Platz 1
"The Wire"
David Simon, USA 2002-2008
David Simons „The Wire“ als Krimiserie zu bezeichnen, ist in etwa so, als würde man Charles Dickens‘ „Oliver Twist“ als Kinderbuch abtun. Man liegt nicht falsch und greift dennoch viel zu kurz. Ausgehend von den Ermittlungen einer zum Scheitern verurteilten Ermittlungseinheit in der Verbrechenshauptstadt Baltimore, zieht Autor Simon mit jeder Folge größere Kreise und langsam aber sicher offenbart sich „The Wire“ als großes Gesellschaftspanoptikum des Bush-Amerikas, in dem der Staat seine Bürger mehr und mehr sich selbst überlässt. Das daraus resultierende Verbrechen, hier dargestellt durch mehrere schwarze Gangsterorganisationen unter wechselnder Führung, ist nur der Auswuchs einer sozialen Verwahrlosung, der die Instanzen machtlos gegenüberstehen. Egal welche Teilsiege die Cops um McNulty (Dominic West), Bunk (Wendell Pierce) und Lester (Clarke Peters) dabei beizeiten auch erzielen, hinterlassen sie doch immer nur ein weiteres desaströses Trümmerfeld, auf dem sich bald schon ein neuer (und meist noch gemeinerer) Kingpin erheben wird.
Im Laufe seiner fünf Staffeln (von denen die vierte wohl zweifelsfrei das Beste ist, was je über die Schirme flimmerte!) erweiterte Simon dabei immer wieder aufs Neue sein Spektrum und gab seinen Zuschauern frische Perspektiven auf die maroden Gewerkschaften, das desolate Schulsystem, das politische Geschacher in den Rathäusern und das darbende Zeitungswesen. Geizig war er lediglich mit Happy Ends. Wie hier immer wieder rüde (aber sehr realistisch) die Reihen gelichtet wurden und immer wieder liebgewonnene Rollen mit bestürzender Konsequenz vom Leben zum Tode befördert wurden, ließ so manches Mal schwer schlucken. Bei aller Bitterkeit bleibt „The Wire“ aber ein erhebendes Stück TV-Unterhaltung und nimmt bei uns eine unangefochtetene Pole Position ein.