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    Saphirblau
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Saphirblau
    Von Andreas Staben

    Kein Anfang und kein Ende: Das Mittelstück einer Trilogie stellt Filmemacher vor besondere Herausforderungen, schließlich sollte der zweite Teil, der oft erst mehrere Jahre nach dem Reihenauftakt in die Kinos kommt, möglichst auch für sich genommen funktionieren. Unabhängig davon, ob es sich um eine Literaturverfilmung handelt oder um einen Originalstoff, gilt es daher, etwas Eigenständiges zu schaffen, das auch neue Zuschauer zufriedenstellt, gleichzeitig muss der Film sinnvoll in die große Gesamterzählung eingebettet werden. In „Saphirblau“, der Verfilmung des gleichnamigen zweiten Bandes aus Kerstin Giers Erfolgstrilogie „Liebe geht durch alle Zeiten“, gelingt dem Regie-Duo Felix Fuchssteiner und Katharina Schöde dieser Spagat nicht ganz. Der Plot ihrer Mischung aus Fantasy-Abenteuer und Teenager-Romanze ist deutlich überfrachtet: So ist die Handlung zwar auch für Nicht-Kenner des Vorgängers „Rubinrot“ und der Bücher faktisch verständlich, aber zumindest den Reihenneulingen wird es bei der Fülle an Ereignissen und Themen schwerfallen, die einzelnen Konflikte auch emotional nachzuvollziehen.

    Seit Gwendolyn Shepherd (Maria Ehrich) erfahren hat, dass sie ein Zeitreise-Gen geerbt hat und in die Vergangenheit springen kann, ist ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Im Auftrag einer mysteriösen Geheimloge wird sie gemeinsam mit ihrem Freund Gideon de Villiers (Jannis Niewöhner) durch die Jahrhunderte geschickt, aber die Absichten der mächtigen Männer um den durchtriebenen Grafen von St. Germain (Peter Simonischek) bleiben dubios. Cousine Lucy (Josefine Preuß), ebenfalls eine Zeitreisende, hat einen der beiden Chronografen gestohlen, mit deren Hilfe die Sprünge in die Vergangenheit gesteuert werden, und warnt Gwen vor den Plänen des Grafen. Gideon steht unterdessen fest zur Loge und erhält von St. Germain den Auftrag, mit ihr zu einer Soirée im Jahre 1783 zu reisen, um Feinde der Loge zu bekämpfen. Gwen wiederum ist sich bald nicht mehr sicher, ob Gideons Gefühle für sie echt sind und das ist nicht die einzige Krise, die sie zu meistern hat…

    Nach einer Auftaktszene im Jahre 1609 mit William Shakespeare persönlich gibt es eine erklärende Rückblende, in der das Zeitreise-Thema genauso wie die wichtigsten Figuren und Zusammenhänge in Erinnerung gerufen werden, was auch als prägnante Einführung wunderbar funktioniert. Im weiteren Verlauf bekommt dann die in „Rubinrot“ angebahnte Liebesgeschichte deutlich mehr Platz als dort, auch sonst gibt es kleine Akzentverschiebungen, dazu kommen einige neue Figuren. Was aber auf dem Papier nach einer gelungenen Mischung aus Vertrautem und Neuem klingt, gerät tatsächlich recht schnell und immer wieder aus dem erzählerischen Gleichgewicht. Hier passiert nämlich bis zum fast schon naturgemäß unbefriedigenden Ende einfach zu viel und kaum etwas kann sich in der Dauer entfalten. So haben die zahlreichen (und oft sehr kurzen) Zeitreise-Szenen trotz des unverändert beachtlichen technischen Standards größtenteils keinen Mehrwert, der über ihre dramaturgische Funktion hinausgeht. Das fehlende Zeitgefühl ist dabei gleich im doppelten Sinn auffällig, denn von einem Gespür für die verschiedenen historischen Epochen kann ebenfalls kaum die Rede sein – vielmehr werden die Unterschiede durch die Unterlegung der Zeitreisen mit Hip-Hop-Musik und ähnlichem zusätzlich eingeebnet. Und wenn im 18. Jahrhundert plötzlich der „Time Warp“ aus der „Rocky Horror Picture Show“ angestimmt wird, dann ist das nicht nur erzählerisch ziemlich beliebig, sondern auch noch schwach choreographiert.

    Die Ereignisfülle und das Bemühen um mehr Dynamik geht deutlich auf Kosten der erzählerischen Tiefe, das können auch schwungvolle Fechtkämpfe und Motorradfahrten nicht ausgleichen. So stecken etwa die Aufeinandertreffen zwischen Gwen und ihrem jungen Großvater Lucas (Bastian Trost) voller naheliegender, aber dennoch faszinierender Paradoxien, die kaum mehr als angedeutet werden (stattdessen soll die vermeintliche Verklemmtheit der 50er Jahre für Amüsement sorgen), und wenn die Protagonistin schließlich buchstäblich in eine Identitätskrise gerät, dann wird das dramatische Potenzial der Situation nicht annähernd ausgeschöpft. Auch die zentrale Liebesgeschichte leidet unter dem ständigen Druck, die Handlung vorantreiben zu müssen. Die Vertrauenskrise zwischen Gwen und Gideon und insbesondere sein Hin- und Hergerissensein werden nicht wirklich überzeugend vermittelt. Dass die Romanze dennoch durchaus zum Mitschmachten einlädt, liegt an den schmucken Hauptdarstellern, zu denen sich erfrischende Nebenfiguren wie Gwens Freundin Leslie (Jennifer Lotsi) und erstmals Gideons Bruder Raphael (Lion Wasczyk) gesellen. Für Aufheiterung zwischendurch sorgt zudem das (computeranimierte) Fabelwesen Xemerius (Stimme: Rufus Beck). Der neu eingeführte Wasserspeier kann nur von Gwen gesehen werden und sorgt entsprechend immer wieder für Verwirrung. Vielleicht gelingt es in „Smaragdgrün“, mit dem die Trilogie zum Abschluss kommen soll, dann auch, die Figur noch besser in die Erzählung zu integrieren.

    Fazit: Die Filmemacher können die mit „Rubinrot“ geweckten Hoffnungen nicht erfüllen und bleiben mit dem zweiten Teil ihrer Leinwandadaption von Kerstin Giers „Edelstein-Trilogie“ spürbar hinter dem ersten Teil zurück.

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