Mein Konto
    Maggies Plan
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Maggies Plan
    Von Christoph Petersen

    „Maggie’s Plan“ von „The Ballad Of Jack And Rose“-Regisseurin Rebecca Miller ist in einem New Yorker Milieu angesiedelt, in dem man sich mit Komplimenten wie diesem seine Liebe gesteht: „Niemand erklärt den Warenfetischismus untergehender Großreiche so gut wie du!“ In der Tradition solcher gehoben-selbstreflexiven Intellektuellen-Komödien wie „Die Sammlerin“ von Eric Rohmer, „Manhattan“ von Woody Allen oder der von ihr selbst mit ihrem Lebenspartner und Regisseur Noah Baumbach geschriebene „Mistress America“ spielt Indie-Göttin Greta Gerwig die Gastprofessorin Maggie, die sich mit dem Spendersperma eines zum Gurken-Magnaten aufgestiegenen Ex-Kommilitonen selbstbefruchten will, dann aber den Avancen des verheirateten John (Ethan Hawke) erliegt. Der renommierte Anthropologe und angehende Autor leidet schrecklich unter seiner erdrückenden Frau Georgette (Julianne Moore), einer eiskalten Power-Professorin, die im Gegensatz zu ihm eine Festanstellung an der Columbia University hat.

    Der titelgebende Plan bezieht sich übrigens nicht auf Maggies Vorhaben, schwanger zu werden - stattdessen gibt es viel mehr Wendungen und Zeitsprünge, als man zunächst erwarten würde. Der Tonfall schwankt dabei zwar (zu) stark zwischen ernsthaft, amüsant und regelrecht absurd, aber das Erzähl- und Dialogtempo ist derart hoch und die Darsteller sind so gut aufgelegt, dass diese Sprunghaftigkeit meist kaum weiter auffällt. Nachdem sie in „Frances Ha“ und „Mistress America“ noch ziemlich verpeilte Traumtänzerinnen gespielt hat, verkörpert Greta Gerwig diesmal die alltagstauglichste Figur des Films. Ihre Maggie weiß noch am ehesten, was sie eigentlich will und hat sogar einen Job mit einem tatsächlichen Nutzen in der realen Welt: Sie hilft ihren Studenten, ihre Werke oder Designs in der freien Wirtschaft zu Geld zu machen und bildet so die Brücke zwischen Kunst und Kommerz. Maggie ist bei alldem „absolut pur, aber auch ein wenig doof“, wie es einmal heißt – was sich dank Gerwigs absolut ungekünstelter Art als unwiderstehlich sympathische Kombination erweist.

    Kaum eine praktische Anwendung scheint es hingegen für das Fachgebiet von John zu geben, was aber auch daran liegen könnte, dass es gar nicht  wirklich existiert, sondern eine Erfindung der Regisseurin ist: ficto-critical anthropology. Er leidet zwar unter einer ausgewachsenen Midlife-Crisis mit den üblichen Albernheiten (natürlich kauft er sich irgendwann ein Motorrad), aber Ethan Hawke („Boyhood“) gelingt die Gratwanderung zwischen Ernst und Lächerlichkeit - so verkommt John nie zur Witzfigur. Als wahre Szenendiebin erweist sich aber vor allem Oscarpreisträgerin Julianne Moore („Still Alice“), deren isländischer Akzent (zumindest in der englischen Originalfassung) einfach nur köstlich ist. Wie sie bei einer Podiumsdiskussion über die Occupy-Bewegung ihre Mitdiskutanten in die Schranken weist, ist gleichermaßen einschüchternd wie urkomisch. Etwas verschenkt werden hingegen einige der Nebenfiguren, darunter etwa Bill Hader („Dating Queen“) und Maya Rudolph („Brautalarm“) als befreundetes Ehepaar, das letztlich nur rein funktional den Plot voranzutreiben hilft. Wobei: Mayas Hipster-T-Shirt mit der Aufschrift „What Would Jesus Buy?“ finden wir trotzdem total genial.

    Fazit: Leichtfüßig-intellektuelle New-York-Komödie in der Tradition von Woody Allen und Noah Baumbach.

    PS: Weiß jemand, ob sich Heißhunger auf Zucker wirklich zähmen lässt, indem man Butter in seinen Kaffee mixt?

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2016. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top