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    Terminator
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Terminator
    Von Ulrich Behrens

    Wie neu geboren fallen zwei Gestalten vom Himmel, nackt, wie Gott sie erschaffen hat, wie man so hübsch sagt. Der eine beinahe in Embryonalhaltung, der andere gekrümmt vor Schmerz von der Reise durch die Zeit. Sie fallen in eine hässliche, schmutzige Gegend, in das Dunkel der Armut einer Welt, die etwas auf sich hält. Als wenn Gott und der Teufel ihre Abgesandten mit dem Ziel geschickt hätten, um den unschuldigen Erdenmenschen zu kämpfen – um die ahnungslose und unschuldige Sarah Connor (Linda Hamilton), die ihrem Job als Bedienung nachgeht.

    Schonungslose Gewalt, intelligentes Geschick, nackter Existenzkampf – in diesem magischen Dreieck kämpfen die clevere Maschine Terminator (Arnold Schwarzenegger) und der gute Kyle Reese (Michael Biehn) um Leben und Tod einer Frau, in deren Leben sich das Schicksal der Welt verbirgt. Aber Gewalt ist nur vordergründig das Beherrschende dieses zum Klassiker gewordenen Films.

    Das Schicksal, das hat James Cameron in diesem Film zwischen Sciencefiction, Actiondrama und christlich-abendländischer Mythologie verdeutlicht, ist ein vertracktes Ding. „The Terminator” reproduziert ein Paradoxon, das in der europäischen, christlich geprägten Tradition längst zu einem lebendigen und gelebten Widerspruch geraten und in „the land of the free” geradezu zum Bestandteil des eigenen Gründungsmythos geworden ist – sogar abseits jeglicher christlichen Verankerung: das Spannungsverhältnis zwischen „freiem Willen” und „teleologischer Bestimmung”. Der Begriff Teleologie bezeichnet den Glauben an einen Endzweck, der allen Dingen und auch dem menschlichen Dasein inhärent sei. Mit freiem Willen bezeichnet man die letztendliche Verfügungsgewalt des einzelnen über sein eigenes Dasein. Sind wir nun zweckbestimmt oder frei in unseren Entscheidungen? Das Christentum antwortet: Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, aber er greift nicht in die Freiheit des Menschen ein, sein Schicksal selbst zu bestimmen.

    Die Auflösung dieses Widerspruchs liegt in der christlichen Heilslehre. Am Tag des jüngsten Gerichts wird geurteilt.

    „The Terminator” liegt (auch) in diesem „Trend”. Da steigen ein Mensch und eine clevere Maschine aus der Zukunft des Jahres 2029 in die Gegenwart des Jahres 1984, um einer Frau nachzujagen, die die Mutter eines Mannes sein wird / ist / war, der die Menschheit des Jahres 2029 vor der Herrschaft der Maschinen, der Cyborgs (cybernetic organism), retten will und kann. Nach einem Atomkrieg hatten die wenigen Überlebenden selbst diese Maschinen, Abwehrnetzcomputer, gebaut, die langsam, aber sicher ein Eigenleben entwickelten und daran gingen, sämtliche Menschen zu eliminieren.

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    Der Terminator steigt in die Vergangenheit, um die Mutter John Connors, Sarah, zu töten, damit dieser nicht geboren wird und der Herrschaft der Cyborgs in der Zukunft nichts im Wege steht. Der Mensch, Kyle Reese, will das verhindern. Nachdem der Terminator von drei Frauen mit dem Namen Sarah Connor zwei getötet hat, werden die örtlichen Polizisten Traxler und Vukovich auf die Merkwürdigkeit der Namensgleichheit beider Opfer, die ansonsten nichts miteinander zu tun haben, aufmerksam. Die dritte Sarah Connor bekommt es mit der Angst, als sie darüber im Fernsehen erfährt, flüchtet in eine Diskothek, in der sie Reese im letzten Moment vor der Tötung durch den Terminator retten kann. Es beginnt eine waghalsige und gefährliche Flucht.

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    Nach der Verhaftung von Reese, dem die Polizei natürlich seine Geschichte nicht abnimmt, greift der Terminator das Polizeirevier an; Sarah und Reese können entkommen. Entgehen können Sie dem Terminator nicht. Es gibt nur eine Chance: ihn zu vernichten.

