Die Pixel-Schmiede Pixar steht nicht nur für großen Erfolg an der Kinokasse, sondern auch für höchste Qualität. Die Animations-Gurus sind das Maß der Dinge in der Branche. Das hat sich natürlich auch beim fünften abendfüllenden Kinostreich nicht geändert. Das CGI-Unterwasser-Abenteuer „Findet Nemo“ besticht durch optische Brillanz, eine warmherzige, pfiffige Geschichte und witzige Charaktere.
Das Fischleben könnte so schön sein, doch ein Schicksalsschlag macht dem Clownsfisch Marlin schwer zu schaffen. Bei einem Angriff im Great Barrier Reef in Australien wird seine Frau Coral samt 400-fachem Nachwuchs gefressen. Fast wäre seine gesamte Familie ausgelöscht worden. Aber ein Ei fiel dem Barracuda nicht zum Opfer. Der kleine Nemo hat überlebt und wächst fortan unter den Argusaugen des überängstlichen Fischvaters auf. Nemo ist wesentlich unbekümmerter und ungestümer. Genau das führt in die Katastrophe. Schon am ersten Schultag gerät Nemo durch seinen Übermut in das Netz eines Tauchers. Er wird verschleppt und taucht später in einem Aquarium in einer Zahnarztpraxis in Sydney wieder auf. Dort freundet er sich schnell mit seinen „Mitgefangenen“ an - erste Ausbruchspläne werden geschmiedet. Außer sich vor Sorge wächst Clownsfisch Marlin über sich hinaus und macht sich quer durch den Ozean auf die Suche nach dem verlorenen Sohn. Immer an seiner Seite: die an Kurzzeitgedächtnisverlust („Memento" lässt grüßen) leidende Dory. Bevor sie auch nur in die Nähe von Nemo gelangen, haben sie eine Menge Abenteuer mit Haien, hochgiftigen Quallen und relaxten Schildkröten zu überstehen.
Die Erfolgsgeschichte des Animationsstudios Pixar ist einzigartig. In Zeiten schrumpfender Gewinne im Zeichentricksektor fährt Pixar für Disney regelmäßig Mega-Blockbuster ein. In Zahlen: „Toy Story 1 + 2“ (US-Einspiel: 192/242 Mio Dollar, 2,62/2,85 Mio Besucher in Deutschland), „Das große Krabbeln“(163 Mio Dollar, 3,59 Mio Besucher), („Die Monster AG" (256 Mio Dollar, 3,32 Mio Besucher). Der neueste Output, „Finding Nemo“, mit 94 Millionen Dollar Produktionskosten nicht gerade billig, knüpft nahtlos an die Erfolge an. Das US-Einspiel von 340 Mio Dollar macht „Finding Nemo“ zum erfolgreichsten Animationsfilm von Pixar (und allgemein). Das hat auch Gründe. Technisch ist der Film der Standard des zurzeit Machbaren, er begeistert durch perfekte Animationen und fantastische Farben.
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Das ist allerdings nur ein Bestandteil des Erfolgsrezepts. Regisseur Andrew Stanton, der auch am Drehbuch mitschrieb, legte großen Wert auf eine pfiffige Geschichte mit durch und durch sympathischen Charakteren. „Bambi“ meets „Arielle – Die Meerjungfrau“ könnte man meinen. „Finding Nemo“ ist zwar ähnlich niedlich wie Arielle, aber weitaus frecher als das Zeichentrick-Pendent. Zudem freuen sich die erwachsenen Besucher, dass bei Nemo keine Songs geschmettert werden. Der Film sprüht nur so vor Wortwitz. Besonders Albert Brooks und Ellen DeGeneres überzeugen im Original als Marlin und Dory. Wenn zum Beispiel die Haie sich dem Motto „Fish are friends not food“ verschrieben haben, ist das schon sehr amüsant, allerdings vergessen sie dies sehr schnell, wenn auch nur ein Tropfen Blut ins Spiel kommt. Das Abenteuer mit den giftigen Quallen, denen Marlin im Zickzack ausweichen muss, erinnert ein bisschen an „Das Imperium schlägt zurück“ als „der rasende Falke“ das Meteoritenfeld durchquerte. Für die Schildkröten ist er danach der Jellyman – und ein Held obendrein. Das Treiben an der anderen Seite der Front ist ebenfalls witzig geraten. Bei dem Versuch, aus dem Aquarium zu entkommen, ist Ideenreichtum gefragt.
Inhaltlich Neues bietet auch „Finding Nemo“ nicht. Die Geschichte setzt sich aus bekannten Versatzstücken des Genres zusammen. Und dass Vater und Sohn wieder zusammenfinden, steht von Anfang an außer Frage. Die Tatsache, dass die Menschen in einem CGI-Film immer noch ziemlich missraten aussehen, konnte auch bei „Finding Nemo“ nicht behoben werden. Ein paar mehr oder weniger versteckte Zitate sorgen dafür, dass nicht nur die kleinen Zuschauer voll auf ihre Kosten kommen. Beispiele: Neben der „Bambi“-Eröffnung fällt zunächst die „Vögel“-Reminizenz auf, weitere Anleihen gibt es bei „Gesprengte Ketten“. Und wie heißt einer der Haie? Richtig: Bruce (wie in „Der weiße Hai“).
Dank der nahezu perfekten technischen Umsetzung, dem Einfallsreichtum der Macher und den sympathischen Figuren überzeugt „Finding Nemo“ Groß und Klein gleichermaßen. Einem kommerziellen Mega-Hit steht auch in Deutschland nichts entgegen. Link-Tipp: CD-Kritik: Soundtrack - "Finding Nemo"