Buddhistische Ruhe oder der Lärm des Großstadtdschungels
– Zwei Jugendfilmempfehlungen für das letzte Berlinale-Wochenende
Viele Erwachsene gehen auf die Berlinale, um sich mal gezielt überraschen zu lassen – einfach mal einen Film anschauen, für den mal zufällig noch eine Karte abgestaubt hat und der sonst womöglich nie im Kino zu sehen wäre: eine Doku aus der Mongolei, eine Romanze aus Südamerika. Und dasselbe gilt auch für die Sektion „Generation“, das Kinder- und Jugendfilmfestival innerhalb der Berlinale, das es unter verschiedenen Bezeichnungen bereits seit 1978 gibt: Hier kann man sich und seine Kinder abseits der Hollywood-Einheitsware überraschen, seinen Horizont erweitern – und am Ende hat man mit Sicherheit etwas dazugelegt: Schlimmstenfalls, das schlechte Filme auch aus exotischen Ländern kommen, bestenfalls, wie weit solche Filme den eigenen Blick zu öffnen vermögen – für andere Welten, anderes Denken, andere Kunst.
Klingt jetzt ein wenig hochgestochen? Mag sein, aber in der „Generation“ achten die Programmmacher doch immer sehr darauf, dass die Filme nicht nur gut sind (und praktisch alle sind besser als der Großteil der Durchschnittsware, die sonst ins Kino kommt), sondern auch unterhaltsam, spannend, witzig. Und wenn ich euch hier aus dem Kinder- und dem Jugendfilmprogramm nun noch jeweils einen Film fürs letzte Festivalwochenende an Herz lege (die Berlinale endet am Sonntag), die beide ein eher behutsames Tempo vorlegen, dann deshalb, weil diese Ruhe auf ihre Art eben oft mehr zu fesseln vermag als ein austauschbares Actionfeuerwerk.
Kinderfilm-Sektion „Generation Kplus“: Myanmar, ein entlegenes Kloster in der nicht genauer definierten jüngeren Vergangenheit. Vier Kinder-Novizen leben hier nur mit dem Abt und als dieser in die Hauptstadt fort muss, bleiben sie allein zurück. Aus dem Dorf werden sie zwar mit Essen und dem Nötigsten versorgt, aber dann sind plötzlich Schüsse zu hören. Als Qualm dann auch noch Qualm über den Wäldern aufsteigt, bricht der Älteste auf, um Hilfe zu holen. „Goldenes Königreich“ lässt sich schon dramaturgisch auf keine Konventionen ein und bietet so ein großes Guckloch in eine gänzlich andere Welt, die vom ersten entzündeten Streichholz an ihren ganz eigenen Sog entwickelt. (Empfohlen ab zehn Jahren)
Jugendfilm-Sektion „Generation 14plus“: Natürlich ist es ein Zufall, dass der Film „14+“ fast genauso heiß wie die Sektion, in der er gezeigt wird. Auf der anderen Seite behandelt er allerdings auch viele der Themen, die auch in anderen Filmen der Reihe im Zentrum stehen… die erste Liebe, das Erwachsenwerden, seinen Platz in der Gesellschaft finden... Zugleich hat die sehr zarte Zuneigung zwischen Alex und Vika aber auch etwas ganz Eigenes. Regisseur und Autor Andrey Zaytsev beobachtet sehr präzise, wie die beiden zueinanderfinden – vorsichtig, ängstlich, zärtlich. Ein kleines Wunder ist das in diesem Umfeld, in dem die Jugendlichen zum Zeitvertreib zwei Gangs dabei zusehen, wie sie sich gegenseitig verprügeln. Zaytsev hält diese Spannung aus und aufrecht – und gibt so seinem Film einen letztlich offenen Handlungsbogen, der „14+“ erst zu einem wirklichen Abenteuer über den Übergang vom Kindsein zum Erwachsenwerden: Denn so „erwachsen“ Vika und Alex sich in manchen Momenten auch geben, so sehr sind sie immer wieder auch durch und durch kindlich – und dann wird übers eigene ungelenke „Erwachsensein“ sogar gemeinsam gelacht. (Empfohlen ab 14 Jahren)
Hier findet ihr die Übersicht aller Filme und Termine für die Berlinale-Sektion Generation!
Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.