„Das Euter muss gemolken werden, solange es Milch gibt" – das wissen nicht nur Landwirte, das wussten auch die Köpfe von New Line Cinema Mitte der Achtziger. Nachdem das kleine Studio mit Wes Cravens „Nightmare – Mörderische Träume" einen Kassenerfolg gelandet hatte, lagen Fortsetzungen auf der Hand. Von Jack Sholders Sequel „Nightmare 2 – Die Rache" war Craven zwar so enttäuscht, dass auf seine Mitarbeit als Regisseur beim dritten Anlauf nicht mehr spekuliert werden konnte. Immerhin aber steuerte er zumindest einen Drehbuchentwurf bei, der das Franchise wieder auf Linie brachte. Nachdem der erste Teil originäres Horror-Autoren-Kino und die „Nightmare 2" ein reichlich schräges Tohuwabohu war, findet die Serie in Chuck Russells „Nightmare 3 – Freddy Krueger lebt" sowohl inhaltlich wie auch inszenatorisch zu einer neuen Identität, weg von der konzentrierten Horror-Stimmung des Debüts und dem psychosexuell aufgeladenen Adoleszensdrama des zweiten Teils hin zu einer knallbunten, humorvollen und gestalterisch geradezu überschwänglichen Fantasy-Horror-Achterbahnfahrt.
Nancy Thompson (Heather Langenkamp), der es einst gelang, den verbrannten Wüterich Freddy Krueger (Robert Englund) zumindest vorläufig zu besiegen, kehrt in ihre Heimatstadt Springwood zurück, um eine Stelle als Psychologin in einer Anstalt für verhaltensgestörte Jugendliche anzunehmen. Als sie jedoch herausfindet, dass sämtliche der Insassen vom gleichen Mann mit einem klingenbesetzten Handschuh träumen, riecht sie den Braten sofort. Ein Glück, dass sich unter den Patienten der Anstalt auch die übersinnlich begabte Kristen (Patricia Arquette) befindet, die über die Fähigkeit verfügt, Träume zu bündeln und andere Träumer in ihre Träume zu transportieren. Zusammen mit Kristen, ihrem desillusionierten Vater Donald (John Saxon) und dem Psychologen Dr. Gordon (Craig Wasson) versucht Nancy, den Schandtaten Kruegers ein für allemal ein Ende zu machen. Unerwartete Schützenhilfe erhält sie dabei von Kruegers Mutter, der Nonne Amanda (Nan Martin), die ein schreckliches Geheimnis über Freddies Herkunft lüftet...
„Nightmare 3 – Freddy lebt", im Original etwas geschmackssicherer als „Dream Warriors" betitelt, ist ein echter Fortsetzungskraftakt und darf mit seinem hohen Erzähltempo, seiner thematischen Verdichtung und seinem Spaßfaktor nach dem Original als bester Serienteil gelten. Wenn ein Film schon primär aus kaltem Studiokalkül heraus in Produktion gegeben wird, dann soll er bitte auch so aufregend sein, wie es Chuck Russell hier vormacht. In „Nightmare 3" wird nicht nur Cravens Film unmittelbar fortgeführt, indem Heather Langenkamp als Nancy und John Saxon als ihren Vater Donald zurückgebeten wurden. Die Protagonisten bekommen sogar im Kontext des Stoffes so glaubwürdige wie bewegende Entwicklungen und Motivationen zugestanden. Zudem wird auch Freddy selbst eine wunderbar überdreht-geschmacklose Hintergrundgeschichte zugeschrieben, die gut zum Horror-Pulp-Konzept des Films passt.
Auch die Nebenfiguren sind für Genre-Sequel-Verhältnisse erstaunlich überzeugend gespielt. Die blutjunge Patricia Arquette macht in ihrer ersten größeren Rolle eine sehr gute Figur und auch Laurence „Morpheus" Fishbourne und Craig „Body Double" Wasson bekommen spaßige Auftritte spendiert. Die Anstaltsinsassen halten dabei zwar bloß als Kanonenfutter her. Mit ihren schlichten Charaktereigenschaften wird dabei aber immer auch auf ihr jeweiliges Ableben angespielt: Die Fernsehsüchtige Jennifer (Penelope Sudrow) etwa wird mit dem Schädel voran in ein TV-Gerät gepresst. So sieht eine stringente und konzentrierte Genre-Erzählstruktur aus! Das Ensemble ist zwar auffällig groß. Doch Russell, der ein Jahr später mit dem Remake von „Der Blob" einen weiteren Klassiker des wilden 80s-Horrors abliefern sollte, tut sein bestes, das Tempo hoch und das Publikum bei der Stange zu halten.
Vor allem gelingt ihm das mit irren Traumsequenzen und „Creative Killings", die hier endgültig zum Markenzeichen der Serie werden und den Ton für weitere Fortsetzungen angeben. Schon eine frühe Szene, in der Freddy eines seiner Opfer an den Sehnen spazieren führt und vom Dach der Anstalt stürzen lässt, ist so ekelhaft wie spannend – und eben auch auf eine sehr schwarze Art komisch. Dabei geht Russell stets so drastisch wie angemessen vor und watet dabei doch nie durch reine Gore-Exzesse. Stets ist er darauf bedacht, den Auftritten seines Schurken eine unverwechselbare, fantastische Note zu verleihen. Englund steht ihm dabei Kraft seines harlekinhaften Charismas zur Seite und macht seinen Freddy hier endgültig zum Slasher-Kultstar. Regisseur, Autor und Darsteller ziehen hier alle an einem Strang – so glückt auch der Drahtseilakt, die Dunkelheit und Abgründigkeit des Originals zu wahren und gleichzeitig fantasievoll und locker bis humorvoll ans Werk zu gehen. Ein kleines Kunststück!
Fazit: Dicht inszeniert, spannend, bildgewaltig und mit einem rabenschwarzen Humor versehen, ist „Nightmare 3 – Freddy Krueger lebt" die beste Fortsetzung der Reihe und ein wunderbares Beispiel für das überdrehte, kunterbunte Horror-Kino der 80er Jahre.