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    Sweethearts
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Sweethearts

    Das Poster legt eine falsche Fährte – zum Glück!

    Von Antje Wessels

    Obwohl Karoline Herfurths Langfilmdebüt als Regisseurin für uns zu den besten (romantischen) Komödien der vergangenen Jahren überhaupt gehört (wir haben 4,5 Sterne gegeben, eine echte Seltenheit für eine RomCom), hat es für „SMS für dich“ 2016 „nur“ zu sehr soliden, aber nicht herausragenden 750.000 Zuschauern in den deutschen Kinos gereicht. Und trotz grandioser Auftritte von Katja Riemann als Andrea-Berg/Helene-Fischer-Hybrid oder „Schillerstraße“-Star Cordula Stratmann als zum Brüllen komische Verlagschefin hat der Film aktuell nicht den Status als Komödien-Sensation, den er eigentlich haben sollte. Wir wollen deshalb an dieser Stelle auch noch mal eine ganz dringende Empfehlung für „SMS für dich“ aussprechen, bevor wir uns nun voll und ganz Herfurths Folgeprojekt „Sweethearts“ widmen.

    Auch diesmal schlüpft Herfurth („Die kleine Hexe“) wieder selbst in eine der Hauptrollen und hat mit Cordula Stratmann, Frederick Lau sowie Uwe Preuss auch einige Darsteller aus ihrem ersten Film verpflichtet. Auf neue Pfade begibt sich die gebürtige Berlinerin hingegen beim Genre, denn auch wenn Titel, Trailer und weichgezeichnetes Poster darauf hindeuten, dass wir es bei „Sweethearts“ erneut mit einer waschechten RomCom zu tun bekommen, hat sich Herfurth sich diesmal an eine Action-Komödie gewagt. Aber keine Sorge: Herfurth kann Thriller fast genauso gut wie Comedy!

    Unterschiedlicher könnten die zwei Frauen kaum sein: Mel (Hannah Herzsprung) ist eine toughe, alleinerziehende Mutter, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Franny (Karoline Herfurth) dagegen leidet unter Angstzuständen und Panikattacken, wodurch jeder Gang vor die Tür für sie zum Spießroutenlauf wird. Trotzdem kreuzen sich ihre Wege, als Mel eines Tages einen Juwelier ausraubt und bei ihrer Flucht kurzerhand beschließt, Franny als Geisel zu nehmen. Dass sie sich damit eine echte Nervensäge ans Bein gebunden hat, ahnt sie da freilich noch nicht. Denn obwohl Franny schnell hysterisch wird, setzt die Entführungssituation zugleich auch ein ungeahntes Selbstbewusstsein in ihr frei. Je mehr Zeit die beiden Frauen miteinander verbringen, desto enger wird ihre Beziehung. Zu dem Duo stößt schon bald auch der Polizist Harry (Frederick Lau), der eigentlich abkommandiert wurde, um Mel das Handwerk zu legen, dann jedoch von ihr überwältigt und ebenfalls als Geisel genommen wird. Es entwickelt sich eine spannende Dynamik innerhalb des Trios, bis irgendwann keiner mehr so wirklich weiß, wer hier eigentlich auf welcher Seite steht...

    Bereits in „SMS für Dich“ hat Karoline Herfurth etwas ganz Essentielles beherzigt, was letztlich mit dafür gesorgt hat, dass die romantische Komödie so stark geraten ist: Figuren müssen nicht zwingend lustig sein, um die Situation lustig zu machen – und so hatten am Ende nicht automatisch die karikaturesk angehauchten Nebenfiguren die größten Lacher auf ihrer Seite, sondern das absolut bodenständig gezeichnete Protagonisten-Pärchen, das sich vollkommen authentisch durch die Irrungen und Wirrungen der Verliebtheit schlägt. Monika Fäßler schlägt mit ihrem Debütskript zu „Sweethearts“ in eine ähnliche Kerbe und setzt bei ihrem abgefahrenen Szenario auf bodenständige Figuren, bevor die Situation ganz allmählich immer weiter aus sich selbst heraus eskaliert. In „Sweethearts“ geht es allerdings nicht um die Frage, ob sich Mann und Frau am Ende kriegen (auch hier gibt es zwar eine Lovestory, aber die spielt maximal die zweite Geige), sondern ob und wie sich vor allem Mel aus dieser verfahrenen Situation noch herausmanövrieren kann.

    Dass im Laufe der 107 Minuten Laufzeit nie ganz sicher ist, ob es hier am Ende tatsächlich ein Happy End für alle geben wird, liegt vor allem an den komplex geschriebenen Figuren. Herfurths angstgeplagte Franny und Herzsprungs selbstbewusste Mel stehen zwar im ersten Moment für gewisse Stereotype des Komödien-Kinos, aber das Skript hält für beide dennoch genügend Ecken und Kanten bereit, so dass sie nicht einfach nur zu eindimensionalen Sympathieträgerinnen verkommen. Vor allem Mel, in der zwar irgendwo ganz tief ein weicher Kern verborgen sein mag, die aber bis zuletzt alles unternimmt, damit dieser auf keinen Fall zum Vorschein kommt, ist eine wahrlich unkonventionelle Hauptfigur. Wie gesagt: Das durch und durch Harmonie ausstrahlende Filmplakat ist eine falsche Fährte! Ein wenig zurückstecken muss dagegen Frederick Lau, der zwar genauso wie seine Kolleginnen eine starke Performance abliefert, sich jedoch nie so ganz aus dem Schatten der Sweethearts herauszuspielen vermag.

    Auch diesmal setzt Karoline Herfurth auf ein ganzes Arsenal an Nebendarstellern, die „Sweethearts“ bis in den kleinsten Gastauftritt hinein veredeln. Während Cordula Stratmann im Grunde nur ihre Rolle aus „SMS für Dich“ wiederholt, aber das einmal mehr fantastisch macht, ist es vor allem Anneke Kim Sarnau („Rock My Heart“), die einen ähnlich einprägsamen Auftritt liefert wie Katja Riemann in Herfurths erstem Film. Wie Sarnau hier die Rolle einer durch und durch ehrgeizigen Kommissarin verkörpert, die die beiden Frauen um jeden Preis ergreifen will (und einem potentiellen Mitwisser dafür schon mal ihre Knarre in den Mund steckt), hat einen riesigen Unterhaltungswert und sorgt im ansonsten vorwiegend auf Suspense setzenden Film immer wieder für auflockernde Spitzen. In „Sweethearts“ steht nämlich vor allem die Entführung sowie Mels Versuch, die durch einen Zwischenfall verlorene Beute wiederzubeschaffen, im Mittelpunkt. Und da Herfurth Schießereien, Nahkämpfe und Verfolgungsjagden genauso routiniert inszeniert wie vor drei Jahren noch den ersten Kuss zwischen zwei Verliebten, schnellt das Adrenalin in den entscheidenden Momenten tatsächlich ordentlich in die Höhe.

    Fazit: Egal ob Action- oder Liebesfilm – Karoline Herfurth hat’s als Regisseurin einfach drauf! In „Sweethearts“ treffen stark inszenierte Actionszenen und eine ordentliche Prise trockener Humor auf spannende Charaktere, weshalb wir uns jetzt erst recht auf das freuen, was sie als Regisseurin in den kommenden Jahren sonst noch alles (an Genres) angehen wird.

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