Der ehemalige Megastar Steven Seagal („Alarmstufe: Rot“) sorgt inzwischen weniger mit seinen Direct-to-DVD-Rohrkrepierern, mit denen er Jahr für Jahr seine immer kleiner werdende Fan-Schar enttäuscht, als durch sein fragwürdiges politischen Engagement für Aufsehen. So wurde die abgehalfterte Actionikone etwa von seinem guten Kumpel Vladimir Putin zum Sonderbotschafter Russlands ernannt. Die Aufgabe, kulturelle und gesellschaftliche Kontakte zu den USA auszubauen, empfinde er als „große Ehre“, wie er übereinstimmend in Medienberichten zitiert wird. Seagal gefällt sich also offenbar in seiner zweifelhaften Rolle als Vermittler zwischen den Kulturen, auch wenn er politisch eine bedeutungslose Nebenrolle spielt. Und hier beginnen dann auch die Parallelen zu seinem Mitwirken im überladenen Highspeed-Actionthriller „China Salesman“, der von nicht weniger als sieben (!) chinesischen Propagandaministerien mitfinanziert wurde. Seagal wird zum Agent für „das Gute“ an der Seite eines Helden, welcher der westlichen Welt wie in einem verlogenen Imagefilm weismachen will, dass es der Macht aus Fernost ausschließlich um faire Handelsbeziehungen und - ganz nebenbei - den Weltfrieden geht.
In einem nicht näher bezeichneten Land in Nordafrika ist der Aufbau der Infrastruktur nach einem Bürgerkrieg gerade in vollem Gange. Bei einer internationalen Ausschreibung zum Aufbau eines Telekommunikationsnetzes konkurrieren Anbieter weltweit miteinander – und besonders Yan Jian (Dong-xue Li), Verhandlungsführer eines chinesischen Konzerns, hat dabei mit rassistischen Vorurteilen zu kämpfen. Mithilfe des Stammesführers Kabbah (Mike Tyson) will ein korrupter amerikanischer Konzern den fragilen Frieden zerstören und die Ausschreibung für sich entscheiden. Doch sowohl in zahlreichen bewaffneten Konflikten als auch bei technischen Herausforderungen bewährt sich der chinesische Geschäftsmann Jian heldenhaft – und bekommt bei seinem aussichtlos erscheinenden Kampf heimlich Unterstützung von dem zwielichtigen Schmuggler und Söldner Lauder (Steven Seagal)…
Erst mal die Figuren vorstellen und die Situation erläutern? Pah! Der chinesische Regiedebütant und Drehbuchautor Tan Bing lässt alle Erzählkonventionen links liegen. Auch wenn einige epische Totalen der pittoresken Schauplätze in Tunesien und im Sudan an sich hübsch anzusehen sind, gelingt es dem für den Schnitt zuständigen Brent Backhus nur mühsam, aus den merkwürdig nebeneinanderstehenden Szenen eine einigermaßen geradlinige Story zu weben. Die ebenso zahlreichen wie unnötigen Nebenhandlungsstränge lassen den Erzählfluss des ansonsten sichtlich um Tempo bemühten Action-Thrillers immer wieder fast vollständig erlahmen. Vom Test eines Signals auf einem Funkmast bis zur Rettung eines kleinen Mädchens vor der drohenden rituellen Beschneidung und anschließender Verfolgungsjagd braucht es im Schweinsgalopp nur etwa 20 Sekunden; von zähen Mobilfunkrechteverhandlungen hin zum sich entspinnenden blutigen Bürgerkriegsszenario mit reichlich Shoot-Outs und Panzerfeuer dauert es keine Minute. Und schon kurze Zeit später wartet in randomisierter Anordnung mit einem plötzlich auftauchenden Sandsturm oder einem orientierungslosen Marsch durch die Sahara auch schon die nächste Herausforderung auf Jian, die selbst Ethan Hunt in seinen unmöglichen Missionen wie einen blutigen Amateur erscheinen lassen.
Dem aufstrebenden, immer etwas unbedarft wirkenden chinesischen Actionstar Dong-xue Li (bekannt aus „Brotherhood Of Blades“) inszeniert Bing dabei als strahlenden Helden, der für einen Waffenstillstand als Alternative zur weißen schon mal die chinesische Flagge als Symbol des Friedens schwenkt und sich stets gegen Intrigen der „weißen Männer“ behaupten muss. Derartige Agitation ließen sich die an der Produktion beteiligten chinesischen Propagandaministerien zusammengenommen 20 Mio. US-Dollar kosten. Obwohl auf dem internationalen und dem deutschen Plakat von „China Salesman“ groß der Ex-Boxer Mike Tyson („Kickboxer – Die Abrechnung“) und der Ex-Actionstar Steven Seagal abgebildet sind, haben sie in Wahrheit nur Nebenrollen. Tyson agiert schlecht gelaunt mit Einheitsgesichtsausdruck sogar die meiste Zeit vor mies getricksten Rückprojektionen im Studio. Trotzdem gehört den beiden Kontrahenten aber die auf unfreiwillige Art komischste Szene des Films: Im Streit zerlegen sie gleich zu Beginn eine komplette Bar. Und während der ebenso bärbeißig wie hölzern agierende Tyson mit der Faust immer noch kräftig austeilen kann, saust die Handkante des massigen Seagal nur noch behäbig ins Gesicht seines Gegners, was die Inszenierung mit schnellen Schnitten, Zeitlupen und Zeitraffern mühevoll zu kaschieren versucht. Eine kleine Masterclass in Filmschnitt, aber über Seagals längst verlorengegangene Beweglichkeit und Durchschlagskraft können selbst alle Inszenierungstricks dieser Welt nicht länger hinwegtäuschen.
Fazit: Der gar nicht so latente Rassismus und die unverhohlene Propaganda stoßen bitter auf. Dazu verlieren die Macher ständig den roten Faden ihrer Story aus dem Auge und die vielen Actionszenen bieten handwerklich bestenfalls Durchschnitt. „China Salesman“ reiht sich damit nahtlos in die enttäuschenden Direct-to-DVD-Premieren mit Steven Segal der letzten Jahre ein.