Es war der erfolgreichste Promotion-Coup seit dem ausgefuchsten Mysterium um J.J. Abrams’ Cloverfield – und es war keine Absicht: Mit einem deftigen „kick your fucken’ ass“ eröffnete Superstar Christian Bale in bester Klaus-Kinski-Manier eine dreiminütige Schimpfkanonade gegen den armen Shane Hurlbut, seines Zeichens Kameramann am Set der Action-Hoffnung „Terminator – Die Erlösung“, nachdem dieser im Hintergrund einer laufenden Szene umherspaziert war. Begeistert stürzten sich Heerscharen von Boulevardjournalisten und Late-Night-Talkern auf den versehentlich mitgeschnittenen Ausraster, bis die frohe Botschaft selbst in die letzten Winkel der medial erreichbaren Welt vorgedrungen war: Die Terminator-Saga wird fortgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Internet-Community bereits außer Rand und Band, wurde die Fortführung des hochheiligen Franchises doch ausgerechnet Regie-Fliegengewicht McG (Drei Engel für Charlie) zugesprochen. Zwar hat sich der ehemalige Musikclip-Spezialist nach Kräften abgestrampelt, um der - höflich formuliert - reservierten Haltung zu begegnen - bis hin zu demütig ausgehändigten Geburtstagsgeschenken an skeptische Kritiker. Doch es hat alles nichts geholfen: Die Erlösung bleibt aus. Der lange erwartete vierte Teil der Sci-Fi-Saga ist eine teilnahmslos geschilderte Materialschlacht mit massiven Storylücken, in der nicht einmal Christian Bale zu glänzen vermag. Dagegen stehen immerhin ausgesprochen atmosphärische Plateaus einer postapokalyptischen Welt.
Wir schreiben das Jahr 2018. Nackt und verloren irrt Marcus Wright (Sam Worthington, Avatar, Clash Of The Titans) durch das Brachland um Los Angeles. An mehr als seinen Namen kann er sich nicht erinnern, über die jüngere Historie wird er jedoch schnell aufgeklärt, als er in den Ruinen auf Kyle Reese (Anton Yelchin, Star Trek - Die Zukunft hat begonnen) trifft. Der global vernetzte Supercomputer Skynet war schlagartig selbstbewusst geworden und hatte sich in einem verheerenden Nuklearkrieg gegen seine Schöpfer gewandt. Im nahezu aussichtslosen Kampf gegen dessen Cyborg-Armee führt John Connor (Christian Bale, The Dark Knight, Todeszug nach Yuma, Prestige) einen Teil der Untergrundbewegegung an, die sich schlicht „Der Widerstand“ nennt. Der verbitterte Krieger weiß: Sollte er Kyle nicht vor Skynet ausfindig machen, sind die Tage der Menschheit gezählt. Denn Kyle war es, der einst einem Terminator durch die Zeit hinterherreiste, um Connors Mutter Sarah zu beschützen - und sie dabei schwängerte. Doch dann wird Kyle entführt, während der entsetzte Marcus nach einer Minenexplosion schimmerndes Metall unter seiner Haut entdeckt. Antworten auf die Frage nach seiner Herkunft vermutet er in genau der Skynet-Zentrale, in der auch Kyle gefangen gehalten wird. Um seinen Vater in spe zu befreien, ist Connor gezwungen, ausgerechnet einer Maschine ins Herz der Finsternis zu folgen...
Das klingt verwirrend? Ohne Kenntnis der Vorgänger ist es in der Tat kniffelig, der epischen Erzählung um Zeitreisen zwischen Schicksal und freiem Willen zu folgen. 1985 avancierte James Camerons Low-Budget-Thriller The Terminator zum Überraschungserfolg. Obgleich er eine nahezu identische Geschichte aufbot, gelang es Cameron mit Terminator 2, den Erstling noch zu übertreffen, nebenher neue Genre-Standards zu setzen und Arnold Schwarzenegger endgültig zu Weltruhm zu verhelfen. Jonathan Mostows Terminator 3 blieb zwar hinter den hohen Erwartungen zurück, konnte aber immer noch mit einem knackigen, selbstironischen Actionfeuerwerk punkten. „Terminator – Die Erlösung“ erfüllt nun endlich den Traum, den Fans seit 1985 träumten, nämlich die zuvor bloß angedeutete Zeit nach der Apokalypse in Spielfilmlänge bestaunen zu dürfen. Keine leichte Aufgabe für McG und seine Autoren, John Brancato und Michael Ferris, in deren Vita sich so bezeichnende Einträge wie Catwoman finden lassen. Ein Hoffnungsschimmer war dabei die Beteiligung von Jonathan Nolan (The Dark Knight, Batman Begins, Prestige) – geholfen hat es kaum.
