Da ist M. Night Shyamalan wohl etwas zu spät dran gewesen. Von seinen Kindern zu dem Projekt getrieben, musste sich der Regisseur von „The Sixth Sense" und „Unbreakable" für die Verfilmung der zwar aus Amerika stammenden, aber in erster Linie von japanischen Animes inspirierten TV-Zeichentrickserie „Avatar - Der Herr der Elemente" einen neuen Namen suchen, nachdem James Cameron seiner das 3D-Kino revolutionierenden Science-Fiction-Gigantomanie zufällig denselben Titel verpasst hatte. Nun heißt das Fantasy-Abenteuer, das nach dem Willen des Regisseurs noch zu einer Trilogie anwachsen soll, eben „Die Legende von Aang" (beziehungsweise im Original „The Last Airbender"), was zumindest in den USA die jungen Fans nicht davon abgehalten hat, gleich am Eröffnungswochenende trotz „Twilight"-Konkurrenz und vernichtender Kritiken in Schaaren in die Kinos zu stürmen (Wochenend-Einspiel: 52 Millionen Dollar). Allerdings sind die Zuschauerzahlen bereits am zweiten Wochenende deutlich überproportional eingebrochen, was wiederum damit zusammenhängen dürfte, dass nicht nur der Schnitt der professionellen Kritiken, sondern auch die Mundpropaganda bezahlender Kinogänger nicht gerade positiv ausgefallen ist.
Es war seine Aufgabe, das friedliche Zusammenleben der vier Stämme Luft, Wasser, Erde und Feuer zu gewährleisten. Doch nun ist der Avatar bereits seit mehr als 100 Jahren spurlos verschwunden. Seitdem versucht die Feuernation unter Führung des Feuerlords Ozai (Cliff Curtis), die anderen Völker zu unterjochen. Beim Trainieren ihrer Fähigkeiten stößt die Wasserbändigerin Katara (Nicola Peltz), die wie alle Bändiger ihr Element beliebig formen und so auch als Waffe einsetzen kann, auf einen kleinen, in einer Luftblase eingeschlossenen Jungen. Es ist Aang (Noah Ringer), der letzte verbliebene Luftbändiger und wiedergeborene Avatar. Einst vor seiner großen Verantwortung geflohen, will er es diesmal besser machen und seiner Aufgabe gerecht werden. Doch dafür muss er zunächst seine Ausbildung beenden und neben seinen Luft-Fähigkeiten auch noch das Bändigen der Elemente Wasser, Erde und Feuer erlernen. Das wiederum wollen Feuerlord Ozai und sein verstoßener Sohn Prinz Zuko (Dev Patel), der erst wieder am väterlichen Hof auftauchen darf, wenn er den Avatar in seine Gewalt gebracht hat, mit allen Mitteln verhindern...
Die Geschichte rund um Elementbändiger und Mondgeister passt perfekt zu dem weltverbesserischen Mystizismus, der auch schon M. Night Shyamalans frühe Filme, vor allem aber seine vorangegangenen beiden Werke „Das Mädchen aus dem Wasser" und „The Happening" durchzog. Wer die Rache der Pflanzen in „The Happening" schon lächerlich fand, dem wird auch die omnipräsente Spiritualität in „Die Legende von Aang" sauer aufstoßen. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass Shyamalan diesmal eigentlich nicht mehr tut, als seinem Genre treu zu bleiben. Schließlich wären etwa die Anime-Meisterwerke von Hayao Miyazaki ohne ihre zahllosen mythologischen Bezüge nicht einmal mehr halb soviel wert. Ein anderes Drehbuchproblem lässt sich hingegen nicht so leicht vom Tisch wischen. Die Stationen der Reise sind extrem episodisch angelegt. Erwuchs das Epische bei Peter Jacksons „Der Herr der Ringe" doch gerade aus dem Umstand, dass man die Heldentruppe immer wieder ewig lange Strecken zurücklegen sieht, springt „Die Legende von Aang" andauernd ohne jede Zwischensequenz von einem Ort zum nächsten. Das macht die Geschichte bedeutend kleiner, als sie eigentlich sein möchte.
Ähnliches wie für die Story gilt auch für die Effekte: Wer auf den Anime-Hintergrund nicht einsteigt, der wird mit dem Akzeptieren von Feuerbällen und Wassermauern so seine liebe Mühe haben und die Effekte bestenfalls unfreiwillig komisch finden. Ansonsten sind die Feuer-, Wasser- und Wind-Animationen allerdings überzeugend umgesetzt und fallen zudem recht abwechslungsreich aus. Ein wenig mehr hätte man sich hingegen von Aangs Bison Appa erwartet. Das riesige Wollknäuel sieht zwar ganz süß aus, aber das humoristische Potential des Tieres wird zu keinem Zeitpunkt ausgespielt. Ebenfalls kaum ausgenutzt werden die Möglichkeiten des 3D-Kinos. Obwohl die Elementarbändigung Steilvorlagen ohne Ende liefert, bleiben die 3D-Effekte überflüssiges Beiwerk. Das hängt auch damit zusammen, dass erst spät im Entstehungsprozess entschieden wurde, den Film in 3D umrechnen zu lassen, er also eigentlich gar nicht von Beginn für diesen Zweck konzipiert war. Bei einer wahrscheinlichen Fortsetzung wäre also auf jeden Fall davon auszugehen, dass sie dem ersten Teil zumindest in dieser Hinsicht deutlich überlegen wäre.
Womit sich „Die Legende von Aang" dann endgültig selbst seiner angestrebten epischen Fantasy-Ausmaße beraubt, sind die durchweg überforderten Schauspieler. Hauptdarsteller Noah Ringer („Cowboys & Aliens") wurde in erster Linie aufgrund seiner Kampfsport-Fähigkeiten für die Rolle des Aang ausgewählt. Deshalb wirkt es weniger komisch als erwartet, wenn er mit seinem Stab seine erwachsenen Widersacher gleich armeeweise vermöbelt. Wenn er dann aber in einem Dorf die Bewohner mit einer pathetischen Rede zur Rebellion aufruft, steht da plötzlich doch wieder nur ein zwölfjähriger Junge, der ziemlich unsinniges Zeug daherredet. Ähnliches gilt für Dev Patel („Slumdog Millionär"), dessen Prinz Zuko eigentlich die tragischste Figur des Films sein sollte. Er starrt die ganze Zeit über mit dem gleichen grimmigen Gesichtsausdruck vor sich hin, den auch ein Laiendarsteller aufsetzen würde, wenn er den Bösewicht in einem Schultheaterstück verkörpern sollte. „Twilight"-Star Jackson Rathbone („New Moon", „Eclipse") verwendet als Kataras Bruder Sokka exakt dasselbe Mimik-Arsenal wie als Vampir Jasper Cullen, nur dass er diesmal ausnahmsweise mal keine weiße Schminke trägt.
Fazit: Die letzte Szene des Films nimmt bereits den Inhalt der Fortsetzung vorweg, aber wie andere geplante Fantasy-Trilogien wie „Eragon", „Der Goldene Kompass" oder „Mitternachtszirkus" war auch nach „Die Legende von Aang" gleich wieder Schluss. Vielleicht nicht die schlechteste Entscheidung.