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    Die Ritter der Kokosnuss
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Die Ritter der Kokosnuss
    Von Jens Hamp

    And now for something completely different… Wir schreiben das Jahr 1974. Die legendäre Comedy-Serie „Monty Python‘s Flying Circus“ liegt in den letzten Zügen. John Cleese hat die TV-Manege bereits verlassen, seine Auftritte in den letzten Folgen entstammen nur noch der Konserve. Michael Palin plant ebenso wie Eric Idle bereits eigene Projekte für die nähere Zukunft. Dennoch rafft sich die sechsköpfige Komikertruppe noch einmal zusammen, um erstmalig einen Spielfilm in Angriff zu nehmen. Trotz namhafter Sponsoren wie Pink Floyd und einem Achtungserfolg mit dem Kinosketchzusammenschnitt „Die wunderbare Welt der Schwerkraft“ ist das Budget für „Die Ritter der Kokosnuss“ dennoch äußerst gering. Wahrscheinlich wäre es unter diesen spartanischen Bedingungen nicht ratsam, einen Film über das frühe Mittelalter zu drehen – immerhin erfordert ein solcher neben opulenten Kulissen und prächtigen Kostümen auch Unmengen an berittenen Darstellern. Die Pythons aber lassen sich den Spaß nicht verderben und filmen unter der Regie der beiden Terrys (zunächst 12 Monkeys-Gilliam, später „Erik, der Wikinger“-Jones) fleißig drauf los.

    Zurück in die Gegenwart: Die Pythons haben mittlerweile das Rentenalter erreicht und sind in der Zwischenzeit – auch nach dem Tode Graham Chapmans – nur noch zu besonderen Anlässen gemeinsam aufgetreten. Was allerdings bis heute geblieben ist, ist ihre abstruse Jagd nach dem Heiligen Gral, von der die Komiker in „Die Ritter der Kokosnuss“ unverwechselbar erzählen. Hierin schart König Arthur (Graham Chapman) eine Gruppe schlagkräftiger Recken um sich und begibt sich mit diesen gemeinsam auf eine göttliche Mission.

    Wahrscheinlich muss man bereits eine gewisse Affinität für den überwiegend sehr britischen Humor aufbringen, um großen Gefallen an Arthurs Abenteuern zu finden. Allerdings gibt es offenbar weltweit eine große Anhängerschaft, zumal „Die Ritter der Kokosnuss“ immer wieder zu den lustigsten Filmen aller Zeiten gezählt wird. Und das absolut zu Recht! Allein die Situation, die für den deutschen Titel (der Originaltitel ist schlicht „Monty Python And The Holy Grail“) Pate stand, ist derart paradox, dass wohl nur die britischen Kultkomiker auf die Idee kommen konnten. Aufgrund akuter Budgetprobleme war es den Pythons nicht möglich, Pferde zu mieten und teure Reitstunden zu bezahlen. Um diesen Mangel zu übertünchen, belebten sie kurzerhand einen alten Peter-Sellers-Sketch neu: Die Knappen der Ritter schlagen jeweils zwei Kokosnusshälften gegeneinander, um so zumindest das klassische Pferdegetrappel zu imitieren, welches durch den reitenden Schritt der Komiker zusätzlich „verfeinert“ wird.

    Die eigentliche Handlung des Films wird sodann durch sketchartige Episoden vorangetrieben. Auf der Jagd nach dem Heiligen Gral trennen sich die Wege der Ritter der Tafelrunde zeitweise, so dass jeder der Recken ein eigenes haarsträubend-komisches Abenteuer erleben darf. Sir Bedevere (Terry Jones) und King Arthur (Graham Chapman) müssen die Ritter, die Ni sagen, überlisten. Sir Lancelot (John Cleese) kämpft sich durch eine Hochzeitsgesellschaft. Sir Robin (Eric Idle) plagt sich mit seinem Minnesänger und einem dreiköpfigen Riesen herum. Und Sir Galahad (Michael Palin) findet sich bei seiner Suche nach dem Heiligen Gral plötzlich in einer Burg voller unbefriedigter Frauen wieder…

