Emma Watson ist eine bekennende Frauenrechtlerin, Angelina Jolie sowieso und nachdem schon Patricia Arquette („Boyhood“) in ihrer Oscar-Dankesrede 2015 vehement gegen die Ungleichbehandlung von Frauen in Hollywood protestiert hatte, richtete sich dann auch noch Superstar Jennifer Lawrence mit einem flammenden Appell an Studios, Produzenten und Regisseure, in dem sie forderte, Schauspielerinnen doch bitte genauso gut zu bezahlen wie ihre männlichen Kollegen. Die millionenschwere „Tribute von Panem“-Heldin erntete nicht nur Zustimmung, aber auch wenn es sich für sie persönlich um ein Luxusproblem handeln mag, ist eine grundsätzliche Gleichberechtigungsdiskussion auch angesichts des latenten Rassismus in der Filmindustrie immer noch notwendig. Das zeigt sich nicht nur bei den Gagen, sondern schon bei den Jobangeboten - und natürlich auch immer wieder bei der Figurenzeichnung. So ist das in Ross Katz‘ romantischem Drama „The Choice – Bis zum letzten Tag“ präsentierte Frauenbild nichts wirklich Ungewöhnliches: Die Protagonistin wird im Verlauf der holprigen Nicholas-Sparks-Verfilmung von einer cleveren und selbstbestimmten angehenden Ärztin zur naiven Bettgespielin. Da lässt sich nur hoffen, dass die entsprechend überforderte Hauptdarstellerin Teresa Palmer wenigstens etwas mehr Geld bekommen hat als ihr Co-Star Benjamin Walker (der im Übrigen auch nicht gerade mit einer komplexen Rolle gesegnet ist).
Die Kinoschmonzetten nach Vorlagen von Sparks (zuletzt: „The Best Of Me“ und „Kein Ort ohne dich“) waren noch nie der Inbegriff progressiver Figurenzeichnung, aber ihren schmachtenden Protagonistinnen war bisher meist wenigstens ein Funken eigenen Willens vergönnt. So ist es zunächst auch in „The Choice“: Die Medizinstudentin Gabby (Teresa Palmer, „Warm Bodies“) wird als intelligent, fleißig und ehrgeizig eingeführt, ihr neuer Nachbar, der bindungsscheue Tierarzt Travis (Benjamin Walker, „Abraham Lincoln: Vampirjäger“), interessiert sich gerade deshalb für sie. Sie kabbeln sich in einigermaßen spritzigen Dialogen und ihre Persönlichkeiten reiben sich aneinander. Doch nachdem die beiden auf Tuchfühlung gegangen sind, regieren nur noch die Hormone. Da wird dann einfach ausgeblendet, dass Gabby schon lange mit dem Arzt Ryan verlobt ist (Tom Welling in der hier besonders undankbaren Rolle des unterlegenen Liebesrivalen, der nicht allzu nett wirken darf): Als der zwischendurch durch eine praktische kleine Storywindung entfernte eigentliche Lebenspartner in die gülden leuchtende Südstaatenidylle zurückkehrt, fällt Gabby aus allen Wolken.
Das plötzlich so blauäugige Verhalten der Protagonistin wirkt gar nicht mal unsympathisch – Verliebte sind nun mal nicht immer vernünftig -, aber Gabby findet nie mehr zu ihrem anfänglichen Selbstbewusstsein zurück und wird bald nur noch über ihre Gefühle für Travis definiert. Parallel dazu stürzt das dramaturgische Gerüst des Films allmählich ein: Ein Heiratsantrag verkommt zu einem schlechten Sketch ohne Pointe, Jahre fliegen in wenigen Einstellungen vorüber, dazu werden im Minutentakt vermeintliche Lebensweisheiten verabreicht, denen in dieser Ballung jegliche Überzeugungskraft fehlt - der Film gerät völlig aus dem Tritt. Anders als etwa in „Safe Haven“ verpufft hier dann auch die dramatische Schlusswendung. Und so kann sich insgesamt nur Tom Wilkinson („Michael Clayton“) als Travis' Vater wirklich ordentlich aus der Affäre ziehen: Er zeigt als trauernder Witwer feinfühlig jene Nuancen, die den anderen Figuren und dem Film als Ganzen versagt bleiben.
Fazit: Nach durchaus vielversprechendem Beginn lassen die Filmemacher nicht nur die weibliche Hauptfigur zunehmend im Stich, sondern kümmern sich auch immer weniger um eine sinnvolle Dramaturgie.