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    The Stepfather - Kill, Daddy, Kill
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Stepfather - Kill, Daddy, Kill
    Von Robert Cherkowski

    In den 70er- und 80er-Jahren erlebte das Slasher-Genre seine Hochzeit. Die Schlachtschiffe unter den Old-School-Horrorfilmen waren John Carpenters „Halloween", Clive Barkers „Hellraiser" und Wes Cravens „Nightmare - Mörderische Träume" - alles Reihen, die mit regelrechten Blutbädern schockierten und deren treues Publikum bis heute mit Sequels und Reboots beliefert wird. Von der dunklen Magie der Originale ist dabei zwar mittlerweile nicht mehr viel übrig geblieben, aber dafür haben sich damals schon im Schatten der großen Markennamen ein paar kleinere, nicht minder interessante Reihen etabliert, die es heute wiederzuentdecken gilt. Einer der weitestgehend in Vergessenheit geratenen Schlächter jener Zeit ist der zumindest in den ersten zwei Teilen von „Lost"-Star Terry O'Quinn gespielte und von Joseph Ruben inszenierte Stepfather. Auch ohne maskierte Slasher-Prominenz hält sich „The Stepfather – Kill, Daddy, Kill" auch heute noch als grimmiger kleiner Schocker, der jedem Genre-Fan zusagen dürfte.

    Henry Morrison (Terry O'Quinn) scheint ein ganz normaler, weißer, amerikanischer Biedermann der gehobenen Mittelklasse zu sein. Eines Morgens erledigt er seine Morgenhygiene etwas akkurater als sonst und rasiert seinen buschigen Vollbart ab. Er richtet seine Krawatte, packt seine Sachen und verlässt das Haus. Für immer. Seine Familie liegt niedergemetzelt auf dem Boden des verwüsteten Wohnzimmers. Morrison ist ein kaltblütiger Serienkiller, der sich das Vertrauen alleinstehender Frauen erschleicht, um mit ihnen Familie zu spielen – so lange, bis er seine Mitmenschen satt hat. Ein Jahr später sucht er sich als Jerry Blake eine neue Familie aus. Das Herz der alleinerziehenden Mutter Susan (Shelley Hack) erobert der Charmeur im Sturm. Nur die aufmüpfige und durch die Trennung der Eltern angeknackste Tochter Stephanie (Jill Schoelen) traut dem vermeintlichen Saubermann nicht über den Weg...

    Obgleich Henry Morrison/Jerry Blake in zwei Sequels zurückkehrt und mit seinem Pfeifen des amerikanischen Volkssongs „Camptown Races" sogar ein ähnlich bedrohliches musikalisches Motiv wie Michael Myers mitbringt, unterscheidet ihn doch einiges von klassischen Slasher-Strolchen. Der Killer steht hier nicht für die Wiederkehr des Verdrängten (wie Freddy Krüger), repräsentiert kein reaktionäres Strafgericht über vergnügungssüchtige Teenies (wie Jason Vorhees) und ist keine mythische Überhöhung des nackten Bösen, das von außen in ein traditionelles Familienleben einbricht (wie Michael Meyers). In „The Stepfather" hat das Grauen längst im trauten Heim Platz genommen. Es tarnt sich als zuvorkommender, etwas langweiliger Musterbürger von ausgesuchter Höflichkeit.

    Ein wenig wirkt der „The Stepfather" wie ein Bruder im Geiste des verrückten Kleinstadtsheriffs aus Jim Thompsons Pulp-Roman „The Killer Inside Me". Der Vergleich zum großen Hardboiled-Autor lohnt sich: Bei „The Stepfather" führte neben Donald E. Westlake („Point Blank") auch Brian Garfield („Ein Mann sieht rot") die Feder. Dass zwei so hartgesottene Triebtäter der Crime-Literatur kein Teekränzchen veranstalten würden, dürfte klar sein. Der spätere Fernsehstar Terry O'Quinn leiht dem umtriebigen Stiefvater ein biederes Gesicht, dessen Züge sich immer wieder verfinstern, wenn auch nur das kleinste Detail in seinem verqueren 50er-Jahre Weltbild ins Wanken gerät – auch ohne Monster-Maske ist Henry/Jerry eine wahrlich furchteinflößende Gestalt.

    Anders als im Slasher-Kino üblich verkommt die sonstige Besetzung hier zum Glück nicht zum reinen Kanonenfutter. Shelley Hack als neue Gattin Susan und Jill Schoelen als misstrauische Tochter Stephanie geben mit ihren Zweifeln, Ängsten und Schwächen brauchbare Identifikationsfiguren ab. Bemerkenswert ist dabei, dass Stephanie kein All-American-Girl, sondern eine angeknackste und problematische Heldin ist, die dem trügerischen Frieden des bürgerlichen Glücks misstraut – wie so oft sind es auch hier die Outcasts, die den Braten zuerst riechen, während sich der Rest von netten Lügen einlullen lässt.

    Mit ein wenig mehr inszenatorischem Wagemut hätte das kluge B-Movie zum Genre-Klassiker aufsteigen können. Stattdessen inszeniert Routinier Joseph Ruben solide nach Psychothriller-Konventionen. Langsam und doch gekonnt zieht er die Spannungsschraube an. Der Bodycount ist überschaubar, doch wenn Morrison/Blake sich in die Enge getrieben fühlt, hat das fatale Konsequenzen – was auch Stephanies Vertrauenslehrer feststellen muss, dem mit dem Kantholz der Scheitel gezogen wird. In den Fortsetzungen wurde der Gore-Gehalt ausgebaut und verkam zum puren Selbstzweck. Hier steht das fiese Gemetzel dagegen noch voll im Dienst einer eigentlich sehr ernsten Erzählung.

    Fazit: „The Stepfather" ist einer der hintersinnigsten Beiträge des 80er-Jahre-Horrorthrillers, weil er eben nicht so latent konservativ bis erzreaktionär wie andere zeitgenössische Genrefilme daherkommt. Joseph Rubens Kleinod hat sich gut gehalten – das wird erst Recht im Vergleich zum zahnlosen Remake von 2009 offenbar.

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