Nothing’s free in this world! In vielen Filmen über Freiheit, Selbstbewusstsein und die Freude am Leben schwingt immer auch ein ganzes Stück Anarchie mit. Paradebeispiele in dieser Hinsicht sind sicherlich die beiden Meisterwerke Einer flog über´s Kuckucksnest sowie Harold And Maude. Das Ganze auf die Spitze treibt aber ein jüngerer südkoreanischer Film. „Juyuso Seubgyuksageun“, internationaler Titel „Attack The Gas Station“, 1999 von Kim Sang-Jin gedreht, ist dabei leider bisher recht unbekannt, obwohl ihn Steven Jay Schneider und sein Autorenteam mit einer Aufnahme in die 1. Auflage ihres Buches „1001 Filme - Die besten Filme aller Zeiten“ geadelt haben.
Die Geschichte des Films ist dabei eigentlich denkbar einfach. Vier Punks (Lee Seong-jae, Yu Oh-seong, Kang Seong-jin,Yu Ji-tae), Anfang Zwanzig, überfallen eine Tankstelle, demolieren die Einrichtung und stehlen das Geld. Am Abend darauf ist ihnen langweilig und sie beschließen die Tankstelle erneut zu überfallen. Doch der Besitzer (Park Young-kyoo) hat wohlweislich ein Großteil der Einnahmen des Tages versteckt, so dass die Ausbeute für die vier jungen Rebellen diesmal mager ausfällt. So entschließen sie sich zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Der Besitzer und die drei bei ihm angestellten Schüler werden eingesperrt und die Punks übernehmen die Tankstelle um nun Geld zu verdienen.
Da sie nicht die Intelligentesten sind und vom Führen einer Tankstelle auch nicht unbedingt Ahnung haben, läuft dabei nicht alles rund. Einige der Kunden lassen sich aufgrund der Inkompetenz der Aushilfstankwarte zu Beleidigungen hinreißen, was diese nicht gerne sehen und deshalb den ein oder anderen einfach da behalten. Schnell vermehrt sich so die Zahl der Geiseln. Nebenbei impfen die vier Punks den jungen Angestellten der Tankstelle neues Selbstbewusstsein ein und helfen einem von ihnen sich gegen die Gang aus seiner Schule zu verteidigen, die ihn immer erpresst hat. Auch die korrupten Polizisten bekommen die neue Führung der Tankstelle zu spüren, wird ihnen doch nachdrücklich deutlich gemacht, dass umsonst tanken nun nicht mehr ist. Auch für die Bewältigung der eigenen Probleme, deren Wurzeln in der Jugendzeit liegen, bleibt genug Zeit.
All dies führt aber dazu, dass nicht nur die Zahl der Geiseln immer mehr ansteigt, sondern dass bald ganz verschiedene Gruppierungen sich genötigt sehen, gegen die vier Jungs von der Tankstelle vorzugehen...
Ausgehend von diesem doch recht simplen Plot präsentiert Regisseur Kim Sang-Jin in „Attack The Gas Station“ eine turbulente und schräge Komödie, die ihresgleichen sucht. Die vier im Mittelpunkt des Films stehenden Punks haben eigentlich nur Langeweile, überfallen deswegen die Tankstelle und auch nur die Langeweile treibt sie dazu, dort schließlich zu arbeiten. Ein paar Mäuse wollen sie dabei verdienen und dann wieder abhauen. Doch ihre Handlungen und die Probleme, mit denen sie konfrontiert werden, zwingen sie immer weiter an der Tankstelle zu bleiben. Mit fast jeder Handlung verstricken sie sich mehr in die Geschehnisse um die Tankstelle, so dass sich auch der von Kim Sang-Jin inszenierte Irrsinn in unmögliche Höhen schaukelt, was schließlich in einem absolut grandiosen Finale mündet.
„Attack The Gas Station“ ist sicherlich ein Film, der in erster Linie auf die Unterhaltung des Publikums abzielt. Die ständigen Humoreinlagen, oft auch recht klamaukig und mit Slapstickelementen versehen, die schrillen Charaktere, die teilweise unkonventionellen Kamerafahrten, der rockige Soundtrack, all das führt dazu, dass man einen Fun-Film sieht, der auch wunderbar das erreicht, worauf er abzielt: Der Zuschauer hat grenzenlosen Spaß. „Attack The Gas Station“ ist bunt, schrill, knallig und vor allem laut. Doch hinter diesem bunten, unterhaltenden Bonbon versteckt sich auch noch etwas mehr. Regisseur Kim Sang-Jin spricht im Subtext die Probleme seines Landes an. Korruption und Hilflosigkeit bei den Behörden, Oberflächlichkeit und Perspektivlosigkeit von Jugendlichen, Gewalt an Schulen etc. Diese Themen stehen sicherlich nicht im Vordergrund, werden aber immer wieder eingestreut und trotz der oftmaligen Steigerung ins Groteske, kritisch kommentiert.
Das macht „Attack The Gas Station“ zu einem sehenswerten Film, der sowohl als Party-Film mit einer größeren Gruppe taugt, aber auch dem Fan von anspruchsvoller Filmkost munden könnte. Als dieser darf man den Film nur einfach nicht als zu schrill und zu laut abqualifizieren, sondern muss sich auch auf die Zwischentöne einlassen. In allererste Linie will „Attack The Gas Station“ aber unterhalten und das gelingt dem Film.