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    Mission: Impossible III
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Mission: Impossible III
    Von Björn Helbig

    Nachdem der Zuschauer sechs Jahre warten musste, geht die „Mission: Impossible“-Reihe nun in die nächste Runde. Mit dem dritten Teil kündigt sich der erste große Actionkracher des Jahres 2006 an. Fans, denen noch der Schock über John Woos miserablen letzten Teil in den Knochen sitzt, blicken der Veröffentlichung mit gemischten Gefühlen entgegen. Wird die Reihe ihren Weg hin zur hirnlosen Actionfarce weiter beschreiten, oder wird man sich vielleicht wieder auf die Qualitäten des ersten von Brian de Palma verfilmten Teils aus dem Jahre 1996 zurück besinnen?

    Agent Ethan Hunt (Tom Cruise) hat mittlerweile der stressigen Feldarbeit für die IMF (Impossible Mission Force) eine Absage erteilt und ist nur noch in der Ausbildung neuer Agenten tätig. Zusammen mit seiner Freundin Julia (Michelle Monaghan) lebt er ein recht beschauliches Leben. Als er von seinem Vorgesetzten John Musgrave (Billy Crudup) erfährt, dass seine Schülerin Lindsey (Keri Russell) bei einem verdeckten Einsatz enttarnt wurde und nun gefangen gehalten wird, begibt sich Ethan mit seinem Team jedoch auf Rettungsmission – allerdings mit katastrophalem Ausgang. Als die IMFler weitere Nachforschungen anstellen, führen die Spuren zum Informations- und Waffenhändler Owen Davian (Philip Seymour Hoffman), der etwas ganz Großes zu planen scheint. Kurzerhand beschließt man Davian zu entführen. Damit schafft sich Ethan allerdings einen gnadenlosen Feind.

    Angesichts des Umsatzes, der sich mit „Mission: Impossible“-Filmen erwirtschaften lässt, ist es fast erstaunlich, dass das Produzententeam Cruise/Wagner so lange gewartet hat, um den dritten Teil der Reihe um den Superagenten Ethan Hunt ins Rennen zu schicken. Das lag mit Sicherheit aber auch an den Problemen, die es auf dem Weg zum fertigen Film zu bewältigen galt. Da wollte der zuerst eingeplante Regisseur David Fincher (Sieben, Fight Club) auf einmal nicht mehr mitmachen, und dann sprang auch noch sein Nachfolger Joe Carnahan (Narc) wegen künstlerischer Differenzen ab. Später musste das Drehbuch mehrmals umgeschrieben werden, weil die Produktion keine Genehmigung für Aufnahmen im Berliner Regierungsviertel bekam. Doch nun ist es so weit. Nachdem Mission: Impossible 2, wenn auch kommerziell erfolgreich, bei Kritikern und Publikum durchfiel, können sich zunächst einmal die Credits des neuen Teils durchaus sehen lassen: Cruise, Hoffman, Rhys Meyers, Fishburne, uvm. Interessant wird es aber auch hinter der Kamera – und dort vor allem auf dem Regiestuhl. Denn da sitzt der nach Carnahans Absprung verpflichtete Serienregisseur J. J. Abrams (Lost, „Alias“), der mit „Mission: Impossible 3“ sein Kinodebüt gibt. Also nicht gerade jemand mit viel Erfahrung, aber dafür jemand, der schon mehrmals bewiesen hat, dass er raffinierte Geschichten schreiben und aufs Zelluloid bannen kann. Die Eckdaten lassen einen auf jeden Fall mit einer gewissen Erwartungshaltung an das Produkt gehen.

