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    Das nächste "The Last Of Us"? Kritik zu "Fallout" – so gut ist das Sci-Fi-Spektakel auf Amazon Prime Video wirklich
    Markus Trutt
    Markus Trutt
    -Redakteur
    Seit „Silent Hill“ ihm gezeigt hat, dass es doch auch gute Videospieladaptionen geben kann, hält Gamer Markus sehnsüchtig Ausschau nach weiteren.

    Nach dem gefeierten „The Last Of Us“ tritt mit „Fallout“ bei Amazon Prime Video nun eine neue postapokalyptische Serie an, den Ruf von Videospieladaptionen weiter aufzupolieren. Ob es ihr gelingt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

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    2023 hat ein gewisser Christopher Nolan mit seinem vielfach oscarprämierten Mega-Hit „Oppenheimer“ ein Porträt über den titelgebenden „Vater der Atombombe“ vorgelegt. Nicht mal ein Jahr später spielt die verheerende Massenvernichtungswaffe nun auch eine ganz zentrale Rolle im neuesten Projekt von „Westworld“-Schöpfer Jonathan Nolan, der in der Vergangenheit gemeinsam mit seinem berühmten Bruder an Hits wie „The Dark Knight“, „Interstellar“ und „Memento“ gearbeitet hat.

    Dennoch könnten die Ergebnisse unterschiedlicher kaum ausfallen: Während „Oppenheimer“ ein nicht ganz leicht zugängliches 3-Stunden-Drama nach wahren Begebenheiten ist, entpuppt sich die Videospiel-Adaption „Fallout“ nun als wilder Endzeit-Ritt, in dem menschliche Abgründe auf ausufernde Gewalt und absurd-satirische Spitzen treffen. Etwas haben „Oppenheimer“ und „Fallout“ dann aber doch gemein: Beide sollte man unbedingt gesehen haben!

    Am Anfang ist das Ende

    In einer alternativen Welt des Jahres 2077 haben die Spannungen zwischen Ost- und Westmächten so weit zugenommen, dass es schließlich zur schlimmstmöglichen Eskalation kommt: Der Planet wird von nuklearen Sprengköpfen völlig verwüstet, die Zivilisation geht überzogen von Atompilzen sang- und klanglos unter.

    219 Jahre später haben sich im von radioaktiver Strahlung geprägten und von allerlei mutierten Kreaturen heimgesuchten Ödland der USA neue Gruppierungen und Siedlungen gebildet, in denen Gesetzlosigkeit und Gewalt an der Tagesordnung sind. Ein Teil der Überlebenden des Großen Krieges fristet jedoch ein davon völlig abgeschottetes Dasein in den sogenannten Vaults, gigantischen Atomschutzbunkern, die für den Fortbestand der Menschheit sorgen sollen.

    Ein tragischer Zwischenfall zwingt Vault-33-Bewohnerin Lucy (Ella Purnell) eines Tages dazu, diesen Zufluchtsort zu verlassen und sich auf den Weg ins zerstörte Los Angeles zu machen. Dabei kreuzt sie schon bald den Weg des Wissenschaftlers Wilzig (Michael Emerson), der über den Schlüssel zur Zukunft der Menschheit zu verfügen scheint. Doch auch der entstellte Ghul (Walton Goggins) und Maximus (Aaron Moten), ein angehendes Mitglied der militanten Stählernen Bruderschaft, sind hinter Wilzig her...

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    Zusammen mit Lucy (Ella Purnell) lernen wir die ebenso schreckliche wie imposante „Fallout“-Welt kennen.

    Jahrelang belächelt und verlacht, befinden sich Videospieladaptionen aktuell in einem qualitativen Aufschwung, woran nicht zuletzt die preisgekrönte „The Last Of Us“-Serie ihren Anteil hat. Inzwischen werden mehr und mehr Leute mit derartigen Adaptionen betreut, die ein tieferes Verständnis von der jeweiligen Vorlage haben und oftmals mit deren jeweiligen Machern und Macherinnen eng zusammenarbeiten.

    In diese Kerbe schlägt nun auch „Fallout“, wo längst nicht nur Produzent und Regisseur Jonathan Nolan sowie das Showrunner-Duo Graham Wagner („Portlandia“) und Geneva Robertson-Dworet („Captain Marvel“) erklärte Fans der beliebten Videospiel-Marke sind. Zudem hatte man mit Todd Howard auch noch den Creative Director hinter der Reihe (seit „Fallout 3“) als Produzent und Berater mit an Bord.

