Der Zusammenstoß verschiedener Kulturen ist immer schon ein dankbares Thema für Hollywood gewesen. Speziell das Verhältnis USA-Japan hat immer wieder Stoff für Streifen aus diversen Genres hergegeben. Manche Filme haben sich dem eher komödiantisch bzw. melancholisch genähert („Das kleine Teehaus“, Lost In Translation), andere mit Mitteln des Spannungskinos (allen voran der fulminante „Yakuza“ von Sydney Pollack). Auf diesen Pfaden wandelt auch „Black Rain“ von Ridley Scott (Alien, Blade Runner, Gladiator). Doch anders als bei den vorbenannten Klassikern des Japan-Films arbeitet der berühmte Regisseur kulturelle Unterschiede nicht fein heraus, sondern lässt Gegensätze mit viel Getöse aufeinanderprallen.
Nick (sehnig wie selten: Michael Douglas) und Charlie (jung und elegant: Andy Garcia) sind zwei New Yorker Cops, wie sie nicht unterschiedlicher sein könnten. Der eine ist hartgesotten, ständig abgebrannt und versucht, sein Einkommen durch illegale Motorradrennen aufzubessern, um die Alimente zahlen zu können, der andere ist solo und hat daher genug Geld für erlesene Kleidung und andere Annehmlichkeiten. Die beiden werden unfreiwillig Zeuge, wie der japanische Gangster Sato (richtig schön durchgeknallt: Yusaku Matsuda) ein Blutbad anrichtet. Sie nehmen den Bösewicht fest und sollen ihn nach Japan eskortieren. Kaum auf dem Flughafen von Osaka eingetroffen, treten den bereits recht desorientierten Helden japanische Polizeibeamte entgegen, um den Gefangenen zu übernehmen. Doch kaum ist die Übergabe vollzogen, stellt sich heraus, dass die beiden Cops gelinkt worden sind. Die Polizisten waren nämlich keine, die Amerikaner haben sich wie Anfänger übertölpeln lassen. Das können die beiden nicht auf sich sitzen lassen. Obwohl die japanischen Polizei-Behörden überhaupt nicht begeistert sind, die beiden Gaijin im Genick zu haben, lassen sie sie als Beobachter teilhaben. Und dem Polizisten Masahiro Matsumoto (Ken Takakura, „Yakuza“) fällt die undankbare Aufgabe zu, als Babysitter auf die beiden Störenfriede aufzupassen, die sich partout nicht darauf beschränken wollen, nur zuzusehen, wenn Bösewichter gejagt werden. Doch kaum haben sich die drei einander angenähert, schlägt Sato ebenso überraschend wie brutal zu….
Das Auffälligste an Ridley Scotts Reißer ist – für dessen Filme nicht ungewöhnlich -die erlesene Fotografie. Kein Wunder, sitzt hinter der Kamera doch Jan de Bont, der sich zuvor u. a. mit Stirb langsam den Ruf eines der besten Kameramänner der Welt erarbeitet hatte, und der im Folgenden mit Speed und Twister als Action-Regisseur überzeugte (bevor seine Karriere mit „Speed 2“ einen üblen Knick bekam, aber das ist eine andere Geschichte). De Bont fängt Osaka als glitzernd-schaurige Welt ein, die ebenso fremdartig wirkt wie zuvor die in „Blade Runner“. Es scheint fast so, als wären die beiden amerikanischen Polizisten nicht auf einem anderen Kontinent, sondern auf einem anderen Planeten gelandet. In optischer Hinsicht ist das Team Scott/De Bont wie füreinander geschaffen.
Mit den Mitteln des Thrillers versucht der Regisseur, Mentalitätsunterschiede zwischen den beiden Kulturen herauszuarbeiten. Anders als in „Yakuza“ ist die Hauptperson allerdings nicht Japan-Kenner, sondern das genaue Gegenteil, nämlich ein grober (und ziemlich arroganter) Klotz, der Japaner nicht ausstehen kann, nur seinen eigenen Weg kennt und duldet und überall aneckt, und sei es aus Prinzip. Niemals vorher und seitdem hat Michael Douglas einen derartigen Misanthropen porträtiert, selbst Gordon Gecko aus Wall Street und Nick Curran aus Basic Instinct wirken neben ihm wie Grundschullehrer. Nicks Ausbrüche und Schreianfälle nehmen zuweilen überhand und drohen, den Film zu ersticken.