    Nun, die Hoffnung, „Mission: Impossible 3“ würde sich auf die Qualitäten des ersten Teils besinnen, erweist sich allerdings schon nach einem Blick auf das Kinoplakat als recht haltlos. Der übergroße Tom Cruise in Actionpose weckt eher Assoziationen an den ungeliebten zweiten Teil, oder? Die traurige Nachricht: Ja, Teil drei ist eher wie Teil zwei. Auch im aktuellen Abenteuer dominieren bisweilen sinnlose Actionexzesse, denen sich die Handlung unterzuordnen hat. Aber so unpassend wie in John Woos Beitrag zur Reihe geht es dann hier zum Glück doch nicht zu. Das Geschehen in der aktuellen Mission ist zwar nicht minder explosiv, aber dafür viel weniger aufgesetzt-pathetisch. Der Regisseur und sein Actionchoreograph Vic Amstrong (Krieg der Welten, James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag) finden für ihr Werk eine wesentlich härtere und kompromisslosere Actionsprache. Die Zeitlupen vom Vorgänger sind vergessen. J. J. Abrams ist durchaus bereit, Tempo zuzulassen, was dem Film auch sehr zugute kommt. Für sich betrachtet, sind die Actionsequenzen stilvoll und gelungen, auch wenn den einen oder anderen Dan Mindels (Domino, Shanghai Noon) mitunter doch arg wackelige Kamera stören dürfte, die dem Zuschauer schon den Weg über die Straße als megaspannend verkaufen möchte.

    Aber es sind nicht nur die Actionsequenzen, die im Vergleich zum Vorgänger „härter“ sind. Der ganze Film – und darin ähnelt er dem gelungenen Mission: Impossible von Brian De Palma – kommt düster und bisweilen sogar verzweifelt rüber. Zwar wird Ethans Team diesmal nicht massakriert, aber dafür hat er selbst einiges durchzustehen. In seinen besten Momenten erinnert „Mission: Impossible 3“ ein wenig an die TV-Serie „24“. Wie Jack Bauer hat es auch Ethan Hunt nicht leicht beim Beschützen seiner Familie und auch in Sachen Todeserfahrungen haben beide, er und Jack, ähnliches erlebt. Der Ethan aus Teil eins war smart und clever, der aus Teil zwei ein Superheld. Im dritten Teil wird nun versucht, dem Protagonisten wieder ein Stück Menschlichkeit zurückzugeben: Man lässt ihn lieben, man lässt ihn leiden, er darf sich fürchten – und vor allem: er darf auch scheitern. In keinem der anderen Teile ist Ethan wohl so oft zu kurz gesprungen oder so oft niedergestreckt und überwältigt worden. Da kann man fast ein bisschen Mitleid haben. Diese Momente des Versagens, die dem Film bisweilen eine düstere Atmosphäre verschaffen, gehören jedenfalls zu den starken Seiten von „Mission: Impossible 3“. Auch schauspielerisch kann Tom Cruise (Minority Report, Collateral, Eine Frage der Ehre u.a.) die Verzweifelung seiner Figur recht gut ausfüllen, auch wenn seine Rolle ihm nicht viel Raum für seine zweifellos vorhandenen darstellerischen Fähigkeiten lässt. Die guten Ansätze verschwinden leider zu oft hinter einem Übermaß an Krawumm – und gerade dieses zu dicke Auftragen verhindert, dass man sich auf die im Film angelegte persönliche Ebene einlassen kann. „Von Anfang an waren Tom und ich uns einig, dass wir einen Film mit einer starken persönlichen und intimen Story machen wollten“, sagt Regisseur J. J. Abrams. Aber es wird schnell klar, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Für Intimität reicht keine Blitzhochzeit und anschließender Sex in der Besenkammer.

