Eine ungeschriebenes Gesetz im Filmbusiness besagt, dass man tunlichst nicht mit Hunden und Kindern drehen solle, denn diese seien nicht zu kontrollieren. Wenn man davon ausgeht, dass da zumindest ein wahrer Kern dran ist, dann ist die Leistung des ungarischen Regisseurs Kornél Mundruczó in seinem Drama „Underdog“ umso höher einzuschätzen: Ohne die Hilfe von Computern (!) zeigt er uns nämlich Hundertschaften von Hunden, die in Budapest die Macht übernehmen. Sie jagen durch die Straßen, weichen Hindernissen mit Witz und Intelligenz aus und rächen sich für all die Ungerechtigkeit und Not, die sie durch die Menschen erdulden mussten. Das ist nicht nur spektakulär und packend inszeniert, sondern auch eine treffende und etwa bei der Anti-Mischlings-Gesetzgebung kaum verklausulierte Allegorie auf die politische Situation im heutigen Ungarn, wo sich Minderheiten aller Art zunehmend aggressiver Verfolgung ausgesetzt sehen.
Neben den Hunden spielt das 13-jährige Mädchen Lili (Zsófia Psotta) die Hauptrolle. Sie wird von ihren Eltern vernachlässigt und muss dann auch noch mitansehen, wie ihr Vater ihren geliebten Hund Hagen in ein Heim gibt. Bald landet dieser nach der Gegnerfigur aus den Nibelungen benannte Mischlingshund in den Fängen eines brutalen Tiertrainers, der den Vierbeiner zum willenlosen Kampfhund ausbildet. Doch inzwischen ist Hagens Intelligenz erwacht und er kann sich aus den Klauen seines Peinigers befreien. Schon bald scharrt er eine ganze Armee von herrenlosen Hunden um sich, die schnell die Macht über die Straßen Budapests übernehmen.
Kenner werden sich insbesondere bei den kritischen Untertönen zu den Themen Diskriminierung und Unterdrückung an Sam Fullers „Der weiße Hund von Beverly Hills“ erinnert fühlen, doch ebenso mag man beim Bild von Lili, der es mit den Klängen ihrer Trompete gelingt, ihren Hund zur Räson zu bringen, an den Rattenfänger von Hameln denken. Und auch der „Planet der Affen“ ist eine recht naheliegende Assoziation, mit dem Unterschied, dass hier tatsächlich echte Hunde agieren. Deren Action-Sequenzen sind so mitreißend inszeniert, dass man manche Ungereimtheit im Handlungsverlauf gerne übersieht. Was Regisseur Kornél Mundruczó („Tender Son – The Frankenstein Project“) hier gelingt, ist außerordentlich: ein ausgesprochen origineller Ansatz und eine trotz aller Herausforderungen makellose Umsetzung verbinden sich zu einer mitreißenden Kombination aus spannungsgeladenem Genrefilm und pointierter allegorischer Gesellschaftskritik.
Fazit: Mit seinem Hunde-Thriller "Underdog" ist dem ungarischen Regisseur Kornél Mundruczó einer der ungewöhnlichsten Filme der jüngeren Vergangenheit gelungen, der mit einem bemerkenswerten Konzept überzeugt und durch die intelligente Verknüpfung von visuellem Pathos und Sozialkritik.