Nicks Ruppigkeit gegenüber steht das gewinnende Spiel von Andy Garcia (Ocean´s Eleven und Sequels). Seinen Charlie mag man. Er fühlt sich überall wohl und weiß, dass man mit einer Party nebst Karaoke eine Menge mehr biegen kann als nur Tonleitern. Seine Figur ist der emotionale Schlüssel zu dem Film, er ist das Bindeglied zwischen dem Choleriker Nick und dem stark zurückgenommenen Matsumoto. Nicks Wut über Satos späteren Überfall können wir deshalb nachvollziehen, weil uns Charlie ans Herz gewachsen ist. Wäre es anders, würde die weitere Handlung des Films in sich zusammenfallen. Dass der Film funktioniert, ist daher zum großen Teil Garcias Verdienst.
Dennoch gelingt es „Black Rain“ kaum, das rechte Maß zwischen Widerspruch und Gemeinsamkeit der beiden Länder USA und Japan zu finden. Nicht das Verstehen der fremden Kultur wird zum Schlüssel des Falles, sondern das Recht der Waffe und die Gier nach Geld. Das macht die Prämisse des Thrillers sehr zynisch: Egal, wie unterschiedlich Länder sein können, wenn es um Geld, Gewinn und Gewalt geht, sind wir alle gleich. Dies ist der gemeinsame Nenner, auf dem Nick zu kommunizieren vermag, wenn er einem der Köpfe des organisierten Verbrechens gegenübertritt und ihm unverhohlen anbietet, Sato für ihn zu liquidieren. Der Film verkörpert daher in gewisser Hinsicht eine Ende der 1980er Jahre in den USA herrschende anti-japanische Stimmung, die aufgrund des Aufschwungs des ehemaligen Kriegsgegners und des scheinbaren Ausverkaufs amerikanischer (Wirtschafts-)Werte an diesen breit gemacht hatte.
Nicht recht zum Zuge kommen lässt das Drehbuch daher die Figur des Matsumoto. Dessen Darsteller, Ken Takakura, hatte in „Yakuza“ die Schlüsselrolle und genießt in Japan Kultstatus. Obwohl das Drehbuch ihm meist nur die Funktion eines genervten Prellbocks für Nicks Ausbrüche zugesteht, hat man ihm am Ende ins Herz geschlossen. Das angedeutete freundschaftliche Verhältnis, das Matsumoto und Nick am Ende durch Handschlag besiegeln, wirkt dagegen aufgesetzt und will nicht so recht in die harte Geschichte passen.
Viel plausibler wirkt dem gegenüber das nur schwer zu beschreibende Beinahe-Liebesverhältnis der Hauptperson zur Edelprostituierten Joyce (Kate Capshaw, der damaligen Mrs. Steven Spielberg). Sie hat sich mit der fremden Kultur arrangiert und ist Nicks letzte Rettung, wenn er wieder mal nicht weiter weiß. Gleichzeitig fasziniert ihn ihre Eleganz. Joyce macht dem bärbeißigen Hund einiges über dieses fremde Land klar und zeigt ihm zuweilen den richtigen Weg. Dabei kommen die beiden sich so nahe, wie das zwischen ihnen möglich ist. Ihr Verhältnis wird dabei inszenatorisch in einer interessanten Schwebe gehalten, welche das Interesse des Zuschauers weckt. Wie ihre Beziehung aufgelöst wird, gehört zu den stärksten Momenten des Films.
Unter Thriller-Gesichtspunkten überzeugt der Film. Die Verfolgungsjagden und Schießereien sind packend gemacht, die Geschichte ist an sich spannend und virtuos umgesetzt. Und wenn der Schuft am Ende dingfest gemacht worden ist, weiß man nicht so genau, ob man einen Western oder einen Eastern gesehen hat. Die Guten haben den Bösen erwischt. Recht so.
Zuschauern, die sich für fremde Kulturen begeistern, wird „Black Rain“ nicht viel geben, dafür werden Thriller-Freunde und solche eines gepflegten Shoot-Outs nicht enttäuscht. Der Film ist vielleicht nichts, um sich mit seiner Freundin einen gefälligen Filmabend zu machen, aber Zuschauer, die einen gepflegten Action-Reißer goutieren, werden an ihm ihre Freude haben.