Ein wenig Sorgen haben wir uns um Illumination Entertainment schon gemacht. Denn selbst wenn die Filme des aktuellen Disney/Pixar-Konkurrenten Nr. 1 an den Kinokassen regelmäßig einschlagen wie eine Bombe, mangelte es „Minions“ und „Pets“ zuletzt trotzdem ein wenig an der Kreativität und vor allem der Warmherzigkeit, die den Illumination-Erstling „Ich - Einfach unverbesserlich“ noch zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Aber mit ihrem neuesten Streich zeigen Studiogründer Christopher Meledandri und seine Animationskünstler, dass sie es immer noch draufhaben: Das Konzept von Garth Jennings‘ „Sing“ mutet zwar im ersten Moment an wie eine animierte Ausgabe von „Deutschland sucht den Superstar“ mit schrägen Tieren statt schrägen Sängern (sprich: immer wieder derselbe Gag für 110 Minuten und Popkulturanspielungen im Sekundentakt), entpuppt sich stattdessen aber als wunderbar schwungvoll-herziges Außenseiter-Musical, bei dessen finaler Bühnenshow das Publikum gar nicht anders kann, als 30 Minuten am Stück glücklich durchzugrinsen.
Buster Moon (deutsche Stimme: Daniel Hartwich / im Original: Matthew McConaughey) liebt das Theater, seit er in seiner Kindheit eine Show mit der legendären Nana Noodleman (Iris Berben / jung: Jennifer Hudson; alt: Jennifer Saunders) gesehen hat. Aber mit der Übernahme seines eigenen Theaters hat sich der Koala trotzdem mächtig verhoben. Seine letzte Chance, finanziell wieder auf die Beine zu kommen, sieht er in der Ausrichtung eines Musik-Wettbewerbs – wobei er sich schon bei der Ausschreibung vertippt und so versehentlich 100.000 statt 1.000 Dollar für den Gewinner auslobt. Die Schlangen vor dem Theater sind riesig, das Medieninteresse ebenso – und ins Finale schaffen es so unterschiedliche Charaktere wie die Schweine-Vielfachmutter Rosita (Alexandra Maria Lara / Reese Witherspoon), das Emo-Stachelschwein Ash (Stefanie Kloß / Scarlett Johansson), der großmäulige Mäuse-Jazzmusiker Mike (Klaas Heufer-Umlauf / Seth MacFarlane) sowie der großherzige Gorilla-Gangstersohn Johnny (Patrick Baehr / Taron Egerton)…
Es gibt ja eine beträchtliche Zahl von Zuschauern, die vor allem bei den ersten Folgen von „DSDS“ einschalten, weil sie sehen wollen, wie sich schlechte Sänger oder skurrile Spinner vor den TV-Kameras blamieren. So leicht hätte man es sich bei „Sing“ auch machen können – ein Haufen kurioser Tiere, die auf amüsante Art Popsongs nachträllern, dazu ein paar zeitgeistige Anspielungen und Reality-TV-Seitenhiebe, und fertig ist der sichere (wenn auch arg uninspirierte) Megahit! Aber das ist zum Glück nicht das Niveau von „Sing“-Autor und -Regisseur Garth Jennings, der in seiner Indie-Perle „Der Sohn von Rambow“ selbst die „Rambo“-Metzelreihe zu einer kreativ-warmherzigen Wohlfühl-Komödie verarbeitet hat. Und so gibt es in „Sing“ auch keine schlechten, nur ein paar schrullige (grandios: die Panda-J-Pop-Gruppe Q-Teez) und vor allem viele sehr gute Sänger, die einem zudem nicht nur wegen ihrer starken Stimmen, sondern auch ganz einfach so als starke Figuren ans Herz wachsen.
Rosita hat ihre 25 (!) Ferkel perfekt im Griff – und selbst als kurzfristig der Babysitter absagt, weiß sie sich mit einer selbstkonstruierten Hausarbeitsmaschine zu helfen, die selbst den Frühstücksautomaten aus Tim Burtons „Pee-wees irre Abenteuer“ alt aussehen lässt. Und wenn sie dann nach all dem Stress wie als Befreiung „Firework“ von Katy Perry rausschmettert, muss man einfach applaudieren (animiertes Schwein hin oder her). Aber nicht nur die platten Popkulturpointen und ausgelutschten Animationsgags (leider mit Ausnahme eines dauerfurzenden Bisons) bleiben in „Sing“ außen vor, auch die Wettbewerbsdramaturgie fällt nach der Hälfte der Spielzeit hinten runter, wenn Buster Moons visuell berauschende Bühnenshow mit verschiedenfarben leuchtenden Quallen plötzlich in sich zusammenkracht. Doch: The Show Must Go On - und so entwickelt sich das Finale von „Sing“ abseits aller aufgepeitschter Castingshow-Künstlichkeit zu einem mutmachenden Feel-Good-Musical, bei dem einem jede Nummer mindestens ein ganz breites Lächeln ins Gesicht zaubert (wenn man nicht gleich anfängt, vor lauter Glücksgefühlen loszuheulen).
Fazit: Poppiges Animationsabenteuer mit Gute-Laune-Garantie!