Eigentlich hat er ja einen drehfreien Tag, aber um seinen Kollegen bei ihren Performances zuzuschauen, schaut Superstar Channing Tatum trotzdem am Filmset in einem Kongresszentrum vorbei (--> zu unserem ausführlichen Setbericht). In Sweatshirt und Jogginghose (aus seinem Film „Foxcatcher“) begrüßt er uns später lässig zum Interview:
FILMSTARTS: Im ersten Teil hat Mike ja eigentlich mit dem Strippen abgeschlossen. Was stimmt ihn denn um?
Channing Tatum: Das kann ich euch leider nicht verraten, aber es wird im Film erklärt. Deshalb nur so viel: In drei Jahren kann viel passieren - und es wird diesmal auch mit Sicherheit der letzte Einsatz für Mike sein.
FILMSTARTS: Im zweiten und dann wohl auch letzten Teil gibt es eine Stripper-Convention, also eine Art Riesenveranstaltung mit verschiedenen Stripper-Gruppen, wie du an einer während deiner Zeit als Stripper damals auch selbst teilgenommen hast…
Channing Tatum: Genau! Und ich verstehe bis heute nicht, warum sie es „Convention“ nennen. Es ist ja keine Messe, wo „Stripper-Technologie“ oder so verkauft wird. (lacht)
FILMSTARTS: Inwieweit konntest du deine eigenen Erfahrungen mit einbringen? Also wie realistisch wird die Stripper-Convention in „Magic Mike XXL“?
Channing Tatum:In der Realität war es damals auf jeden Fall nicht so cool wie unsere Version, das kann ich euch sagen. Aber wie schon beim ersten Teil ist die einzige wirkliche Gemeinsamkeit zwischen mir und Mike, dass ich als 19-Jähriger auch gestrippt und wie er eine Schwester habe. Soviel zu den Fakten. Aber dazu brauchen wir auch Drama – und das kreieren wir diesmal durch einen Road Trip, eine Stripper-Odyssee.
FILMSTARTS: Auf eurer Odyssee trefft ihr auch auf Jada Pinkett Smith, deren Rolle ursprünglich für einen Mann gedacht war. Ist euch irgendwann aufgefallen, dass dem Film noch ein paar Mädels fehlen?
Channing Tatum: Neben Jada werden wir alle verblassen. Sie ist eine der stärksten Frauen, die ich je kennengelernt habe. Sie macht dir zwar keine Angst, wenn sie den Raum betritt, aber sie kommt gerade nah genug, damit du sofort weißt, wo die Grenzen sind. In der Rolle hatte ich mir zunächst tatsächlich einen Mann vorgestellt, nämlich Jamie Foxx. Von dieser Idee war ich wie besessen. Leider hat das nicht geklappt und wir haben uns die Köpfe darüber zerbrochen, wer die Rolle sonst noch ausfüllen könnte. Letztendlich hat uns das Schicksal die Entscheidung abgenommen, denn wir planten eine Art Vegas-Show und das MUSSTE einfach eine Frau machen. Es ist geradezu lächerlich, dass ich das nicht von Anfang an gesehen habe. Wir hatten dann einen langen Casting-Prozess und schließlich sind wir auf Jada gestoßen, die einen im Film einfach umhaut. Das überrascht dann hoffentlich auch die Zuschauer genauso wie uns!
FILMSTARTS: Wie verschieden sind eigentlich die Reaktionen von Männern und Frauen auf die Filme? Und ist „Magic Mike“ überhaupt auch ein Thema für Männer?
Channing Tatum:Das ist sehr interessant. Wenn Frauen erfahren, dass ich gestrippt habe, ist die übliche Reaktion „Wow, krass!“ - und mehr wollen sie gar nicht wissen. Männer fragen hingegen immer „Was? Verarschst du mich jetzt?“ - und dann folgen 1.000 Detailfragen. „Hast du das etwa jede Nacht gemacht?“ Aber am Ende wollen sie trotzdem auf keinen Fall einen Stripper-Film sehen! Das ist doch etwas paradox, denn es ist ja ein Männerfilm von Männern für Frauen. Hetero-Männer gucken ihn sich dann eher mal heimlich an und erzählen einem danach, dass sie ihn eigentlich gar nicht schlecht fanden. Sie loben dann die Handlung. (lacht) Ich bin also sehr gespannt, wer sich nun alles den zweiten Teil ansehen wird. Genau kann man das vorher nie sagen.
FILMSTARTS: Könnte das damit zusammenhängen, dass auch die Ausrichtung von „Magic Mike XXL“ etwas anders ist? Der Comedy-Anteil scheint ja diesmal doch stärker im Vordergrund zu stehen…
Channing Tatum: Ja, es wird diesmal auf jeden Fall mehr Humor geben – er wird also so, wie sich viele Zuschauer den ersten Teil vorgestellt haben, bevor sie ins Kino gegangen sind. Außerdem wollen wir das Strippen ein wenig moderner machen: Es gibt traurigerweise heute noch immer dieselben Klischees wie in den 1980ern – den immer gleichen sexy Feuerwehrmann, dieselben Rocksongs. Wir versuchen nun, einen etwas weniger machohaften Ansatz zu finden.
