James Caan wurde einmal gefragt, an was er denn gerade arbeiten würde. „Weihnachtsgeschenke“, sagte er. „Ist das der Titel von ihrem neuen Film?“, wurde er weiter gefragt. „Nein. Die kaufe ich dann von meiner Gage.“ Wenigstens war er ehrlich. Schwer zu sagen, ob Regisseur Garry Marshall ähnlich noble Motive hatte, dieses Projekt zu machen – zumindest sieht es nicht so aus, als hätte er sich besonders viel Mühe gegeben, denn „Liebe auf Umwegen“ (Originaltitel: „Raising Helen“), ist leider auf so vielen Ebenen dermaßen unglaublich schlecht und lieblos, dass die deutsche Übersetzung des Titels wie eine Erleuchtung daherkommt.
Schade eigentlich, denn bislang war Mr. Marshall fest in der Riege derjenigen Regisseure, die einem nicht wirklich etwas Böses getan hatten und immerhin brachte er uns „Pretty Woman“, „Overboard“ oder auch „Die Braut, die sich nicht traut“ – zugegebenermaßen keine Filme, die einem die Augen aus den Sockeln heben, aber immerhin FILME. „Liebe auf Umwegen“ einen „Film“ zu nennen, ohne Anführungszeichen zu setzen, ist nicht weniger als eine Frechheit, denn Marshall steuert mit zielsicherer Einfallslosigkeit in jedes Fettnäpfchen, was sich da tummelt und irgendwann hat man einfach keine Kraft mehr das Kino zu verlassen, so erschöpft ist man vom ständigen Augenzuhalten.
Doch was ist eigentlich die Geschichte? Kate Hudson spielt Helen Harris, eine Karrierefrau in Manhatten und persönliche Assistentin von Dominique (Helen Mirren), dem Kopf einer berühmten Model-Agentur. Ihre Schwester Jenny (Joan Cusack) lebt in einem Vorort von New York und zieht dort ihre Kinder in disziplinierter Weise groß. Als die dritte Schwester Lindsay (Felicity Huffman) und deren Mann bei einem Autounfall sterben, hinterlässt diese ihre drei Kinder (Spencer Breslin, Abigail Breslin und Hayden Panettiere) nicht der perfekten und erfahrenen Mutter Jenny, sondern der bislang alleinstehenden Helen, die nach kurzem Zögern die Aufgabe angeht. Doch Mutter sein und Karriere machen, lassen sich schwierig verbinden und deshalb gerät Helens bisheriges Leben aus den Fugen. Sie verliert ihren Job und zieht mit den drei Kindern in den weniger angesagten Stadtteil Queens, wo sie die Kleinen auf eine Lutheraner Schule schickt, wo Helen auf den alleinstehenden Pastor Dan (John Corbett) trifft, der somit prädestiniert ist, sich in Helen zu verlieben. Doch es dauert natürlich noch, bis eine Reihe an verhindernden Details sich auflösen und die ganze Sache klar machen. Und so weiter, und so weiter...
Natürlich ist es nicht fair, die ganze Schuld auf den Regisseur zu schieben, doch bei genauerer Betrachtung bleibt sonst keiner übrig: Kate Hudson („Almost Famous“, „Eine Affäre in Paris“, „Wie werde ich ihn los – in 10 Tagen“) gibt zwar nicht ihr Bestes, aber so richtig verübeln kann man es ihr auch nicht und vielleicht liegt es an den Genen, denn auch Mutter Goldie Hawn hatte ihre Probleme damit, sich von Zeit zu Zeit die richtigen Stoffe auszusuchen. Die normalerweise göttliche Joan Cusack (u.a. „Arlington Road“, „School of Rock“ und „Die Waffen der Frauen“) hat immerhin ein paar nette Szenen, zum Beispiel als sie dem High-School-Freund der ältesten Tochter Audrey in einem Motel kräftig den Kopf wäscht, doch leider wird hier versäumt, an der richtigen Stelle einen Schnitt zu machen und so zieht sich die Standpauke dahin wie zäher Kaugummi und wirkt am Ende doch nur durchschnittlich. Der kleine Part von Hector Elizondo (aus diversen Garry-Marshall-Filmen wie „Pretty Woman“, „Plötzlich Prinzessin“ und „Die Braut, die sich nicht traut“) als Autohändler ist süß, doch bis dahin haben wir den Dreh raus und wissen, dass auch er nicht ohne Peinlichkeiten aus der Nummer rauskommen wird und John Corbett („My Big Fat Greek Wedding“, „Sex And The City“) kann es einfach nicht besser. Punkt. Bevor der nicht einmal einen anständigen Action-Film gedreht hat, ist er sowieso nicht Ernst zunehmen.
Hinzukommen grobe Fehler, wie zum Beispiel der Einsatz von Tieren in romantischen Liebeskomödien. Doch eine der unzähligen Montagesequenzen mit Pastor Dan, den Kindern und Helen in einem Zoo mit Simon & Garfunkels „At The Zoo“ zu unterlegen, ist schlichtweg doof. Doch das sind nur Details. Das größte Problem von „Liebe auf Umwegen“ ist die Tatsache, dass es eigentlich kein Problem gibt. Alle Figuren sind nett und wollen nur das Beste und die Frau die offensichtlich die bessere Mutter wäre, ist es nicht – nett nämlich. Ganz im Gegenteil: Sie ist ein Abziehbild der verbitterten, strengen und (aufgepasst!) strickenden Mutter und deshalb wünschen wir ihr die Kinder natürlich auch nicht. Sowohl den Drehbuchautoren, als auch dem Regisseur schien es wohl niemals in den Sinn gekommen zu sein, Helen ein paar dunkle Seiten anzudichten. Mit Sicherheit wäre die Geschichte dann nicht ganz so altbacken dahergekommen und hätte die Aufmerksamkeit des Zuschauers generell um einiges erhöht.
Dies ist ein Film der verpassten Chancen und die Gesamtlänge von 119 Minuten, beweist es auf grausamste Art und Weise. Ein gemütlicher Abend mit „Liebe auf Umwegen“ kann leider nur dadurch enden, dass man entweder an der Kinokasse sein Geld zurückverlangt oder man erst dann wieder an Gerechtigkeit in der Welt glaubt, wenn zu Hause eine große Pizza und die DVD von Tony Scott's „Revenge“ auf einen warten. Viel Spaß.