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    Im Todestal der Wölfe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    0,5
    katastrophal
    Im Todestal der Wölfe
    Von Björn Helbig

    Wes Craven gehört zweifelsohne zu den wichtigsten Regisseuren, die das Horror-Genre hervor gebracht hat. „The Last House On The Left“, Nightmare – Mörderische Träume und die Scream-Trilogie sind nur einige der bedeutenden Werke, die er in seiner nunmehr über 30-jährigen Schaffensperiode gedreht hat. Und auch heute noch kommen von dem Mann solide Filme wie Red Eye oder Verflucht. Doch kein Licht ohne Schatten. Angeblich des Geldes wegen ließ sich der damals 46-jährige Craven dazu hinreißen, eine Fortsetzung seines Klassikers Hügel der blutigen Augen zu drehen – und lieferte damit nicht nur den schlechtesten Film seiner Karriere, sondern auch einen der uninteressantesten Horrorfilme überhaupt ab. Die Fortsetzung, die in Deutschland unter dem Titel „Im Todestal der Wölfe“ vermarktet wurde, stellt in jeder Hinsicht ein filmisches Armutszeugnis da.

    Nein, Bobby Carter (Robert Houston in seiner letzten Rolle) will nicht noch mal in die Wüste, wo vor einigen Jahren seine Familie von einer blutrünstigen Kannibalensippe dahingerafft wurde. Deswegen machen sich seine Freunde, die in der Wüste an einem Motorradrennen teilnehmen wollen, ohne ihn auf den Weg. Mit von der Partie ist allerdings Ruby (Janus Blythe, „Eaten Alive“), die sich jetzt Rachel nennt und von Bobby damals vor ihrer Mutantenfamilie gerettet wurde. Trotz Rachels Warnungen nehmen die leichtsinnigen Jugendlichen, die Rennfahrer Roy (Kevin Spirtas, Daredevil), Hulk (John Laughlin, The Rock), Foster (Willard E. Pugh, Die Farbe Lila) sowie deren Freundinnen Cass (Tamara Stafford), Sue (Penny Johnson, Absolute Power) und Jane (Colleen Riley, Tödlicher Segen) eine Abkürzung durch die Wüste. Weil sie ein Leck im Öltank haben, müssen sie bald darauf auf einer abgelegenen Farm eine unfreiwillige Rast einlegen – mit tödlichen Folgen…

    „Oh Shit, das muss der Reaper sein!“

    Zwei Welten prallten 1977 in Wes Cravens Horrorfilm „Hügel der Blutigen Augen“ aufeinander. Auf einer Reise mit dem Wohnmobil wird Familie Carter nach einer Autopanne in der Wüste von einer Gruppe Mutanten angegriffen. Gut gegen Böse, Zivilisation gegen Wildheit? Ganz so einfach machte es sich Regisseur Craven damals nicht und zeigte, dass die zivilisierte Fassade schnell fallen kann und die Carters alles geben, um nicht die nächsten Opfer der Barbaren zu werden. Die grimmige, aber nicht unintelligente Story und Cravens schnörkellos-effektive Inszenierung machten „Hügel der blutigen Augen“ beinahe zu so etwas wie einem Klassiker des Genres. Die Fortsetzung führt die Geschichte nun weiter, das allerdings ziemlich ungeschickt. Außerdem entbehrt sie alles, was das Original noch auszeichnete. Spannung? Fehlanzeige! Atmosphäre? Nicht vorhanden. Dann wenigstens ein bisschen Gore? Doch auch hier ist nichts zu holen. Anstelle dessen bekommt der Zuschauer eine langweilige Geschichte geboten, die im Detail unglaublich dumm daherkommt. Gerüchten zufolge hat Craven damals das sinkende Schiff bereits vor Abschluss der Dreharbeiten verlassen. Das mag sein, erklärt allerdings auch nicht die in jeder Hinsicht fehlende Qualität des Films. Denn der wird schließlich nicht erst gegen Ende schlecht.