    Schrecklich-schöne Endzeit zum Staunen

    Dabei verfolgen die Verantwortlichen jedoch einen anderen Ansatz als bei „The Last Of Us“: Statt eine der bekannten Storys aus den Spielen nachzuerzählen, wird hier eine völlig neue Geschichte in der bekannten „Fallout“-Welt präsentiert (die fortan zudem als Franchise-Kanon gilt). Und trotzdem springt einem die Liebe für das Ausgangsmaterial in jeder mit Details und Easter Eggs nur so vollgestopften Szene entgegen. Egal ob in den Gängen der riesigen Vaults, in der Ödnis der schrecklich-schönen, postnuklearen Landschaften, oder in einer wild aus Resten der einstigen Zivilisation zusammengewürfelten Siedlung – man wähnt sich mittendrin in der liebgewonnenen, rauen „Fallout“-Postapokalypse.

    Und das Erstaunlichste dabei: Überraschend viel von dem, was wir hier zu Gesicht bekommen, stammt nicht aus dem Computer. Jonathan Nolan, der die ersten drei „Fallout“-Folgen in Szene gesetzt hat, hält es hier ganz wie sein Bruder: Wenn man etwas überzeugend mit praktischen Effekten, aufwändigen Set-Bauten und an realen Drehorten umsetzen kann, wird das auch gemacht – was angesichts der schieren Ausmaße der gezeigten Welt wirklich staunen lässt.

    3 Hauptfiguren, 3 verschiedene Perspektiven

    „Fallout“ erweckt auf diese Weise eine schräge Fantasy-Welt zu bemerkenswert greifbarem Leben und fängt das Gefühl der Vorlage, diesen eigenwilligen Mix aus intensiv-bedrückendem Endzeit-Szenario, deftigen Gewaltspitzen, viel tiefschwarzem Humor und jeder Menge Retro-Charme, perfekt ein. Um dabei dem Problem zu begegnen, dass man als Zuschauer und Zuschauerin diese faszinierende Welt nun natürlich nicht frei erkunden und selbst folgenschwere Entscheidungen treffen kann, wird zudem auf einen ebenso simplen wie smarten Kniff zurückgegriffen.

    Wir erleben die „Fallout“-Einöde hier einfach aus der Sicht von drei gleichberechtigten und sehr unterschiedlichen Hauptfiguren, die mit ihren verschiedenen Gesinnungen, Ansichten und Fraktionen ein Stück weit den Rollenspiel-Aspekt der Games widerspiegeln (auch wenn sich ihre Pfade recht schnell kreuzen und in der Folge immer wieder überschneiden).

    Amazon / JoJo Whilden
    Die ikonische Powerrüstung aus den „Fallout“-Spielen darf in der Serie natürlich nicht fehlen.

    Gemeinsam mit der aus dem behüteten Vault emporsteigenden und mit ihrer freundlich-naiven Art ungemein einnehmenden Lucy lernen wir das Ödland überhaupt erst kennen, das sich nach und nach als wahrer Albtraumort entpuppt. Der abgebrühte Ghul hingegen ist als klarer Gegenpol dazu von diesem bereits sichtlich gezeichnet und lässt als diabolischer Cowboy nur noch selten etwas von seiner einstigen Menschlichkeit durchblicken, in die wir über erhellende Flashbacks immer wieder emotionalen Einblick bekommen (gleich die fulminante Auftaktszene zur Serie geht hier ganz schön an die Nieren).

    Der etwas zwischen den Stühlen stehende Maximus fällt trotz cooler Power-Rüstung derweil ein wenig ab. Nachdem er zunächst mit einigen spannenden moralischen Fragen zu kämpfen hat, schleichen sich bei seinem Pfad am ehesten ein paar Längen ein. Ein, zwei Folgen weniger hätten die erste „Fallout“-Staffel in dieser Hinsicht vielleicht noch etwas straffen können. Doch das ist Meckern auf hohem Niveau, das durch das fantastische World Building und die sonstigen klar überwiegenden Stärken schnell vergessen gemacht wird.

    Fazit

    „Fallout“ bringt nach „The Last Of Us“ den nächsten eindrucksvollen Beweis dafür, welches Potenzial in Videospieladaptionen schlummert. Jonathan Nolan und sein Team verstehen es blendend, den eigenwilligen Charme der Vorlagen nahezu verlustfrei auf ihre Serie zu übertragen. Und eine kompromisslose und über weite Strecken mitreißende Schnitzeljagd durch die wahrlich episch bebilderte Endzeit-Welt gibt es noch obendrauf.

    Alle acht Folgen der ersten „Fallout“-Staffel erscheinen in der Nacht vom heutigen 10. auf den morgigen 11. April 2024 um 3.00 Uhr zum Streamen bei Amazon Prime Video.

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