    Diese persönliche Ebene, von der „Mission: Impossible 3“ mehr haben möchte, als er wirklich hat, scheitert nicht nur an den alles verschlingenden Aktionsequenzen, sondern vor allem am mangelhaften, weil zu simplen Drehbuch. Sicher hat der Film mehr Story als der einfältige zweite Teil, aber andererseits nicht einmal halb so viel, wie der auch schon nicht übermäßig clevere erste Teil. Der Zuschauer wird hier schlicht und einfach unterfordert, da hilft auch der obligatorische Maulwurfsubplot nichts, den so ziemlich jeder vom ersten Moment an durchschauen dürfte. Das soll jetzt nicht heißen, dass es in „Mission: Impossible 3“ langweilig zugehen würde. Vor allem das chronologisch vorweg greifende Intro, bei dem der gefesselte Hunt mit ansehen muss, wie Gangstern Davian seine Frau Julia bedroht, schafft es durchaus für Spannung zu sorgen. Wie wird der Film dieses Dilemma auflösen? Ist der Film so konsequent, Julia sterben zu lassen? – Bedauerlicher Weise reicht dieser Spannungsbogen nicht über die gesamten 135 Minuten. Und wenn dann die Auflösung präsentiert wird, ist sie auch noch unbefriedigend. Es ist schade, dass bei allem zur Verfügung stehenden Geld, nicht ein bisschen mehr ins Drehbuch investiert wurde. Halten die Autoren Alex Kurtzman („Alias“, „Transformers: The Movie“) und Roberto Orci (Die Insel, Die Legende des Zorro) es wirklich für eine gute Geschichte, dass Hunts Frau entführt wird und er versuchen muss, sie zu retten? Schade, dass J. J. Abrams, der ebenfalls am Drehbuch mitgewirkt hat, nicht ein wenig der kreativen Energie locker machen konnte, die seiner Serie „Lost“ so zugute kommt. Denn die Schauspieler, die eine gute Geschichte mit Leben hätten füllen können, wären ja vorhanden gewesen. Doch mag Rhys Meyers (Match Point, Vanity Fair) auch noch so talentiert sein – das Drehbuch macht aus seinem Charakter, wie auch aus allen anderen, einen Jedermann. Selbst die Figur des Ethan Hunt hat eigentlich keine besonderen Eigenschaften, auch wenn er uns in diesem Teil noch nebenbei als grandioser Mathematiker vorgestellt wird. Diese Figur lebt allein durch die Bekanntheit von Tom Cruise. Der einzige, der in „Mission: Impossible 3“ trotz seiner wenigen Szenen das gewisse Etwas hat, ist Oscarpreisträger Philip Seymour Hoffman (Capote, Magnolia, Owning Mahowny). Zwar ist auch sein Filmschurke alles andere als komplex angelegt, aber trotzdem schafft es Hoffman, seinem Bösewicht etwas zu geben, das weder Jon Voight (Teil eins) noch Dougray Scott (Teil zwei) hatten: Wenn Hoffmans Owen Davian auftaucht, bekommt der Zuschauer unweigerlich eine Gänsehaut. Es ist nicht ganz einsichtig, warum die Macher des Films das Potenzial, was in diesem Schauspieler liegt, nicht besser genutzt haben.

    „Mission: Impossible 3“ ist dank guter, wenn auch mit der Zeit ermüdender Action, spielfreudigen Akteuren, die im Rahmen der engen Drehbuchgrenzen ihr Bestes geben und einer gelungenen Mischung aus Härte sowie vereinzeltem Humor ein für Fans der Reihe auf jeden Fall sehenswerter Film geworden. Wer über all die großen und kleinen Schwächen des Drehbuchs (besonderes Highlight: die Nasen-Bombe) hinweg sehen kann, wird mit „Mission: Impossible 3“ vermutlich eine Menge Spaß haben. Die Messlatte für das nächste James Bond Abenteuer Casino Royale ist hiermit auf jeden Fall gelegt. Trotzdem wäre es wünschenswert, wenn die „Mission: Impossible“-Macher für die nächste Runde auch darauf achten würden, dass der Zuschauer durch die Story nicht unterfordert wird. Denn Unterforderung ermüdet, da helfen auch noch so viele Explosionen nichts. Zurzeit ist die „Unverwechselbarkeit“ der Reihe jedenfalls kaum gewährleistet. Nachrichten, die sich nach dem Anhören selbst zerstören, Masken, mit denen man in Windeseile das Aussehen des Gegners modellieren kann und ein (diesmal angenehm dezent integrierter) Score mit hohem Wiedererkennungswert sind langfristig etwas dürftig. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn die Macher sich an die Qualitäten der alten TV-Serie erinnerten, in deren Zentrum ein sympathisches Team stand, das Kraft seiner Intelligenz und seines technischen Know-hows auch die unmöglichsten Missionen zu meistern wusste.

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