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    Das Mädchen, das durch die Zeit sprang
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Das Mädchen, das durch die Zeit sprang
    Von Christoph Petersen

    Die Kurzgeschichte von Yasutaka Tsutsui, auf der nun auch Mamoru Hosodas märchenhaftes Anime „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ basiert, wurde bereits in den Jahren 1983 und 1997 als Grundlage für zwei Live-Action-Filme genutzt. Und wirklich scheint die Geschichte von der beherzten Highschool-Schülerin Makoto, die plötzlich über kurze Spannen in der Zeit zurückreisen kann, geradezu perfekt für die große Leinwand – denn auch im dritten Anlauf liefert sie noch genügend Stoff für extrem unterhaltsame 98 animierte Minuten.

    In Anbetracht eines heranrasenden Zuges entdeckt die 17-jährige Makoto plötzlich, dass sie die Fähigkeit besitzt, rückwärts durch die Zeit zu springen. Zunächst nutzt sie dieses ungewöhnliche Talent nur, um besser mit den kleinen Stolpersteinen des Lebens fertig zu werden – eine Klassenarbeit verhauen, schreibt man sie halt gleich noch einmal, vergessen eine wichtige TV-Sendung aufzunehmen, ein kleiner Hüpfer durch die Zeit, dann ist auch dieses Problem gelöst. Doch dann beschließt Makoto, ihre Begabung auch für das Wohl anderer einzusetzen. Als erstes will sie das Liebesleben ihrer beiden besten Kumpel Kousuko und Chiaki auf Vordermann bringen. Zunächst gelingt der Plan noch recht reibungslos, doch trotz kleiner Erfolge muss Makoto dabei auch feststellen, dass Zeitreisen durchaus ziemlich gefährlich sein können. Nicht nur bringen die Zeitsprünge Makotos eigene Gefühlswelt ordentlich durcheinander, plötzlich schwebt auch das Leben zweier Menschen in allerhöchster Gefahr...

    Mit „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ ist Regisseur Mamoru Hosoda ein wahrer Meilenstein in seiner Karriere gelungen. Zwar waren seine ersten beiden Kinofilme, die Leinwandversionen der bekannten Anime-Serien „Digimon“ und „One Piece“, rein finanziell gesehen ein Erfolg, doch künstlerisch ein totaler Reinfall. Und sicherlich kann auch sein neuer Film nun nicht unbedingt mit den poetischen Meisterwerken eines Hayao Miyazaki mithalten, aber das Teenie-Märchen macht auf seine leichtfüßig-verspielte Art und Weise doch unheimlich viel Spaß und sieht dabei auch noch ziemlich gut aus. Vor allem die an LSD-Trips erinnernden Zeitsprünge inklusive Büffelstampede und die extrem detailverliebten, sehr liebevoll gestalteten Hintergründe können voll überzeugen.

    Zu Beginn steht einzig und allein der Spaß im Vordergrund. Wenn Makoto ihre Zeitsprünge nutzt, um zehn Mal hintereinander dieselbe Karaoke-Stunde mit ihren Freuden zu genießen oder noch einmal das köstliche Mittagessen von vorgestern zu verspeisen, ist das einfach lustig. Nach einiger Zeit, wenn Makoto dann anfängt, Liebesdoktor zu spielen, setzt sich immer mehr die romantische Ader des Films durch. Diese Szenen erinnern zwar durchweg an Bravo-Experte Dr. Sommer, aber „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ ist auf so liebevolle Art naiv, dass es dennoch nie sonderlich schwer fällt, auf das jugendliche Beziehungschaos anzuspringen und sich mit den Teenie-Helden zu identifizieren. Die Probleme mit der ersten Liebe werden hier so ehrlich und warmherzig erzählt, dass man trotz Anflügen von Kitsch einfach mitfiebern muss.

    Schließlich übernimmt die Dramatik das Ruder, die Komödie läuft ab hier nur noch im Hintergrund mit. Das erste Anzeichen für diesen Umschwung ist eine Szene, in der Hosoda einen Fall von schulischer Gewalt, ja, sogar eine Art Amoklauf, unerwartet radikal in seine ansonsten so märchenhafte Geschichte mit einbindet – aber gute Märchen zeichnen sich halt immer dadurch aus, dass auch ein Teil der Realität in ihnen eine große Rolle spielt. Von nun an pendelt „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ zwischen tödlichen Gefahren und epischem Herzschmerz. Tod und Abschied sollten zum Ende hin durchaus dazu in der Lage sein, bei Girlies ein kleines Tränenmeer hervorzuzaubern, und auch abgebrühtere Kinobesucher dürfte der wunderbar emotionale Schlusssong „Garnet“ von Hanako Oku nicht komplett kalt lassen.

    Fazit: „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ präsentiert sich als gelungene Mischung aus Lachen und Weinen. Dabei peilt der Film in erster Linie natürlich ein jugendliches weibliches Publikum an. Aber auch jeder andere Anime-Fan, der sich auf den Mix aus Teenie-Drama, romantischer Komödie und Zeitreise-Fantasy einlässt, dürfte sich von der locker-flockigen Art des Films extrem gut unterhalten fühlen.

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