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    Primal - Die Jagd ist eröffnet
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Primal - Die Jagd ist eröffnet

    "Alarmstufe: Rot" trifft "Jumanji"

    Von Oliver Kube

    Als es darum ging, seine Rolle als Großwildjäger in dem Action-Reißer „Primal“ zu entwickeln, diente Nicolas Cage der von Humphrey Bogart verkörperte, raubeinige Dampfbootkapitän Charlie Allnut aus John Hustons Klassiker „African Queen” von 1951 als Vorbild. Darüber hinaus konnte der Oscar-Gewinner (ausgezeichnet für „Leaving Las Vegas“) aber auch auf persönliche Erfahrungen zurückgreifen: Als Achtjähriger wurde er auf dem Heimweg von der Schule von einer sich plötzlich aus einem Gebüsch auf ihn stürzenden, sehr aggressiven Wildkatze angegriffen. An die panische Angst, die er damals empfand, erinnerte sich Cage so auch während dem Dreh der Eröffnungsszene von „Primal“ – nur dass er diesmal nicht mit einer kleinen Katze, sondern mit einem vergleichsweise riesigen, menschenfressenden Jaguar zu tun bekommt.

    Der Hauptgrund für Cage, die Rolle anzunehmen, war allerdings der Regisseur Nick Powell. Mit dem hatte er bereits den exzentrischen Historien-Kracher „Outcast - Die letzten Tempelritter“, gedreht und viel Spaß an der gemeinsamen Arbeit gehabt. Den mit dem Action-Trio „Con Air“, „Face/Off“ und „The Rock“ zum Superstar avancierten Kalifornier ärgert dabei bis heute, dass der mit einigem Aufwand und einem durchaus stattlichen Budget in China produzierte „Outcast“ von der Kritik zerrissen wurde und lediglich unter Trash-Fans einen gewissen Kultstatus innehat. Eine Scharte, die Cage und Powell mit „Primal“ nun auswetzen wollen. Ob es dem Duo dabei entscheidend besser ergehen wird als mit dem Vorgänger, wagen wir allerdings zu bezweifeln.

    Nicolas Cage als abgehalfterter Stiefbruder von Indiana Jones.

    Der Ex-Soldat Frank Walsh (Nicolas Cage) macht mittlerweile rund um den Globus Jagd auf wilde und gefährliche Tiere. Er fängt sie ein und verscherbelt sie dann meistbietend an Zoos oder private Sammler. Sein aktueller Trip nach Brasilien war besonders einträglich, immerhin hat Frank – neben jeder Menge Kleinvieh – auch einen ebenso seltenen wie hochaggressiven weißen Jaguar einfangen können. Aber das Schiff, das seine vollbesetzten Käfige nach Hause schaffen soll, hat noch eine andere gefährliche Fracht an Bord: den gewissenlos brutalen Auftrags-Attentäter Loffler (Kevin Durand), der von einem Trupp US-Marshals, der Navy-Ärztin Dr. Taylor (Famke Janssen) sowie dem Staatsanwalt Freed (Michael Imperioli) bewacht wird.

    Als Loffler auf hoher See aus der Hochsicherheitszelle ausbricht, tötet er seine Bewacher und ist fortan schwer bewaffnet auf der Flucht. Um die ihn über Decks und Gänge hetzenden Verfolger abzulenken, lässt der Söldner den hungrigen Jaguar und andere tödliche Tiere auf dem Frachter frei. Loffler übernimmt das Kommando über den Kahn, ermordet weitere Vollzugsbeamte, zerstört das Rettungsboot und das Funkgerät, pumpt das Trinkwasser ab und ändert schließlich den Kurs. Für Frank, der sich mit dem Geld für die Tiere zur Ruhe setzen wollte, Grund genug, nun im Alleingang die Jagd auf den Killer zu eröffnen…

    Auf den Spuren von Steven Seagal

    B-Filme sind selten ein Ausbund an Originalität. „Primal“ ist da keine Ausnahme. In Anbetracht des maritimen Settings und des Terroristen-Plots werden natürlich gleich Erinnerungen an das Steven-Seagal-Vehikel „Alarmstufe: Rot“ wach. Aber zusätzlich gibt es in „Primal“ eben noch die tödlichen Tiere: Frank, der sicher nicht ganz unbeabsichtigt aussieht wie Indiana Jones‘ abgehalfterter Stiefbruder, sitzt in den ersten Szenen im Dschungel Zigarre rauchend auf einem Baum und wartet darauf, dass ein möglichst viel Kohle bringendes Raubtier in seine Falle tappt – was in Form des von den Eingeborenen „Ghost Jaguar“ genannten Fellträgers dann auch prompt passiert.

