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    Hip Hop-eration
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Hip Hop-eration
    Von Christian Horn

    „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, schwärmte einst Udo Jürgens. Die Protagonisten aus der Doku „Hip Hop-eration“ würden dieses Credo wohl unterschreiben. Doch die Männer und Frauen im Alter von 72 bis 95 Jahren tanzen nicht etwa zu Schlagermusik, sondern zu Hip-Hop-Beats. Der Filmemacher Bryn Evans begleitete die betagte Tanzgruppe aus Neuseeland rund zwei Jahre lang bei den Vorbereitungen für eine Ehrenteilnahme an der Hip-Hop-Weltmeisterschaft in Las Vegas. Gleich mehrfach verweist die Dokumentation auf die inspirierende Wirkung der Senioren, die man in der Tat kaum leugnen kann. Um Hip-Hop geht es hier jedenfalls nicht, was auch die Choreographin Billie Jordan klarstellt, die nach eigenem Bekunden keinen Plan von Rap-Musik hat. Im Vordergrund steht vielmehr die Lebenslust der agilen Senioren, die allen Alterswehwehchen zum Trotz neue Herausforderungen suchen. Anstatt zu verzagen, spielen sie mit dem Namen Hip Op-eration selbstironisch darauf an, dass viele der Akteure bereits künstliche Hüftgelenke haben oder aus anderen Gründen auf dem Operationstisch lagen. Das Ergebnis ist eine lebensbejahende und rundum herzliche Dokumentation, die 2014 den neuseeländischen Filmpreis in den Kategorien „Beste Regie“ und „Bester Dokumentarfilm“ gewann.

    Zwischen den Proben und Testauftritten für die große Performance in Las Vegas wirft Regisseur Bryn Evans Schlaglichter auf die Lebenswege von einigen seiner Protagonisten. Anhand von Archivbildern, abgefilmten Fotoalben und natürlich begleitet von Interviews umreißt Evans beispielsweise die Vergangenheit zweier Tänzerinnen, die in ihrer Jugend als Friedensaktivistinnen um die Welt reisten. Ein anderer Exkurs führt zur gelenkigen Eileen, die eigentlich Opernsängerin werden wollte und als passendes Hip-Hop-Pseudonym Diva Mystic wählt. Als wiederholte Anlaufstelle dient die 45-jährige Choreographin Billie Jordan, die die Senioren mit Herzblut betreut. Als eine Mammutaufgabe stellt sich die Suche nach Sponsoren heraus, die bitter nötig sind, weil sich nicht alle der Rentner/innen die teuren Flugtickets in die USA leisten können. Mit dem Erzählstrang um die Geldprobleme und einer Episode im Pflegeheim werden in „Hip Hop-eration“ auch unschöne Alterserscheinungen nicht ausgeblendet. Klar im Vordergrund steht indes das positive Lebensgefühl, das die Senioren aktiv vermitteln. Eine zentrale Rolle spielen hierbei die wiederholten Begegnungen der Hip-Hop-Oldies mit einer jungen Breakdance-Gruppe, deren Mitglieder die ergrauten „Kollegen“ auf herzerwärmende Weise bejubeln.

    Fazit: „Hip Hop-eration“ ist eine rührende Wohlfühldoku über eine rüstige Senioren-Tanzgruppe aus Neuseeland, die ausgerechnet zu Hip-Hop tanzt.

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