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    Darum will der Macher von "Der Untergang des Hauses Usher" & "Spuk in Hill House" nicht mehr für Netflix arbeiten
    Oliver Kube
    Oliver Kube
    -Freier Autor und Kritiker
    Oliver Kube ist seit den 1990ern als Journalist/Kritiker in Sachen Film, TV, Musik, Literatur & Technik tätig. Für FILMSTARTS schreibt er seit 2018.

    Mit der kürzlich veröffentlichten Miniserie „Der Untergang des Hauses Usher“ endet die extrem erfolgreiche Kooperation von Film- und Serienmacher Mike Flanagan („Doctor Sleep“) mit Netflix. Die Zusammenarbeit war offenbar nicht immer einfach …

    Es ist völlig normal, dass die Verantwortlichen eines Studios, Senders oder Streaming-Services Fragen, Wünsche beziehungsweise Anweisungen an einen Filmemacher richten, wenn sie das Drehbuch oder erste Schnittfassungen für ein Projekt zu sehen bekommen. Schließlich sind sie es, die das Ganze finanzieren, und der Regisseur, Autor oder Showrunner ist ihr Angestellter. Meist geht es in dieser Korrespondenz um die Finanzen. Hin und wieder mischen sich die Führungskräfte aber auch in inhaltliche Belange ein.

    Lange Zeit hieß es aus Mündern von Filmemachern wie etwa David Fincher („Mank“, „Der Killer“), dass der Streaming-Gigant seine Kreativen „einfach machen“ ließe und ihnen nicht hineinreden würde. Bei einem seiner größten Hit-Lieferanten – Mike Flanagan, der Netflix von Abonnenten und Kritikern gefeierte Mega-Hits wie „Spuk in Hill House“ oder aktuell „Der Untergang des Hauses Usher“ bescherte – war das offenbar anders. Was auch dazu beigetragen haben dürfte, dass der seinen langjährigen Vertrag nun nicht verlängert hat. Stattdessen unterzeichnete der Amerikaner bei den Amazon Studios und deren Streaming-Service Prime Video.

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    Absurde Ideen von Netflix-Seite

    Nachdem bekannt wurde, dass er Netflix verlässt, schilderte Flanagan in Interviews seine Beweggründe. Vor allem wies er darauf hin, wie sich bei dem Unternehmen durch diverse Wechsel in der Führungsriege einiges verändert habe, seit er 2016 dort anfing. Viele der Leute, mit denen er zu Beginn zusammenarbeitete, verließen Netflix und wurden durch neue ersetzt, die offenbar andere Auffassungen hatten. Was die Arbeit für Flanagan erschwerte.

    Besonders heftig waren die Einmischungen in seinen Kompetenzbereich offenbar während der Produktion der 2021 veröffentlichten Miniserie „Midnight Mass“. Diese dreht sich um einen ehemaligen Investmentbanker namens Riley (Zach Gilford). Nachdem er vier Jahre im Gefängnis saß, weil er unter Alkoholeinfluss einen Autounfall mit Todesfolge verursacht hatte, kehrt er mittellos in sein Heimatstädtchen zurück. Bald gehen dort – parallel zur Ankunft eines neuen Pfarrers (Hamish Linklater) – mysteriöse Dinge vor.

    Damit die Story funktioniert, ist es entscheidend, dass Riley keine Perspektiven, keinen Ehrgeiz und keine Hoffnung mehr hat. Er ist mental nicht in der Lage, sich gegen seine Schuldgefühle und noch viel weniger gegen übernatürliche Mächte zu wehren. Flanagan hat ihn ganz bewusst so geschrieben. Die Produzenten bei Netflix waren jedoch wenig angetan von der Hauptfigur und schickten dem Showrunner immer wieder spezifische Nachrichten.

    Wie Flanagan kürzlich in einem Thread auf der Social-Media-Plattform Bluesky berichtete, konnten sie nicht verstehen, warum Riley so deprimiert sei und keinen Job habe. Flanagan antwortete, dass Ex-Häftlinge auch im realen Leben oft Schwierigkeiten hätten, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Die Verantwortlichen konnten mit dieser Erklärung aber nichts anfangen und sagten Flanagan, wie er die Figur „verbessern“ solle.

    „Es gab Momente, da fragte ich mich ernsthaft, ob meine Führungskräfte unter Drogen standen“, erzählt Flanagan. „Nur ein kleines Beispiel: Es gab da einen für ‚Midnight Mass‘ Zuständigen, der einfach nicht akzeptieren konnte, dass Riley keinen Job hatte. Er sagte mir ‚Wir sollten zumindest sehen, wie er Bewerbungsschreiben aufsetzt.‘ Ich antwortete, Riley würde ja ausdrücklich erklären, wie er jede Ambition im Leben verloren habe“, führt Flangan weiter aus. Doch das hielt den Netflix-Mitarbeiter nicht davon ab, ihm zu schreiben, dass er eine Montage-Szene drehen solle, in der die Figur immer wieder neue Bewerbungen aufsetze.

    Was der Mann offenbar nicht bedachte: Derlei Passagen sind teuer in der Herstellung. Sie müssen an mehreren Locations gefilmt werden, erfordern unterschiedliche Kulissen, immer neue Nebendarsteller und so weiter. Ein Clip von wenigen Sekunden in einer Montage braucht zudem im Dreh deutlich länger als nur ein paar Augenblicke – das alles kostet sehr viel Geld. Als Netflix diesen Umstand endlich erkannte, änderten sie ihre Einstellung und verlangten lediglich Dialoge einzufügen, in denen es darum ginge, dass Riley viele Bewerbungen ausgefüllt habe. „Ich habe einige solcher Bemerkungen in das Skript eingefügt und die Szenen auch gedreht“, erinnert sich Flangan. „In der Nachbearbeitung haben wir sie dann alle wieder herausgeschnitten.“

    Die dümmste Szene aller Zeiten

    Das war es aber noch längst nicht. Denn als Nächstes bestanden seine Auftraggeber darauf, speziell die Pilot-Episode von „Midnight Mass“ unbedingt noch gruseliger machen zu wollen. Netflix verlangte, dass zu Beginn ein Monster zu sehen sei, das die Katzen tötet. Es sollte kein Geheimnis bleiben, was mit ihnen passiert ist – „ein böser, übernatürlicher Engel wäre gut“, hieß es laut Flanagan.

    „Sie haben enormen Druck ausgeübt, diese Szene einzubauen. Ich hasste die Idee, aber sie ließen nicht locker. Letztlich habe ich die Schlacht verloren. In der ersten Folge gibt es nun also diese Sequenz, in der wir einer Katze folgen, die einfach nur herumläuft. Dann kommt ein POV-Shot durch Gebüsch und das Tier wird aus dem Bild gerissen. Das ist wie ‚Freitag, der 13.‘ mit Katze – es ist die dümmste Szene, die ich je gefilmt habe.“

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