Virtueller Kinosaal mit Oculus Rift:
Mit Freunden ins Kino ohne das Haus zu verlassen!
In den 1990ern scheiterte eine verlockend klingende Technologie grandios an technischen Mängeln. Die Rede ist von Virtual Reality, der virtuellen Realität, der in Filmen wie dem „Rasenmähermann“ bereits Tribut gezollt wurde. Mit dem Unternehmen Oculus VR versucht nun eine Firma erneut, das Zeitalter der VR einzuläuten. Offenbar erfolgreich, dank drastisch weiterentwickelter Technik.
Oculus Rift ist ein Gestell, das wie eine große Skibrille auf den Kopf gesetzt wird. Im Inneren arbeitet ein fünf Zoll großer Bildschirm, aktuell noch in FullHD-Auflösung, später im Endverkauf soll die Auflösung sogar noch steigen. Das ist wichtig, da durch ein Linsensystem jedes Auge einen eigenen Bildausschnitt dieses Displays präsentiert bekommt. Durch die große Nähe der Augen zum Display und durch die Linsen wirkt das dargestellte Bild extrem groß – so groß, dass es das gesamte Blickfeld umschließt. Nachteil: Noch sind einzelne Bildpunkte deutlich zu erkennen, es gibt einen sogenannten „Fliegengitter-Effekt“. Die Entwickler arbeiten zudem daran, dass den Nutzern nicht mehr nach einiger Zeit schlecht wird, wenn sie sich in der VR bewegen. Die Nachteile scheinen allerdings nicht viele Leute von der VR fernzuhalten.
So war eine Kickstarter-Finanzierung des VR-Projektes bereits überaus erfolgreich. Nutzer, die sich einen Prototyp der Oculus Rift genannten VR-Brille für umgerechnet etwa 300 Euro besorgt haben, waren Feuer und Flamme. Tatsächlich ist das Aufsetzen einer Oculus Rift wie ein Ausflug in eine andere Welt. Im Gegensatz zu Videobrillen wie der Carl Zeiss Cinemizer OLED sieht der Nutzer nicht nur eine virtuelle Leinwand in einiger (dunkler) Entfernung. Der Nutzer ist inmitten der virtuellen Umgebung und kann sich sogar mit den Augen darin umschauen. Und mit dem Kopf, denn auch sogenanntes Headtracking ist integriert. Die neuen Testversionen, „Developer Kit“ genannt, beziehen sogar den Oberkörper in die Bewegung mit ein, was das Mittendrin-Gefühl noch verstärkt.
Die Anwendungsmöglichkeiten für eine Oculus Rift sind vielfältig. Computerspiele beispielsweise profitieren stark von der Technik dahinter – in Rollenspielen lässt sich die Welt tatsächlich erleben, bei Horrorspielen rutscht selbst hartgesottenen Menschen schnell das Herz in die Hose. Doch auch Gebäudemakler und Architekten freuen sich, neue Objekte in perfekter 3D-Umgebung und mit vollkommener Bewegungsfreiheit präsentieren zu können. Museen planen bereits virtuelle Rundgänge, Schulen und Universitäten können die Schüler und Studenten mit auf Lehrkurse durch das antike Troja oder den Zweiten Weltkrieg nehmen. Und natürlich lassen sich damit auch Filme abspielen.
Erste Experimente mit „flachen“ Videoplayern, die das Bild einfach nur bildschirmfüllend dargestellt haben, waren wenig erfolgreich. Praktischer sind schon modernere Player, die den Nutzer in ein virtuelles Kino entführen. Dort lässt sich der abzuspielende Film von der Festplatte oder auch aus dem Internet auswählen und auf einer virtuellen Leinwand anzeigen. Netflix arbeitet beispielsweise an einer solchen Umsetzung. Und Facebook, das Oculus VR für ein paar Milliarden US-Dollar gekauft hat, plant bereits eine Zusammenarbeit mit Hollywood und will zudem sportliche Großereignisse auf die Rift bringen.
Ein virtuelles Kino hingegen ist eine Mischung aus sozialen Medien wie Facebook und einem Videoplayer. Der gerade einmal zehn US-Dollar teure Player Cinevo beispielsweise bietet eine Funktion, um als einzelner Nutzer alleine im virtuellen Kino einen Film von der Festplatte zu genießen. Es gibt aber auch einen „Multiplayermodus“, in dem das Kino mit anderen (echten) Menschen gefüllt ist. Spinnt man den Facebook-Gedanken weiter, lassen sich in Zukunft Freunde aus der ganzen Welt zum virtuellen Kinoabend einladen, inklusive „Flüsterchat“, um sich zu unterhalten ohne die anderen zu stören. Die Zuschauer wählen zuvor, ganz wie in Multiplayerrollenspielen, einen Avatar oder gestalten ihren VR-Körper nach eigenen Vorgaben. Auch das eigene Gesicht lässt sich per Kamera problemlos einfügen. Der Vorteil der VR-Lösung gegenüber einem echten Kino liegt auf der Hand: Es lassen sich problemlos Kinoabende mit Freunden veranstalten, die am anderen Ende der Welt leben. Oder mit Freunden, die freiwillig ihr Haus nicht verlassen.
Auf der Leinwand läuft dann der ausgewählte Film, den sich alle Anwesenden anschauen können. Den Sitzabstand zur Leinwand wählt der Nutzer genau wie im echten Kino: Durch die Wahl einer entsprechenden Sitzreihe. Wer es also gerne bildschirmfüllend hat, kann sich wie im echten Leben direkt vor die Leinwand setzen.
Oculus Rift soll im kommenden Jahr auf den Markt kommen. Ein Preis steht noch nicht fest, Facebook und Oculus VR tendieren aber zu einem niedrigen Einstiegspreis, um den Markt für VR-Anwendungen zu ebnen. 350 US-Dollar werden aktuell als realistisch angesehen – weniger als ein guter Fernseher kostet also. Diesen wird die VR auch nicht ersetzen – aber ergänzen.