTARTS: Kommen wir von einem wichtigen Film zu einem wichtigen Franchise: „Star Wars“. Jetzt, da auch andere Komponisten als John Williams demnächst die Filmmusik zu den kommenden „Star Wars“-Filmen schreiben werden, habe ich mich gefragt, ob es Sie reizen würde, für einen dieser Filme die Filmmusik zu komponieren?
Hans Zimmer: Nein, weil ich ein „Star Wars“-Fan bin! Es gibt Filme, die möchte ich als ganz normaler Zuschauer genießen. „Inception“, „Interstellar“ oder „The Dark Knight“ zum Beispiel werde ich niemals einfach nur genießen können. „The Dark Knight“ ist um genau zu sein das perfekte Beispiel. Jeder wusste natürlich, dass wir einen zweiten „Batman“ machen würden, aber niemand außer uns ahnte auch nur, dass es solch ein „Batman“ wird. Es ist einfach schön, wenn man hin und wieder ebenfalls in den Genuss kommt, im Kino so überrascht oder überwältigt zu werden.
FILMSTARTS: Wird es für „Batman V Superman“ eigentlich ein komplett neues Batman-Thema geben?
Hans Zimmer: Oh ja! Und es hat mich fast umgebracht, das neue Thema für Batman zu schreiben. Es war kompliziert für mich, die Musik für einen weiteren „Batman“ zu schreiben, wenn man sich Batman zuvor schon sieben Jahre lang gewidmet hat. Aber man muss der Vergangenheit mit Respekt begegnen und auch dem neuen Schauspieler und seiner Rolle mit Respekt begegnen.
Hans Zimmer ist vom 16. April bis 28. April 2016 in Mannheim, Hamburg, Berlin, Oberhausen, München und Köln „Live on Tour“.
Hört den Soundtrack zum Film auf der nächsten Seite.
„Batman V Superman: Dawn Of Justice“ startet am 24. März 2016 in den deutschen Kinos und wird in jenen Sälen zum Klangerlebnis, die mit der einzigartigen Surround-Sound-Technologie von Dolby Atmos ausgestattet sind. Anders als konventionelle Soundsysteme, vermischt Dolby Atmos die einzelnen Töne des Films nicht miteinander, sondern gibt bis zu 128 individuelle Klänge zeitgleich wieder. Durch die punktgenaue Ausrichtung der Lautsprecher im Saal wird die Filmmusik zur universalen Dolby Atmos-Sounderfahrung, sodass der Zuschauer im Kino von allen Seiten von der neuesten Komposition der Filmmusik-Legende umgeben wird.
Der Score zu „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ wird nirgends so gut klingen, wie in einem Dolby Atmos-Kino. Auf der folgenden Karte haben wir für euch alle Kinos in Deutschland zusammengetragen, die mit Dolby Atmos ausgestattet sind: