„Türkisch für Anfänger“ und „Almanya - Willkommen in Deutschland“ zeigen, dass deutsch-türkische Komödien, die sich mit amourösen Integrationsproblemen beschäftigen, ein großes Publikum finden und auch richtig gut sein können. „Einmal Hans mit scharfer Soße“ kann daran nicht ganz anknüpfen. Die Produktion der in Istanbul geborenen Regisseurin Buket Alakus, die für „Eine andere Liga“ bereits einen Adolf-Grimme-Preis gewann, ist eine Adaption des 2005 erschienenen, gleichnamigen autobiografisch ausgeprägten Bestseller-Romans von Hatice Akyün, dem drei Jahre später sogar eine Fortsetzung folgte. Romanautorin und Regisseurin stammen aus derselben Generation (Jahrgang 1969 bzw. 71) und haben einen ähnlichen Hintergrund. Man darf also davon ausgehen, dass die Regisseurin bestens für das Thema geeignet ist. Dass es trotzdem nicht zum großen Wurf reicht, liegt auch daran, dass in den entscheidenden Momenten der Mainstream-Appeal scheinbar wichtiger war als die mögliche Authentizität.
Die türkische Tradition verlangt, dass die älteste Tochter zuerst verheiratet wird, und so wird Hatice Coskun (Idil Üner), eine in Hamburg arbeitende Journalistin, etwas unter Druck gesetzt, denn ihre jüngere Schwester Fatma (Sesede Terziyan) hat den Mann ihrer Träume bereits gefunden und möchte diesen schnellstens heiraten - möglichst bevor bekannt wird, dass sie bereits schwanger ist. Und so begibt sich Hatice auf die Suche nach einem bevorzugt deutschen Mann, der aber türkische Leidenschaft in sich tragen soll: einen „Hans mit scharfer Soße“. Unter den möglichen Anwärtern stechen heraus: ihr Exfreund Stefan (Janek Rieke), der seinen Integrationswunsch sogar mit einem typisch türkischen Schnauzer umsetzte; der fast schon zu perfekte Hannes (Steffen Groth); und irgendwie auch ihr neuer Kollege Ali (Luk Piyes), selbst wenn der ganz wie Hatice eigentlich ein deutsches Gegenstück sucht. Erschwerend kommt hinzu, dass Hatices Eltern (Adnan Maral und Şiir Eloğlu) in Salzgitter den „Schwiegersohn“ vorher auch kennenlernen wollen. Und einige der Kandidaten wurden über die (zur Not auch vorgetäuschte) Heiratsabsicht nicht immer frühzeitig in Kenntnis gesetzt.
„Ich bin Hatice, Türkin mit deutschem Pass.“ So lächelt die Hauptfigur gleich zu Beginn dem Publikum entgegen, und sie erklärt dann in einem ausgedehnten Voice-Over-Kommentar ihre Situation, wobei vor allem zwei Running Gags den Film begleiten: zum einen taucht immer wieder ein aus beispielhaften fünf Personen bestehendes „anatolisches Dorf“ auf, das wie haustiergroße Halluzinationen auf dem Nachtisch oder einer Flurtreppe Hatices Entscheidungen im Stile eines Chors kommentiert; zum anderen gibt es da das jeweils an der Stadtgrenze Salzgitters am Straßenrand stattfindende schnelle Umziehen, wo Hatice zwischen dem kurzen Rock, den sie in Hamburg trägt, und dem längeren „Vaterrock“, der vor allem unnötige Diskussionen vermeiden soll, wechselt. Das „als ob“, die „harmlose“ Lebenslüge, wird hier fast ab der ersten Szene zum prägenden Merkmal der Hauptfigur, was die Identifikation erschwert, denn Hatices Entscheidungen wirken oft töricht.
Idil Üner („Im Juli“, „Mordkommission Istanbul“) gibt sich redlich Mühe, als sympathische Hauptdarstellerin zu bestehen, doch die Struktur des Films ist zerrissen zwischen zwei Polen. Auf der einen Seite steht die autobiographische Geschichte der echten Hatice, charakterliche Widersprüche inklusive. Auf der anderen Seite steht die Mainstreamkomödie, die eines Spannungsbogens und eines gewissen Drives bedarf. Man kann sich ausmalen, wie unterschiedlich dieser Stoff vielleicht von anderen berühmten deutschen Regisseur mit türkischen Familienwurzeln adaptiert worden wäre: Fatih Akin („Gegen die Wand“) hätte daraus vielleicht ein knorriges Arthaus-Drama gemacht, Bora Dagtekin („Fack ju Göhte“) dagegen einen Komödienhit. Buket Alakus versucht zwischen diesen Extremen zu mitteln und landet schlussendlich im Niemandsland: als hätte sich der Ali aus Rainer Werner Fassbinders Klassiker „Angst essen Seele auf“ in den Heinz-Rühmann-Klamauk „Charleys Tante“ verirrt.
Unterstützt von ihren zwei Schwestern, der besten Freundin Julia (Julia Dietze) und dem obligatorischen schwulen Freund Gero (Max von Thun) versucht Hatice immer wieder in Discos oder auf türkischen Hochzeiten anzubändeln, zwischendurch verdeutlichen die Fahrten zwischen Hamburg und Salzgitter, wie sehr die Filmhandlung auf der Stelle tritt, und mehrere Männer, die eigentlich genau so wenig an einer Ehe interessiert wie Hatice, werden unter zumeist falschen Namen den Eltern vorgestellt, bis dann jeweils etwas schief geht und sich die Stationen wiederholen (Party, Bett oder Haustür, Stadtgrenze Salzgitter, Kaffeetisch bei Familie Coskun). Das wird inszenatorisch und kameratechnisch routiniert und mit gelungenen Bildern umgesetzt, aber die einzige Entwicklung scheint darin zu bestehen, dass die Beziehung zwischen Hatice und ihrem Vater Ismael zunehmend unter ihren auffliegenden Lügen leidet.
Regisseurin Buket Alakus liefert in „Einmal Hans mit scharfer Soße“ mit ihrem sehr ironischen Blick auf türkisch-deutsche Eigenheiten kaum neue Einsichten. Viele komödiantische Ideen haben großes Potenzial, sind aber nicht zu Ende umgesetzt. Ein besonderes Augenmerk hat man bei den Witzen auf die Sprachprobleme gelegt. So darf insbesondere Şiir Eloğlu („5 Jahre Leben“, „Tatort: Machtlos“) als Hatices Mutter Emine häufig demonstrieren, wie es sich anhört, wenn sie deutsch „shipiricht“: „Schiwiegersohn“, „Scheteffan“, „Schiweinefleisch“. Das hat für sich genommen einen gewissen Reiz, doch insgesamt wirken die übertriebenen Klamauknummern (ähnlich wie der absurde Bart des Vaters) eher störend als komisch.
Fazit: Wer bei Besetzung mit aus „Türkisch für Anfänger“ oder „Almanya - Willkommen in Deutschland“ bekannten Gesichtern die nächste große deutsch-türkische Komödie erhofft, wird enttäuscht. Das Potenzial dafür ist zwar da, aber der Funke springt bei „Einmal Hans mit scharfer Soße“ zu selten über.