Die Charaktere in der Filmstarts-Galerie
„Terminator – Die Erlösung“ bietet statt Originalität einen fast schon dreisten Plünderzug durch etablierte Endzeit-Bilder, eine eigene Vision hat McG nicht entwickelt. Da sind die Marodeure auf der Jagd nach Ressourcen, bekannt aus den Mad Max-Filmen. Da sind turmhohe Kampfmaschinen, die verdächtig an Michael Bays Transformers gemahnen. Und wie sich Skynets wuchtige L.A.-Zentrale gen Himmel streckt, käme auch Neo aus der Matrix-Reihe vertraut vor. Dass sich all diese Leihnahmen zumindest optisch halbwegs zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen, ist der ausgezeichneten Kameraarbeit Shane Hurlbuts zu verdanken. Zerstörte Städte am Horizont, schroffe Canyons und verwinkelte Industrie-Anlagen glühen in ausgeblichenen, erdigen Farben – hier hält der Film das Ambiente-Versprechen seines Settings, das zudem mit manchmal furiosen Kampfsequenzen vollgepackt ist. Wenn sich ein Häuserkampf um eine Tankstelle erst zur Highway-Jagd, dann zum schwindelerregenden Balanceakt auf einer Hochbrücke und schließlich zum schweißtreibenden Luftduell entwickelt, wird effektives Krawummkino par excellence geboten.
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Das kann McG aber bloß anteilig zugerechnet werden, waren für Stuntszenen doch größtenteils Second Units am Werk. Seine inszenatorische Schwäche offenbart sich im bestenfalls skizzenhaften Versuch einer involvierenden Handlung. Die für die Teilhabe am großen Krachen so unerlässliche Figurenzeichnung bleibt in „Terminator – Die Erlösung“ völlig auf der Strecke und die Dialoge arten in den schlimmsten Momenten in unfreiwillige Komik aus. Christian Bale gibt Connor eindimensional als raubeinig-grunzenden Militär, der seine messianische Funktion schlicht vorraussetzt. Sam Worthingtons wortkarger Marcus versichert, vor seiner kybernetischen Wiederauferstehung ein schlechter Mensch gewesen zu sein. Und Anton Yelchin muss als Kyle eben vor allem überleben - mehr kommt nicht. Wer sind diese Menschen, die da um ihr Leben rennen, ballern und leiden?
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Wie geht Connor mit der eigenen Heilsrolle um, die noch alles andere als gesetzt, sondern bloß ein Versprechen aus grauer Vergangenheit ist? Was bedeutet ihm die Schwangerschaft seiner Frau Kate (Bryce Dallas-Howard, Spider-Man 3) und wie erlebt er die Begegnung mit seinem eigenen Vater, obgleich er ihn später in die Vergangenheit – und damit den sicheren Tod - schicken muss? Ignoriert wird auch das Drama um Marcus, der lernen muss, eine Maschine – schlimmer noch: Produkt des ultimativ Bösen – zu sein. Wie kommt es zu Liebesgefühlen zwischen Menschmaschine Marcus und der Pilotin Blair Williams (Moon Bloodgood, Inside Hollywood)? McG und sein Drehbuchteam versuchen nicht einmal, ihrem Publikum die Charaktere näherzubringen und ihnen eine greifbare Fallhöhe zu verleihen.
So geraten die spärlichen Verschnaufpausen zäh und zäher, während die Actionsequenzen zur schicken, aber seelenlosen Technikdemonstration verkommen. Dabei war gerade das Streben sorgfältig geerdeter Figuren immer Dreh- und Angelpunkt von Camerons Klassikern. Um Anknüpfpunkte bemüht sich McG derweil einerseits mit dem tollen Roboter-Design des kürzlich verstorbenen Stan Winston, andererseits mit bekannten Zitaten („I’ll be back!“) und natürlich dem herbeigesehnten Cameo des Governators Schwarzenegger, dessen digitale Nackt-Kopie hier allerdings bloß wenige Sekunden für wohlige Nostalgie sorgt. Die düsteren Prophezeiungen waren gerechtfertigt: „Terminator – Die Erlösung“ verpasst die Chance, die rauschhafte Spannung und mythische Dimension der Originale aufzugreifen. Übrig bleibt ein kühl (ver)kalkulierter Blockbuster ohne Charisma – und einer der witzigsten und unfreiwilligsten Promo-Clips der vergangenen Jahre.