    Zur Veranschaulichung dieses filmischen Totalausfalls drei Beispiele. Erstes Beispiel: Roy und Hulk verfolgen Pluto auf dem Motorrad. Nach einem Unfall verfolgen die beiden den Mutanten zu Fuß und werden dabei voneinander getrennt. Hulk findet mehrere kompliziert konstruierte Fallen, offensichtlich das Werk der Mutanten, denkt jedoch, sein Freund Roy habe sie gebaut, um ihn reinzulegen. Hulk ist nicht der cleverste. Zweites Beispiel: Es wird Nacht. Während Roy und Hulk Mutanten jagen, ist der Rest der Gruppe bei der Farm geblieben. Man macht sich langsam Sorgen, schließlich sind die beiden schon so lange fort. Von Rachel alias Ruby ist die Truppe in die Gefahr durch die Mutanten eingeweiht. Von Vorsicht aber trotzdem keine Spur. Ein nächtlicher Spaziergang gipfelt darin, dass Jane auf dem Grundstück der Farm eine Dusche findet. Obwohl alle in Lebensgefahr schweben, kann sie der Versuchung nicht widerstehen. Drittes Beispiel: Forster hat sich mit seiner Freundin Sue gestritten. Die hat ihn beim Flirten mit einer anderen (Jane) erwischt. Sauer auf ihren notgeilen Freund rennt sie in die Wüste. Doch ihr Freund ist nicht nur spitz wie Schmitz’ Katze, sondern auch dumm wie… z. B. Hulk. Er steigt in den Bus und verbraucht die letzten kostbaren Tropfen Benzin, um seiner Sue hinterher zu tuckern.

    „Pluto merkt heute alles, er lässt sich nicht mehr überraschen.“ - Pluto, direkt bevor er von dem Hund überrascht wird.

    Die Liste der Unzulänglichkeiten ließe sich nahezu beliebig fortführen: Miese Dialoge, alberne Kostüme, lächerliche Rückblenden (selbst Hund Beast bekommt eine), das ungeschickte Fallenlassen des Erzählstrangs um Bobby und haufenweise Filmfehler. Hier sieht man die Kamera, da gespannte Seile und der Reaper (in der deutschen Version übrigens mit der „Ripper“ „übersetzt“) kann auch nicht, wie im Film behauptet wird, Papa Jupiters großer Bruder sein. Aus dem ersten Teil weiß man immerhin, dass Jupiter nur eine ältere Schwester hat. Mäßige bis schlechte Darsteller komplettieren den katastrophalen Gesamteindruck. Den Vogel schießt hier Tamara Staffords Darstellung der blinden Cass ab. Wenn sie erzählt, sie habe gerade ihren Freund schreien gehört und dabei versonnen schmunzelt, erklärt sich schnell, warum mit diesem Film ihre Karriere als Schauspielerin vorbei war. Aber die anderen Darsteller sind auch nicht viel besser. Selbst in Sachen Tierdressur gewinnt der Film keinen Hundenapf, denn außer Bellen und ins Gebüsch rasen hat der vierbeinigen Beast-Darsteller nichts drauf.

    „Im Todestal der Wölfe“ ist wohl einzig aufgrund seines unfreiwilligen Humors konsumierbar. Beim paradigmatischen „Abend mit Kumpels“ ist schon über weniger Lustiges herzlich gelacht worden. Wer allerdings ein ernstes Interesse an in der Wüste hausenden Mutanten hat, sollte sich lieber noch einmal Cravens Hügel der blutigen Augen oder das vorzügliche Remake The Hills Have Eyes von Alexandre Aja ansehen. Selbst dessen mäßige Fortsetzung The Hills Have Eyes 2 von dem Berliner Martin Weisz ist um Längen besser als dieser absolute Tiefpunkt in Wes Cravens Filmographie.

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