Das filmische Schaffen von Independent- und TV-Regisseurin Nicole Holofcener kreist stetig um ein und dieselben Themen: Freundschaften zwischen Frauen und was diese belasten kann. So musste in ihrem Debüt „Walking And Talking“ (1996) die Beziehung zweier lebenslanger Freundinnen eine harte Belastungsprobe überstehen, als eine von ihnen ihre baldige Heirat ankündigt. Und in der Komödie „Lovely And Amazing“ kämpften drei Frauen mit ihrer fast an Besessenheit grenzenden Fixierung auf das eigene Erscheinungsbild. Abgerundet wird Holofceners Filmographie durch die Inszenierung mehrerer Episoden genau der Fernsehserie, die am besten zu ihrer sonstigen Arbeit zu passen scheint: „Sex And The City“. Die Wahl des Themas für ihr neuestes Kinoprojekt, die Ensemble-Komödie „Friends With Money“, mag da nicht wirklich überraschen – es geht um eine Gruppe von Freundinnen in Los Angeles und wie sich das Haben bzw. Nichthaben von Geld auf ihre Beziehungen zueinander auswirkt. Wirklich überraschend hingegen ist, mit welch scharfem Blick und dezenter Ironie Holofcener aus diesem Ansatz, der eher an eine sterile Versuchsanordnung denn eine spannende Filmidee erinnert, ein wirklich unterhaltsames Stück Kino hervorzaubert.
Das Leben von Olivia (Jennifer Aniston) läuft nicht gerade nach Plan: Mit Ende Dreißig hat sie noch nicht einmal einen festen Freund und ihren Job als Lehrerin hat sie auch gerade aufgegeben, um sich stattdessen als Putzfrau irgendwie durchzuschlagen. Ihre Freundinnen Jane (Frances McDormand), Christine (Catherine Keener) und Franny (Joan Cusack) haben hingegen zwar alle haufenweise Geld und sind verheiratet, aber deshalb noch lange nicht glücklich. Christine und ihr Mann David (Jason Isaacs) versuchen vor ihrer Ehekrise in ein abstruses Anbauprojekt zu flüchten, dabei ist eigentlich schon jede Hoffnung verloren. Jane ist sauer auf alles und jeden, während ihr Mann Aaron (Simon McBurney) immer gut gelaunt am liebsten die ganze Welt umarmen würde. Und selbst bei Franny und ihrem Liebling Matt (Greg Germann), die nicht nur verheiratet sind, sondern auch noch richtig guten Sex haben, schleichen sich die ersten kleinen Probleme in den Alltag ein…
Das wahre Prunkstück neben der natürlich erstklassigen Besetzung ist Holofcener mit der geschickten Anlage ihrer Charaktere gelungen. Natürlich steht auch in „Friends With Money“ wie bei so vielen Ensemblefilmen jeder Protagonist für eine bestimmte Facette des Themas, sie werden jedoch nicht auf diese eine Funktion reduziert. So hat der Zuschauer nie das Gefühl, jede Figur habe nur den einen bestimmten Zweck, sondern sieht sich auf der Leinwand vielmehr mit interessanten, vielschichtigen und abwechslungsreichen Menschen konfrontiert. Es war aber auch sicher nicht Holofceners Absicht, ein bierernstes, möglichst real anmutendes Drama, sondern eine vor allem unterhaltsame Komödie zu inszenieren. So sind natürlich alle Charaktere leicht überzeichnet, ohne dabei jedoch zu einfachen Karikaturen zu verkommen. Nur bei der Figur des Fitnesstrainers Mike (Scott Caan, Into The Blue) ist Holofcener über das Ziel hinausgeschossen – dieser wird nämlich so überhöht als gewissenloses Arschloch hingestellt, dass er nur noch als hohle Packung für ein paar billige – wenn auch zum Teil recht lustige – Gags herhalten muss.
Wenn die Freundinnen bei einer Fundraiser-Gala über den Zweck der Spenden diskutieren und dabei zu dem Ergebnis kommen, dass es um eine Krankheit geht, die zwar keiner von ihnen hat, die aber ganz doll schrecklich ist, sind dies die entlarvensten Momente des Films. Aber es geht hier trotzdem nie darum, die Figur fertig zu machen – statt bitterböser Upper-Class-Satire ist vielmehr dezente Ironie an der Tagesordnung. Holofcener findet genau den einen Mittelweg, der nie soweit geht, als dass es wirklich wehtun würde, aber weit genug, um den Film über das Niveau einer rein oberflächlichen Unterhaltung hinauszuheben. Insgesamt geht „Friends With Money“ mit seinen Protagonisten trotz aller Enthüllungen so feinfühlig um, dass der Zuschauer sie dennoch in sein Herz schließen und einen ausgesprochen unterhaltsamen Kinoabend mit ihnen verleben kann.
Aus dem Frauenquartett will einfach keine der Darstellerinnen so wirklich herausstechen – vielmehr spielen alle vier auf einem gleich bleibend hohem Niveau. Jennifer Aniston (Wo die Liebe hinfällt, ...und dann kam Polly) gibt die Enddreißigerin mit Sinnkrise und Dildoverfehlungen genauso glaubhaft wie charmant und verzichtet dabei fast vollständig auf ihre sonst omnipräsente – und mittlerweile auch schon etwas ausgelutschte – hysterische Ader. Frances McDormand (Fargo, Kaltes Land) hat genug Mut und Erfahrung, als dass es ihr noch etwas ausmachen würde, auf der Leinwand hin und wieder mal so einen richtig peinlichen Ausraster hinzulegen und so als pessimistische Figur des Films rüberzukommen. Catherine Keener (Jungfrau (40), männlich, sucht..., Being John Malkovich) beweist als zurückhaltende Christine wieder einmal, dass sie nur weniger kleiner Gesten bedarf, um ihre enorme Leinwandpräsenz voll auszuspielen. Und Joan Cusack (High Fidelity, School Of Rock) verpasst Franny, die eigentlich nur eine ganz normale Ehefrau mit einem Haufen Schotter ist, wie fast all ihren Figuren mal wieder einen interessanten egozentrischen Touch.
Was die Inszenierung angeht, hält sich Holofcener komplett zurück und stellt sich voll und ganz in den Dienst ihrer Figuren und deren Geschichten. Ohne irgendwelche Spielereien filmt sie das Geschehen einfach nur grundsolide ab, was aber gerade in diesem Genre keinen wirklichen negativen Kritikpunkt darstellt. Und langweilig wird einem eh nicht, dafür wechselt der Film einfach auch viel zu schnell zwischen den einzelnen Handlungssträngen hin und her, lässt eine herkömmliche Komödiendramaturgie sowieso vermissen. Vielmehr macht es gerade einen Teil der Qualität von „Friends With Money“ aus, dass er im Endeffekt, auch wenn es im Verlauf mal die eine oder andere Entwicklung gibt, nur einen Ausschnitt – ohne klar definierten Anfang oder abschließendes Ende - aus dem Leben der Frauen zeigt, wodurch er sich noch einmal deutlich von der Dutzendware der Konkurrenz positiv abheben kann.