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    Stella
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Stella
    Von Petra Wille

    Ungefähr ein Prozent aller weiblichen Jugendlichen und Erwachsenen leiden an Magersucht, einer Essstörung, bei der der eigene Körper als zu dick empfunden wird – selbst dann, wenn die Betroffenen schon unter starkem Untergewicht leiden. In Kinofilmen ist das Thema selten präsent. Umso erfreulicher, dass die Schwedin Sanna Lenken nach ihrem Kurzfilm „Eating Lunch“ (Berlinale 2013) erneut einen sehr feinfühligen Beitrag dazu leistet. Diesmal ist es ein mit dem ZDF und arte koproduzierter Spielfilm, der 2015 in der auf ein jugendliches Publikum ausgerichteten Berlinale-Sektion Generation Kplus gezeigt wird. Lenken, die als Teenager selbst an Magersucht litt, stellt in ihrem einfühlsamen Jugenddrama „My Skinny Sister“ Stella in den Mittelpunkt, die jüngere Schwester der magersüchtigen Katja.

    Stella (großartig gespielt von Rebecka Josephson) spielt in ihrer Familie eher eine Nebenrolle. Ihre ältere Schwester Katja (Amy Deasismont) ist eine begabte Eiskunstläuferin und steht somit oft im Mittelpunkt: Die Eltern berücksichtigen ihre Trainingszeiten, freuen sich über Erfolge bei Wettbewerben und sorgen sich um ihre Ernährung. Dass Stella verliebt ist, und dass auch sie gern eine gute Eiskunstläuferin wäre – das fällt niemandem so richtig auf. Sie bemerkt hingegen als einzige, dass Katja immer weniger isst und sich auf dem Klo erbricht. Katja setzt sie jedoch so unter Druck, dass Stella sich nicht traut, etwas zu sagen. Als es der Schwester immer schlechter geht und sie sogar beim Training ohnmächtig wird, kann Stella die immense Verantwortung kaum ertragen. Schließlich fliegt Katjas „Geheimnis“ doch auf - und es droht die Familie zu zerreißen.

    Nachdem der Film in der ersten Hälfte eine große Leichtigkeit besitzt (was vor allem Josephsons ungezwungenem Spiel zu verdanken ist), wird er zunehmend beklemmend und die Angst der Protagonistin um ihre abgemagerte Schwester überträgt sich auf den Zuschauer. Es ist „My Skinny Sister“ anzumerken, dass die Regisseurin ihre persönlichen Erfahrungen mit der eigenen Schwester in der Geschichte verarbeitet, denn statt falscher Töne gibt es hier Wahrhaftigkeit, statt didaktischer Lektionen von oben herab bietet sie Mitgefühl und echte Komplizenschaft. Am Ende suggeriert Lenken nicht, alles könne zwischen den Schwestern wieder wie früher werden. Dennoch dürfen sie optimistisch sein. Die Eltern haben leider nicht viel verstanden, aber Stella und Katja können sich wieder vertrauen und kichern unbeschwert miteinander über die Erwachsenen.

    Fazit: Ein stimmiger und sehr sehenswerter Film über die Ängste von jungen Frauen – und über Schwestern und ihr besonderes Verhältnis.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2015. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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