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    Mahana - Eine Maori-Saga
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Mahana - Eine Maori-Saga
    Von Christoph Petersen

    Wenn „James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag“-Regisseur Lee Tamahori mehr als zwei Jahrzehnte nach „Die letzte Kriegerin“ in seine neuseeländische Heimat zurückkehrt, um dort einen Roman von „Whale Rider“-Autor Witi Ihimaera zu verfilmen, dann darf man schon mal von einem Down-Under-Dreamteam sprechen! Das titelgebende Familienoberhaupt ihres Berlinale-Beitrags „Mahana“ reiht sich dabei in die Riege solcher stolz-sturen Leinwand-Patriarchen wie Big Daddy aus „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, Vito Corleone aus „Der Pate“ oder Daniel Plainview aus „There Will Be Blood“ ein: Wenn Tamihana Mahana (ebenso respekt- wie furchteinflößend: Temuera Morrison) etwas sagt, dann traut niemand aus seiner Maori-Sippe sich, ihm zu widersprechen – immerhin war er es, der einst aus dem Nichts eben jenen Schafscherbetrieb erschuf, der nun in den 1960ern die ganze Ostküsten-Großfamilie ernährt.

    Nur der 14-jährige Enkel Simeon (grandios natürlich: Akuhata Keefe) wagt es, den Mund aufzumachen – nicht etwa, weil er der geborene Rebell ist, sondern weil er einen unbedingten Gerechtigkeitssinn besitzt. Das zeigt sich schon in einer der eindringlichsten Szenen des Films, in der Simeon mit seiner Schulklasse das örtliche Gericht besucht. Dort soll er dem – natürlich weißen - Richter eigentlich nur einen vorbereiteten Dankesbrief vorlesen, hält stattdessen aber ein bestechend simples Plädoyer gegen die Unterdrückung der Maori, die sich hier nicht in ihrer eigenen Sprache verteidigen dürfen und deshalb im Minutentakt für Kleinigkeiten (wie dem Reiten eines Pferdes im Kino) zu teils mehrjährigen Haftstrafen verknackt werden…

    Kleiner Einschub: Hinter mir im Berlinale-Zentrum findet während des Schreibens dieses Textes die Pressekonferenz zu „Mahana“ statt – und offenbar führen einige der Darsteller gerade einen Maori-Kriegstanz auf. Da bekommt man tatsächlich schon beim bloßen Zuhören Gänsehaut.

    Lee Tamahori findet für seine Familiensaga eine ganze Reihe beeindruckender Leinwandbilder: von einem Schafscherwettbewerb über die spirituelle Anrufung eines Bienenstocks bis hin zum angesprochenen Pferd im Kinosaal (es läuft der Westernklassiker „Zähl bis drei und bete“). Zudem gelingt dem Regisseur derselbe schwierige Spagat, den damals auch die jüngere Generation der neuseeländischen Ureinwohner vollführen musste – sich von den veralteten autoritären Strukturen freizuschwimmen, ohne deshalb zugleich die ganze Maori-Kultur mit ihren Ritualen und Traditionen zu verdammen. So folgt schließlich trotz der Verbannung der halben Sippe und dem Zutagetreten wahrhaft abgründiger Familiengeheimnisse doch noch ein versöhnliches Ende: Wie die Jungen über die Schatten ihrer am eigenen Stolz zerbrochenen Vorfahren springen, stimmt hoffnungsfroh.

    Fazit: Lee Tamahoris berührendes Familiendrama steht zwar durchaus in der Tradition solcher Südstaatenepen wie John Steinbecks „Jenseits von Eden“, mit seinem Maori-Setting wirkt es aber dennoch frisch und unverbraucht.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2016. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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