    Doch bereits bevor der eigentliche Film so richtig beginnt, schaffen es die Briten, mit grandiosem Witz zu unterhalten. Ursprünglich wurde nur der Vorspann mit herrlich unpassenden Untertiteln (in Anspielung auf Ingmar Bergmans „ Das siebente Siegel“ in Pseudoschwedisch) versehen, innerhalb derer die Verantwortlichen gefeuert und durch neue, noch abstrusere Untertitelschreiber abgelöst werden, um das ganze schließlich in schrillen, flackernden Farben gipfeln zu lassen. Für die DVD-Version wurde der Irrsinn jedoch noch weiter auf die Spitze getrieben. Bevor überhaupt der Vorspann den eigentlichen Film eröffnet, wird der Anfang der britischen Schwarz/Weiß-Komödie „Dentist On The Job“ gezeigt - bis der von Terry Jones intonierte Filmvorführer seinen Fehler bemerkt und die chaotischen Eröffnungscredits beginnen. Passenderweise hat „Dentist On The Job“ unter anderen den Alternativtitel „Get On With It!“ – eine Phrase, die auch in „Die Ritter der Kokosnuss“ mehrfach Verwendung findet.

    Zusammengehalten wird die sketchartige Filmhandlung von den klassischen Zeichentricksequenzen, für die Terry Gilliam, der einzige Amerikaner in der Komikertruppe, seit jeher verantwortlich zeichnet. Mal werden in diesen dadaistischen Animationseinheiten abstruse Nichtigkeiten dargestellt, mal wird die Geschichte sinnvoll und – was besonders wichtig war – Kosten sparend fortgeführt. Gänzlich im Gegensatz zu diesen Handlungsübergängen steht allerdings eine in die Filmhandlung verwobene Szenenfolge, in der ein als Erzähler fungierender Historiker während seinen Ausführungen von einem - auf dem einzigen echten Pferd des gesamten Films - reitenden Ritter geköpft wird. Die darauf folgenden Ermittlungen der Polizei werden immer stärker mit der Handlung um Arthurs Gralsuche verwoben, um schließlich im Finale ihren grandios-abstrusen Gipfel zu erreichen. Aber nicht nur in diesem Zusammenhang spielen die Komiker mit dem Verschwimmen von fiktiver Geschichte und Realität. Immer wieder wird die vierte Wand durchbrochen: zum Beispiel, wenn ein Monster nur dadurch abgewehrt werden kann, weil der Zeichner urplötzlich einem Herzinfarkt erliegt. Zu keinem Zeitpunkt wird dieser Durchbruch der Fiktion aber derart dadaistisch überspitzt.

    „Die Ritter der Kokosnuss“ ist genau die Komödie, die entsteht, wenn Genie und Wahnsinn aufeinander stoßen. Vielleicht treffen die Pythons nicht für jeden ständig den Humornagel auf den Kopf. Vielleicht mögen wenige einwenden, dass der Film nur eine simple Aneinanderreihung von Sketchen ist. Vielleicht gibt es auch noch wenigere, die den Film gar als unlustig bezeichnen würden. Doch spätestens wenn diese Minderheit einen Blick auf die Originalfassung von „Die Ritter der Kokosnuss“ geworfen hat, dürfte auch diese bekehrt sein. Während die deutsche Synchronfassung nämlich mit zahlreichen klamaukigen Dialogen, die den subtilen Humor gänzlich verfälschen, angereichert wurde, ist das englische Original ein Fest für Freunde des britischen Humors: wirre Gags, die gänzlich gegen den Strich gebürstet sind, trockene Witze, dass es beim Lachen staubt, und Sketche, die oftmals in unvorhersehbar-abstrusen Pointen enden oder gleich ganz ohne eine solche aufgelöst werden.

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