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    Criminal Activities
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Criminal Activities
    Von Christoph Petersen

    Nichts ist besser, als ein wahrhaft bahnbrechendes Meisterwerk im Kino zu entdecken. Wie geil muss es etwa für all die Glücklichen gewesen sein, die am 12. Mai 1994 beim Filmfestival in Cannes im Premierenpublikum von „Pulp Fiction“ saßen? Immerhin war das die Geburtsstunde des kulturell wohl einflussreichsten Films der gesamten 1990er Jahre! Aber selbst solche genredefinierenden Kultklassiker haben eine dunkle Seite, denn eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Auf jeden „Pulp Fiction“, „Scream – Schrei!“ oder „Sieben“ folgen massenweise filmische Klone, deren trittbrettfahrende Macher aber in der Regel nicht mal ansatzweise so talentiert sind wie Quentin Tarantino, Wes Craven oder David Fincher. Meist hält solch ein Trend drei, vier oder auch mal fünf Jahre - der Schauspieler Jackie Earle Haley („Watchmen – Die Wächter“) kommt also reichlich spät zur Party, wenn er mit dem schwarzhumorigen Thriller „Criminal Activities“ nun ein Regiedebüt vorlegt, das sich anfühlt, als hätte einfach jemand aus jedem 90er-Jahre-Kulthit eine Handvoll Szenen zu einem neuen Werk zusammengeflickt.  

    Als sich die ehemaligen College-Freunde Zach (Michael Pitt), Bryce (Rob Brown), Noah (Dan Stevens) und Warren (Christopher Abbott) bei einer Beerdigung wiedertreffen, hat Bryce einen brandheißen Insider-Börsentipp parat – insgesamt 200.000 Dollar investiert das Quartett spontan in die angeblich narrensicheren Aktien, die schon ein paar Wochen später völlig wertlos sind. Da Noah das nötige Geld für die Anlage jedoch ausgerechnet bei dem Mafiapaten Eddie (John Travolta) aufgetrieben hat, stecken die Kumpels plötzlich bis zum Hals in der Scheiße. Ihr einzige Chance: Eddie bietet den bisher völlig unbescholtenen Freunden an, dass sie den Neffen eines Rivalen entführen und so ihre Schulden abarbeiten…

    Der amerikanische Dichter Robert Lowell, der mit „Criminal Activities“ sein einziges Drehbuch geschrieben hat, starb bereits im Jahr 1977! Liegt hier also ein ähnliches Missverständnis vor wie bei „John Carter – Zwischen zwei Welten“? Als der 2012 in die Kinos kam, hielten ihn ja auch viele für einen simplen Abklatsch von „Star Wars“, obwohl die Vorlage von Edgar Rice Burroughs inzwischen schon mehr als 100 Jahre alt ist. Genau weiß man es nicht: Jackie Earle Haley hat das Drehbuch auf jeden Fall überarbeitet und die Handlung von Detroit nach Cleveland verlegt – ob die allzu deutlichen Parallelen zu „Pulp Fiction“ und Co. also schon seit Jahrzehnten im Skript stehen oder erst beim Modernisieren hinzugefügt wurden, lässt sich deshalb nicht so leicht sagen.  Aber wenn man die Frage nach dem „Wer war zuerst da?“ einfach beiseitelässt und die sich so offensichtlich ähnelnden Szenen bloß nach ihrer Qualität beurteilt, zieht „Criminal Activities“ im direkten Vergleich in 100 Prozent der Fälle den Kürzeren:

    Zwei Cops halten einen Informanten über die Brüstung und haben plötzlich nur noch den Schuh in der Hand – eine Hommage an die legendäre Hubbelszene aus „Pulp Fiction“, aber nicht einmal halb so lustig oder überraschend. Dazu kommt die inzwischen bis zur Karikatur totgerittene Figur des Mafia-Schergen (Regisseur Jackie Earle Haley selbst), der zwar absolut eiskalt seinen Job erledigen, aber zwischendurch hochgestochen-intellektuell über Banalitäten quatscht – aus der Feder von Tarantino ist so etwas meist einfach genial, in „Criminal Activities“ wirkt es umständlich, gewollt und schlichtweg öde. Und dann folgt ein alles umwerfender Schlusstwist, wie er einem in „Die üblichen Verdächtigen“ noch den Teppich unter den Füßen weggerissen hat, den man 20 Jahre später aber schon meilenweit kommen sieht (und der dabei trotzdem derart konstruiert wirkt, dass er sowieso keine Freude macht). Da es Jackie Earle Haley auch mit seiner handwerklich recht schwachen Inszenierung nicht herausreißt,  bleiben auf der Habenseite lediglich einige lebhafte Performances, allen voran von Michael Pitt („Funny Games U.S.“) und Dan Stevens („The Guest“).

    Fazit: Trotz einer mit Ausnahme von Wachsgesicht John Travolta überzeugenden Besetzung ist „Criminal Activities“ eine schwache Kopie von 90er-Jahre-Klassikern wie „Pulp Fiction“ und „Die üblichen Verdächtigen“ – da sind andere Tarantino-Klone wie „Very Bad Things“ oder „Suicide Kings“ allemal sehenswerter.

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