    Das Problem ist nur: Die Spezialeffekte, mit denen das riesige Ungetüm animiert wurde, sind alles andere als grandios. Aufgrund der kantig und etwas ruckartig, nicht gerade katzenhaft geschmeidig wirkenden Bewegungen und des gelegentlich wechselnden Größenverhältnisses zwischen Mensch und Bestie wird schnell klar: Das Viech ist komplett am Computer entstanden. Zumindest ist die Kameraarbeit (Vern Nobles Jr., „Maximum Impact“) inklusive POV-Aufnahmen aus den Augen des Jaguars für einen Action-Reißer dieser Budgetklasse gar nicht so übel.

    Frank lässt sich von niemandem etwas sagen - auch nicht von den Cops an Bord!

    Im Anschluss an den Jaguar-Auftakt musste dann aber offenbar erste einmal Budget gespart werden. Die Dialoge, die Frank mit der Lokalbevölkerung führt, bestehen ausschließlich aus platt eingestreuter Exposition. Anschließend fährt der Protagonist, minutenlang und ohne dass irgendetwas passieren würde, mit seinem Truck voller Käfige durch den Wald in Richtung eines Hafens, während die einfach nicht enden wollenden Eröffnungs-Credits (u. a. waren 26 Produzenten beteiligt) über den Bildschirm flackern. Sind die Tiere und der Gefangene dann endlich verladen, gibt es zwischen Frank und den Cops an Bord noch ein weitere (zu) lange Expositionsszene beim Essen in der Schiffskantine. Für ein wenig Auflockerung sorgen lediglich Franks kleine Streitereien mit einem Papagei sowie der knorrige, nie um eine Beschimpfung verlegene Maschinist Scuddy (Sewell Whitney).

    Diese Momente und Figuren machen im weiteren Verlauf jedenfalls deutlich mehr Spaß als die faden Auftritte der gelangweilt wirkenden, dazu mit einer billigen Perücke ausgestatteten und fast bis zur Unkenntlichkeit gebotoxten Famke Janssen („Goldeneye“). Ihre überflüssige Rolle scheint nur deshalb von Autor Richard Leder in das klischeetriefende Drehbuch eingebaut worden zu sein, um zumindest eine Frau im testosteron-überladenen Cast unterzubringen. Auch „Sopranos“-Veteran Michael Imperioli bleibt lange blass. Er ist zwar öfter im Bild, hat aber reichlich wenig zu tun und zu sagen, bis er bei der Jagd auf Loffler endlich einen entscheidenden, wenn auch wenig überraschenden Akzent setzen darf. Kevin Durand („Nächster Halt: Fruitvale Station“) hingegen liefert mit trotzig-irrem Blick einen passend gnadenlos überziehenden Gegenpart für Cage, der mit seiner Performance ebenfalls mal wieder komplett freidreht.

    Da haben sich zwei Wahnsinnige gesucht und gefunden

    Die körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Antiheld Frank und dem Bösewicht sind dann auch das Highlight des an mitreißender Action ansonsten reichlich dünnen Mittelparts. Hier zeigen sich die wahren Qualitäten des Regisseurs, der als Stuntman und Kampfchoreograph an Werken wie „Die Bourne Identität“, „Last Samurai“ oder „Resident Evil 5: Retribution“ mitgewirkt hat. Bis auf einen kurzen Moment, in dem er leider recht offensichtlich gedoubelt werden musste, hat Cage die komplette, minutenlange Klopperei auf engstem Raum mit dem deutlich größeren, kräftigeren und jüngeren Durand selbst gespielt. Dabei dürfte er einiges an realen Blessuren davongetragen haben. Dank dieser tatsächlich packenden Szene ist der Zuschauer fast geneigt zu vergeben, dass das Drehbuch die Tiere zwischenzeitig bis auf einige kurze, eher harmlose Intermezzi vergessen zu haben scheint.

    Weitere (und besser animierte) Vierbeiner hätten sicher für mehr Spannung und Abwechslung gesorgt. Auf Franks Truck plus Anhänger stehen zu Beginn schließlich haufenweise abgedeckte Käfige. Da müssten doch noch ein paar mehr, ebenso exotische wie gefährliche Viecher darunter gewesen sein als die zwei Schlangen, der Jaguar, ein paar Vögelchen sowie die Affen-Kleinfamilie, die verdächtig wie ihre Artgenossen aus dem Original-„Jumanji“ aussieht und agiert. Für ein Nashorn, einen Gorilla, einige weitere Raubkatzen oder eines der aktuell im Tier-Horror-Genre gerade so populären Krokodile („Crawl“, „The Pool“) reichte das CGI-Budget dann aber wohl doch nicht mehr aus.

    Fazit: Eine zu gleichen Teilen haarsträubend absurde und arg dünne Prämisse wird zumindest durch die verbalen wie physischen Zweikämpfe zwischen Nicolas Cage und Kevin Durand aufgewertet. Als B-Film für zwischendurch oder für einen zünftigen Trash-Abend ist „Primal“ mit eineinhalb zugedrückten Augen deshalb gerade noch okay.

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