Tim Storys Fantastic Four trat im Jahr 2005 den Beweis an, dass für das Filmgeschäft mitunter vollkommen eigene Regeln gelten. Obwohl das von Bernd Eichinger produzierte Comic-Abenteuer von der versammelten internationalen Fachpresse nahezu kollektiv einen auf die Mütze bekam, konnte sich das weltweite Einspielergebnis an den Kinokassen mit 330 Millionen Dollar durchaus sehen lassen. Eine Fortsetzung war daher kaum zu vermeiden und steht zwei Jahre später auch schon in den Startlöchern. Die gute Nachricht zuerst: „Fantastic Four - Rise Of The Silver Surfer” ist seinem Vorgänger qualitativ deutlich überlegen. Die schlechte Nachricht: Wirklich gut ist der Film deswegen allerdings auch nicht.
Es ist das Medienereignis schlechthin: Die Hochzeit von Reed „Mr. Fantastic“ Richards (Ioan Gruffudd) und Sue „Invisible Girl“ Storm (Jessica Alba) steht unmittelbar bevor. Da sind selbst Ben „Das Ding“ Grimm (Michael Chiklis) und Johnny „Die menschliche Fackel“ Storm (Chris Evans) dazu bereit, ihre ständigen Reibereien zumindest kurzzeitig auf Eis zu legen. Doch je näher die Hochzeit rückt, desto lauter werden die Störgeräusche. Zunächst sind es nur mysteriöse Naturphänomene, die sich die Wissenschaftler nicht erklären können. Doch als General Hager (Andre Braugher) Reed Richards aufsucht und ihn um Hilfe bittet, fügen sich die Puzzleteile allmählich zusammen. Ein Teleskop hat im Weltall ein mysteriöses Objekt aufgenommen, das mit direktem Kurs auf die Erde zusteuert und das die Ursache für die ungewöhnlichen Vorkommnisse zu sein scheint. Es ist der Silver Surfer (gesprochen von Laurence Fishburne), der mit Abstand stärkste Gegner, mit dem es die Fantastic Four bisher zu tun hatten. Und als ob dies allein nicht schon herausfordernd genug wäre, kehrt mit Victor Von Doom (Julian McMahon) auch noch ein alter Bekannter zurück.
„Fantastic Four“ war anno 2005 in gewisser Hinsicht der Gegenentwurf zum im selben Jahr startenden Batman Begins. Während Christopher Nolans Geniestreich im Genre dank eines auf Realität getrimmten Szenarios, ausgefeilten Charakteren und einer begeisternden, düsternen Optik neue Maßstäbe setzte, schlugen die „Fantastic Four“ einen vollkommen anderen Weg ein. Die knallbunte Optik hatte etwas von Lego-Wunderland, die eigentliche Geschichte war mit Löchern durchsetzt und so etwas wie eine Charakterentwicklung suchte man ebenfalls vergebens. Nein, leicht gemacht hatte man es den Zuschauern mit „Fantastic Four“ wahrhaftig nicht. Umso erstaunlicher ist der damalige Erfolg des Films zu bewerten. Aber immerhin kann man den Machern nicht vorwerfen, dass sie nicht aus ihren Fehlern gelernt hätten. So wurde Drehbuchautor Michael France (The Punisher) durch John Turman ersetzt, der bei Ang Lees Hulk zumindest bereits einmal bewiesen hat, dass sich Comic-Adaptionen und Dialoge nicht zwangsläufig ausschließen. Gemeinsam mit Co-Autor Mark Frost wurde bei der Entwicklung des Drehbuchs vor allem am Rotstift nicht gespart. Die Sachen, die man ohnehin nicht beherrscht (bzw. die der Stoff auch nicht hergibt), wurden konsequent außen vor gelassen. Herausgekommen ist dabei ein Film, der mit 92 Minuten noch einmal eine Viertelstunde kürzer ausfällt als der Vorgänger. Im Mittelpunkt stehen dabei Witz und Action. So weit, so gut.
Auch die Entscheidung, mit Chris Evans (Final Call, Sunshine) den einzigen Darsteller mit Star-Potenzial (seien wir ehrlich: Jessica Alba sieht zwar gut aus, ist aber definitiv keine gute Schauspielerin) weiter in den Fokus der Geschichte zu rücken, ist mit Sicherheit keine falsche Entscheidung gewesen. Das bedeutet indes nicht, dass es ihm gelingt, seinem Charakter mehr Tiefe zu verleihen. Er hat einfach nur mehr Leinwandzeit, was immerhin für den einen oder anderen zusätzlichen Gag gut ist. Problematisch ist indes, dass Turman und Frost auf ihrer Jagd nach dem nächsten Witz vor nichts zurück schrecken und dabei das eine oder andere Mal weit über das Ziel hinaus schießen. Die Pickel-Behandlung von Susan Storm oder der Disco-Tanz von Reed Richards stehen exemplarisch für den verzweifelten Versuch witzig zu sein, was letztlich aber vor allem hochgradig albern und peinlich ist.
So richtig ärgerlich ist jedoch, dass die mit Abstand beste Szene des gesamten Films bereits im Trailer nahezu komplett verbraten wurde. Die Verfolgungsjagd zwischen Johnny Storm und dem Silver Surfer (der übrigens mit seinem silbernen, reflektierenden Äußeren phasenweise beeindruckend aussieht) durch Hochhausschluchten, einen Tunnel und letztlich über offenes Gelände wurde von Regisseur Tim Story (Barber Shop, New York Taxi) richtig gut inszeniert. Wahrscheinlich ist dieser Trailer auch der Grund dafür, dass auch „Fantastic Four - Rise Of The Silver Surfer“ kommerziell durchaus als Erfolg bezeichnet werden kann. Ohne Frage: Diese Verfolgungsjagd machte Lust auf mehr. Die Produktionskosten des Films in Höhe von 130 Millionen Dollar wurden allein in den USA komplett eingespielt, was jetzt noch folgt, ist Dreingabe. Doch so gut diese Verfolgungsjagd auch inszeniert wurde, so ist sie dennoch der einzige echte Ausreißer nach oben. Ansonsten ist die Inszenierung beliebig austauschbar und ohne bleibenden Wert. Aber immerhin hat auch Story eine gewisse Entwicklungsfähigkeit bewiesen.
Kommen wir abschließend noch kurz zu Galactus. Und hier sollten sich die Comic-Fans jetzt besser irgend woran festhalten. Dieses kosmische, Planeten verschlingende Wesen, das dem Silver Surfer befehligt und ihm seine Macht verlieh, wird in „Fantastic Four - Rise Of The Silver Surfer“ dargestellt als… (hier jetzt bitte einen Trommelwirbel vorstellen)… Wolke! Jawohl, eine große, lilafarbene, böse Wolke. In Zeiten, in denen Bryan Singer nach der Veröffentlichung von X-Men Morddrohungen erhielt, weil sich die Kostüme nicht an die Comic-Vorlage hielten, ist zu befürchten, dass sich Tim Story nach den ersten Vorführungen des Films wohl eher nicht aus dem Haus getraut hat. Aber dies ist nur eine (nicht ganz ernst zu nehmenden) Vermutung.
Fazit: War „Fantastic Four - Rise Of The Silver Surfer“ wirklich nötig? Nein, sicherlich nicht. Ist der Film besser, als sein Vorgänger? Ja, ganz ohne Frage. Ist der Film auch wirklich gut? Nein, er ist eben nur in allen Belangen höchst mittelmäßig. Und damit ist eigentlich alles gesagt, was es zu sagen gilt.