Also ich denke, man muss bei diesem Film ganz klar zwischen handwerklicher Umsetzung und der persönlichen Erwartungshaltung unterscheiden.
Meiner Meinung nach ist dies einer der besten Filme, die ich bisher gesehen habe, obwohl ich wirklich schon einige hervorragende Filme gesehen habe. Es ist nur eben kein fröhliches Fantasy-Abenteuer, wie es von der Produktionsfirma dargestellt wurde. Man darf aber nicht vernachlässigen, dass sich sowohl der Regisseur als auch die Autorin des zu Grunde liegenden Werkes davon deutlich distanziert haben. Zur Altersfreigabe lässt sich dann noch anmerken, dass die Handlung zu keiner Zeit brutal oder unzumutbar für Kinder ist und damit die Altersfreigabe absolut gerechtfertigt ist. Ein Film über die politische Entwicklung in Tibet in den letzten hundert Jahren wäre für Kinder schließlich wirklich nicht geeignet und wahrscheinlich nicht minder tragisch, würde aber trotzdem nicht zwangsläufig das Prädikat ab 12 bekommen. Letztendlich sollte man sich mit der Handlung eines Films beschäftigen, um am Ende nicht enttäuschte Kinder um sich zu haben (wobei die Vermarktung der Filmfirma sicherlich auch ihren Teil dazu beigetragen hat, dass es zu Enttäuschungen kommt). Meiner Meinung nach ist der Film aber trotzdem für Kinder geeignet, wenn die erwachsene Begleitperson vorbereitet ist und sich nach dem Film gemeinsam mit den Kindern mit der Handlung auseinandersetzt. Oft sind es eben die Erwachsenen, die ihren Kindern zu wenig zutrauen und sie deshalb von solchen tragischen Geschehen fernhalten, statt mit ihnen über sie zu sprechen und so ein Bewusstsein für den Umgang mit solchen Situationen zu schaffen.
Nun möchte ich nochmal auf den Film direkt eingehen und werde dabei auch auf die Handlung eingehen. Wer sich überraschen lassen will, der solle die Rezension erst nach dem Film weiter lesen.
Ich habe den Film ohne vorherige Erwartungen im Fernsehen gesehen und wurde wirklich überrascht. Ich habe selten einen Film gesehen, bei dem der Schicksalsschlag des Protagonisten mich mit so viel Wucht getroffen hat, wie es hier der Fall war. Man wähnt sich einige Zeit in einem Film, bei dem sich ein vorher etwas unglücklicher Junge eine tolle und glückliche Phantasiewelt aufbaut, bis diese von Jetzt auf Gleich zusammenzubrechen scheint. Dabei strahlen auch beide Jungdarsteller eine so enorme Präsenz und Persönlichkeit aus, dass man sich hervorragend in diese Welt hineinversetzen kann. Genau hier tut sich aber eben auch ein Problem auf. Grade dadurch, dass man auf einen derartigen Schock nicht vorbereitet ist, trifft er einen mit seiner vollen Härte. Dies ist natürlich eine goße Zwickmühle, wenn man einerseits diesen überraschenden Schock aufrechterhalten will, der Film aber dann als fröhliches Phantasieabenteuer rüberkommt.
Ich persönlich bin aber froh, diesen Film durch Zufall gesehen zu haben, da die Handlung die ganze Zeit über realistisch und einleuchtend, nie übertrieben oder kitschig rüberkommt. Ich hatte lange Zeit die Befürchtung, dass sich die Handlung nach typischer Form (strenger Vater erfährt von Seil, schneidet es ab, Kind will sich nicht unterkriegen lassen und am Ende wird alles gut usw.) entwickeln würde, doch es kam eben ganz anders. Auch die teilweise kritisierten christlichen Züge durch eine christliche Produktionsfirma konnte ich nicht erkennen. So wird Gott zwar kurz thematisiert, doch nicht auf der Bibel beharrt, sondern es wird durch die Protagonistin die dogmatische Haltung der Kinder in Frage gestellt und die Strenge der Religion ein wenig aufgehoben. Auch die familiären Züge sind sehr gefühlvoll eingefangen. Ich möchte nicht zu ganau auf sie eingehen, aber die Probleme der Familien werden sehr schön behandelt, sowohl zwischen den Kindern und ihren Eltern, als auch die zwichen der kleinen Schwester und dem Protagonisten. Wie die Eltern des Mädchens sich dach dessen Tod verhalten haben hat mich auch sehr überzeugt. So wurde der Schmerz des Jungen auch nicht über den Schmerz der Eltern gestellt, was sich in der Szene des Umzugs und dem Gespräch über den Hund sehr schön zeigt. Ich könnte noch einiges Aufzählen, was mir sehr gut gefallen hat, aber ich möchte jetzt nur noch kurz zu den Phantasieeinlagen etwas schreiben. Sie wurden sehr schön dezent eingesetzt und die Welt bis zur Schlusssequenz nur schemenhaft bildlich dargestellt. So bleibt die Phantasiewelt der Kinder den ganzen Film über wirklich nur eine Phantasiewelt und wird niemals als "real" dargestellt.
Mein Fazit:
Der Film ist für einen fröhlichen Familiennachmittag kaum geeignet, trotzdem aber durchaus auch für Kinder geeignet und so oder so ein Muss für jeden Filmliebhaber.
PS: Ich habe bereits Speicherplatz für eine Aufnahme reserviert und warte nur auf eine erneute Ausstrahlung! ;-)