FILMSTARTS: Was werden wir in puncto Tanz denn Neues zu sehen bekommen?
Channing Tatum: Ich liebe es zu tanzen, das war schon immer so. Mir ist aber klar, dass ich nicht einfach dieselben Moves noch einmal zu neuen Songs abliefern kann. Da mussten wir also kreativ werden. Im Endeffekt soll es eine jüngere, bessere Version von Mike werden, die alle in Staunen versetzt. Gleichzeitig geht es im zweiten Film für jede Figur erst einmal darum, seine persönliche „Superkraft“ zu finden. In „Magic Mike“ haben wir ja leider noch nicht so viel von den einzelnen Jungs mitbekommen. Als ich damals am Drehbuch mitgeschrieben hab, kannte ich die Schauspieler eben alle noch nicht persönlich. Aber am Set haben sich dann alle mit einer solchen Leidenschaft reingehängt, dass wir inzwischen eng zu einem Team zusammengewachsen sind. Und darum geht es ein stückweit auch im Film: Auf wen kannst du dich noch verlassen, wenn der Vorhang gefallen ist? Die Jungs werden immer sich und diese tollen gemeinsamen Erfahrungen haben!
FILMSTARTS: Das klingt nach einem einschneidenden Erlebnis! Hat dich die Rolle von Mike auch persönlich verändert?
Channing Tatum: Bei der Rolle bin ich mir nicht sicher, aber der Film hat mich auf jeden Fall verändert, vor allem eben die Möglichkeit, ein solches Projekt mit einem so tollen Team umzusetzen! „Haywire“ war meine erste Erfahrung mit Gregory Jacobs und Steven Soderbergh, die mich darin bestärkt haben, das zu tun, was mir wirklich gefällt - ohne mir irgendwelche Sorgen um mein Image oder meine Karriere zu machen.
FILMSTARTS: „Magic Mike“ habt ihr noch unabhängig finanziert, die Fortsetzung wird nun von einem großen Hollywoodstudio produziert. Welche Unterschiede gibt es da?
Channing Tatum: Die einzige Reaktion, die wir von den Studios damals beim ersten Teil bekommen haben, lautete: „Oh, das ist aber polarisierend.“ Und wir fragten uns: „Ist das jetzt was Gutes oder was Schlechtes?“ Wir wussten einfach nicht, was sie uns damit sagen wollten. Also hatten wir für „Magic Mike“ schließlich so wenig Geld, dass wir wirklich an unsere Grenzen gehen mussten. Wir wollten kein großes, überproduziertes Ding - und genau darum wurde der Film so cool. Trotzdem hatten wir keine Ahnung, ob sich die Leute dafür interessieren würden. Mit dem Erfolg, den wir letztendlich hatten, haben wir zumindest definitiv nicht gerechnet. Aber so haben wir jetzt natürlich viel mehr Freiheiten!
FILMSTARTS: Gibt es sonst noch etwas, das ihr im zweiten Teil besser machen wollt?
Channing Tatum: Ja, im ersten Teil haben wir den Fehler gemacht, dass wir alle Tänzer auf einmal strippen ließen. Das führte dazu, dass es anschließend keine Überraschung mehr war, als die eigentliche Solo-Nummer eines Tänzers kam. Man hatte ja schließlich schon alles gesehen. Deshalb mussten wir viel von der tollen Arbeit der Jungs herausschneiden. Aber wir haben aus diesem Konzeptfehler gelernt: Diesmal teasen wir immer nur ein bisschen und steigern das über den ganzen Film, geben also nicht wieder alles auf einmal Preis.
FILMSTARTS: Es hört sich so an, als ob ihr im zweiten Teil die Messlatte noch einmal höher legen wollt. Habt ihr Angst, dass sich das womöglich negativ auf die Jugendfreigabe auswirken könnte?
Channing Tatum: Nein, uns geht es ja nicht um irgendwelche Schockmomente. Die Shows sollen gerade nicht respektlos, eklig oder schmutzig sein. Das ist etwas, das wir auch die ganze Zeit über im Hinterkopf haben. Gehen wir zu weit? Gehen wir nicht weit genug? Da sind wir alle sehr ehrlich zueinander.
FILMSTARTS: Zum Schluss müssen wir einfach noch fragen: Wie kam es eigentlich zu dem „XXL“ im Titel von „Magic Mike XXL“?
Channing Tatum: Der Vorschlag stammte aus dem Internet! Er kam nicht von uns, aber irgendwie machte es die Runde, dass das der Titel wäre. Wir überlegten uns dann ungefähr 15 andere Varianten, die sich aber alle um denselben Aufhänger mit der Größe drehten – oder so einfallslose Geschichten wie „Magic Mike: Road to Myrtle Beach“. „Magic Mike XXL“ macht allein schon optisch so viel mehr her als eine langweilige „2“. Also haben wir uns gesagt: Das Internet hat gesprochen!
„Magic Mike XXL“ startet am 23. Juli in den deutschen Kinos!