    Der Clou der Geschichte besteht darin, dass Reese und Sarah – sozusagen aus der Not heraus – sich ineinander verlieben (eine in keiner Weise rührselige Liebesgeschichte) und Reese der Vater von Sarahs Sohn, John Connor wird. Dieser „Zirkel” ist der Grund für die Analogie dieser Geschichte zum Paradoxon der abendländischen christlichen Mythologie und Heilslehre. Denn wenn der Terminator Sarah töten würde, bekäme sie kein Kind von Reese, John Connor hätte die Menschen des Jahres 2029 nicht gerettet und der Terminator wäre nie in das Jahr 1984 geschickt worden. Da beides jedoch geschah, ergibt sich die logische Schlussfolgerung, dass das Schicksal des Terminators von Anfang an besiegelt ist: seine Vernichtung. In diesem Zirkel erkennt man leicht das Paradoxon von Determination und freiem Willen. Es ist bestimmt, dass der Terminator vernichtet wird und Sarah den Retter der später lebenden Menschen auf die Welt bringt. Zugleich aber muss sich sie entscheiden, entweder aufzugeben oder den Kampf gegen den Cyborg aufzunehmen.

    Cameron, bekannt durch Filme wie „Dark Angel” (TV 2000), „Titanic” (1997), vor allem aber „True Lies” (1994) und „Aliens” (1986), drehte – einmal abgesehen von einem für die damalige Zeit anständigen Action-Aufwand – „The Terminator” fast spartanisch zurückhaltend und konzentrierte sich auf die Auseinandersetzung zwischen dem Terminator sowie Sarah und Reese. Sieht man den Film zum ersten Mal, muss man Cameron zugestehen, vom Anfang bis zum Ende die Spannung aufrechterhalten zu können. Schwarzenegger spielt hier eigentlich – und das ist nicht einmal negativ gemeint – das, was er kann: eine gefühllose, einzig seinem Auftrag verpflichtete Maschine, die durch entsprechende Programmierung in der Lage ist, flexibel und rasch zu handeln, eine Maschine, die in eine menschliche Hülle verpackt ist und sogar (kurzfristig) bluten kann. Michael Biehn als Kyle Reese fühlt sich ebenfalls seinem Auftrag verpflichtet, hat dem Cyborg gegenüber allerdings Intelligenz und Gefühl entgegenzusetzen, während Linda Hamiltons Sarah Connor sich vom Spielball unbekannter Mächte zur zielstrebig handelnden Frau entwickelt. Die Chemie zwischen Biehn und Hamilton stimmt fast perfekt, und beide Schauspieler überzeugen durch ihre intensive Einbindung in die Geschichte.

    Zu den Höhepunkten des Films gehören sicher das Eindringen des Terminators in die Polizeistation sowie der Showdown, in dem Schwarzenegger Pause machen konnte, weil nun der Terminator in seiner wahren Gestalt mit leuchtenden roten Augen einen letzten Versuch unternimmt, Sarah zu töten.

    Aber nicht allein das Paradox von Endzweck-Bestimmung und freiem Willen beherrscht diesen Film. Zugleich greift Cameron die aufgrund rapide wachsender wissenschaftlicher Entwicklungen zunehmenden Ängste vor einer Beherrschung der Menschheit durch nicht mehr durchschaubare respektive kontrollierbare Technologien auf.

    Wenn man von einer Botschaft des Films überhaupt sprechen wollte, so findet man sie vielleicht in der Figur der Sarah Connor. Sie wird von einer „einfachen” Bedienung zu einer Frau – unfreiwillig –, die eine fast unmenschliche Verantwortung übernimmt: ihren Sohn, dessen Zukunft sie kennt, auf die Welt zu bringen und vor möglichen weiteren Bedrohungen aus der Zukunft zu schützen. Dies korrespondiert weniger mit dem in den USA sehr weit verbreiteten und oftmals zum Klischee degradierten Ideologem des extremen Individualismus. Sarah Connor steht viel eher Pate für einen sich sozialer Verantwortung hingebenden Menschen, der die Risiken der Gegenwart wie der Zukunft ernst nimmt und praktische Konsequenzen daraus zieht und ziehen muss. Bevor Sarah in der letzten Szene an einer Tankstelle hält, eine Waffe auf dem Beifahrersitz, spricht sie auf ein Tonband und erzählt die Geschichte, die sie hinter sich hat – zugleich auch ihrem noch ungeborenen Sohn. Danach fährt sie in eine ungewisse, zugleich aber zweckbestimmte Zukunft.

    Dass der Film heute immer noch die Einstufung FSK 18 bzw. indiziert trägt (im Fernsehen ist nur eine geschnittene FSK-16-Fassung zu sehen), ist eine dieser unverständlichen Entscheidungen, denn Cameron setzt – im Gegensatz zu manchen qualitativ schlechten Nachfolgefilmen anderer – in „The Terminator” nicht auf Gewalt (trotz einiger in der ungeschnittenen Fassung zu sehender Szenen), sondern auf Erzählung. Und im übrigen sind die Maßstäbe in dieser Hinsicht, die vielleicht 1984 gegolten haben mögen, heute längst überholt – vor allem auch im Vergleich zu manchem, was sonst in Kino oder Fernsehen zu sehen ist.

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