Diane Kruger scheint von allen Beteiligten die einzige zu sein, die verstanden hat, was für eine Art von Film „Väter und Töchter - Ein ganzes Leben“ von „Sieben Leben“-Regisseur Gabriele Muccino eigentlich ist. Während alle um sie herum mit einer feierlichen Ernsthaftigkeit aufspielen, als würden sie hier in einem ambitionierten Oscar-Favoriten mitwirken (bei einer RottenTomatoes-Wertung von aktuell 15 Prozent sehen wir in dieser Hinsicht eher schwarz), zieht der „Inglorious Basterds“-Star in seiner (Neben-)Rolle so richtig schön vom Leder: Als verbitterte steinreiche Tante Elizabeth, die dem verwitweten Starschriftsteller Jake Davis (Russell Crowe) seine kleine Tochter wegnehmen will, mimt sie die klassische Over-the-Top-Seifenopern-Intrigantin – inklusive angemessen trashigem Alters-Make-up, wenn sie in einer der letzten Szenen bereits völlig abgewrackt noch schnell die ultimative Plattitüde des an Kalendersprüchen reichen Films raushauen darf: „Männer können ohne Liebe überleben, aber nicht wir Frauen.“
Nachdem seine Frau bei einem von ihm mitverschuldeten Autounfall ums Leben gekommen ist, muss sich Jake Davis fortan allein um seine kleine Tochter Katie (Kylie Rogers) kümmern. Allerdings leidet der New Yorker Bestsellerautor seit dem Crash an immer schlimmer werdenden psychotischen Anfällen, weshalb er sich schließlich für einige Monate in eine psychiatrische Klinik einweisen lässt. Als er wieder herauskommt, wollen seine Schwägerin Elizabeth und ihr Multimillionär-Ehemann William (Bruce Greenwood) Katie jedoch nicht einfach wieder herausrücken, sondern sie stattdessen bei sich behalten. Parallel dazu erfahren wir, dass Katie (Amanda Seyfried, „Ted 2“) 25 Jahre später Psychologie studiert, nebenher als Sozialarbeiterin jobbt und mit jedem Typen ins Bett steigt, der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Erst als sie den angehenden Schriftsteller Cameron (Aaron Paul, „Breaking Bad“) kennenlernt, lässt sie sich ernsthaft auf einen Mann ein…
Wenn Oscarpreisträger Russell Crowe („Gladiator“) seiner Filmtochter im Central Park das Fahrradfahren beibringt oder mit ihr über die richtige Hotdog-Garnitur diskutiert, dann ist das mitunter ehrlich berührend. Aber alles um diese titelgebende Vater-Tochter-Beziehung herum entpuppt sich als ziemlicher Unfug – und das fängt schon bei der zentralen Frage an, von der auch die Erzählstruktur mit den beiden ein Vierteljahrhundert auseinanderliegenden parallelen Handlungssträngen getragen wird: Ist Katie nun eine selbstzerstörerische Nymphomanin geworden, weil sie bei ihrem Vater aufgewachsen ist oder liegt es daran, dass ihre Tante mit ihrem Adoptionsvorhaben Erfolg hatte? Die Antwort ist völlig egal, weil schon die Frage auf plattester Küchenpsychologie basiert (inklusive der bereits genannten „Weisheit“, dass Frauen ja nun mal ohne Liebe besonders schlecht leben können).
Apropos Adoption: Der ganze Subplot um den von William angestrengten Prozess ist derart hanebüchen, dass vermutlich selbst die Produzenten von „GZSZ“ ihren Autoren geraten hätten, daran lieber noch ein wenig zu feilen. Und zu guter Letzt nimmt man dem Film für keine Sekunde ab, dass es sich bei seinem Protagonisten tatsächlich um einen mit einem Pulitzerpreis ausgezeichneten Autoren handelt. Schließlich klingen die Auszüge, die man aus seinen Büchern zu hören bekommt, derart seicht und sentimental, dass es damit vielleicht fürs Sonntagabendprogramm des ZDF langt, aber ganz sicher nicht zu einem der bedeutendsten Preise der Literaturwelt. Wie das Drehbuch von Debütant Brad Desch vor einigen Jahren auf der legendären Black List mit den vielversprechendsten unverfilmten Skripten Hollywoods landen konnte, bleibt hier am Ende das größte Rätsel.
Fazit: Als hochkarätig besetzte Seifenoper ist „Väter und Töchter“ sogar einigermaßen kurzweilig, aber dem Anspruch eines ernstzunehmenden Dramas wird er mit seinem aus Klischees, Küchenpsychologie und Kalendersprüchen zusammengebastelten Drehbuch nie gerecht.