Mit der Marvel-Verfilmung „Ant-Man“, die 2015 ins Kino kommen soll, hat der ähnlich betitelte „Antboy“ nichts am Hut – auch wenn der dänische Film ebenfalls die Werdens- und Heldengeschichte eines Superhelden erzählt. Das Zielpublikum ist in diesem Fall jedoch ein deutlich jüngeres als meist bei Comicverfilmungen üblich: Die sehr freie Adaption des gleichnamigen Kinderbuchs richtet sich vornehmlich an Kinder. Regisseur Ask Hasselbalch verkauft in seinem höchst spannend erzählten Langfilmdebüt seine jungen Zuschauer allerdings nicht für dumm, sondern liefert einen höchst unterhaltsamen und sehr sympathischen Kinderfilm ab, an dem auch erwachsene Begleiter viel Freude haben.
Der 12-jährige Pelle Nørhmann (Oscar Dietz) aus Middellund ärgert sich, denn in seiner Schulklasse fällt der kleine, schmächtige Jüngling kaum auf. Doch eines Tages macht Pelle auf der Flucht vor zwei Rabauken mit einer gentechnisch veränderten Ameise Bekanntschaft. Ein Biss des Insekts genügt und Pelle entwickelt ungeahnte Superkräfte: So kann er fortan senkrecht Wände hochklettern, schwere Gewichte tragen oder Vorhängeschlösser mit seinem säurehaltigen Urin wegpinkeln. Als Comic-Nerd Wilhelm (Samuel Ting Graf) merkt, dass bei Pelle etwas im Busch ist, hilft er seinem Schulkameraden und stattet ihn mit dem nötigen Handwerkszeug aus, also einem Kostüm und einem coolen Namen: Antboy. Die erste größere Mission des frisch gebackenen Superhelden lässt nicht lange auf sich warten, denn der Superschurke Floh (Nicolas Bro), der besonders weit springen kann, entführt Pelles Schwarm Amanda (Cecilie Austrup Tarp), um deren Vater zu erpressen. Gemeinsam mit Wilhelm und Amandas Schwester Ida (Amalie Kruse Jensen) waltet Pelle alias Antboy seines Amtes – und zweifelt seine Kräfte bald an.
Dramaturgisch orientiert sich „Antboy“ insbesondere an der Heldengeschichte von „Spider-Man“. Wie Peter Parker drückt auch Pelle Nørhmann die Schulbank und verzweifelt an seiner Liebe zu einer schönen Mitschülerin. Während Spidey mit einer Spinne Bekanntschaft macht, sorgt bei Pelle eine Ameise für die Entwicklung der Superkräfte. Nach dem Eintritt ins Heldentum lernen sowohl Spider-Man als auch Antboy, Schritt für Schritt mit den neuen Herausforderungen umzugehen. Im Grunde handelt es sich bei beiden Geschichten um Coming-Of-Age-Stories, in deren Verlauf der Held sich selbst findet – mit und ohne Superhelden-Maske. Außerdem zweifelt auch Pelle seine Fähigkeiten nach ersten Rückschlägen an, ganz so wie Spider-Man, hinter dem ein recht unsicherer Peter Parker steht.
Regisseur Ask Hasselbalch passt die Standardsituationen des Superhelden-Films für ein jüngeres Publikum an, das er aber keineswegs unterfordert. So stellt Bösewicht Floh tatsächlich eine ernsthafte Bedrohung dar und Pelle muss lernen, sich auch nach bitteren Rückschlägen wieder in den Sattel zu setzen. Das ganze Abenteuer bleibt dabei nahe an der Erlebniswelt junger Zuschauer, zum Beispiel wenn Hasselbalch einen militaristischen Sportlehrer auf die Klasse loslässt oder Pelles Mutter ihren Sohn ausgerechnet dann anruft, wenn dieser gerade eine Wand erklettert, um ein Mädchen zu retten. Derlei ironische Brüche machen „Antboy“ auch für ein älteres Publikum sehenswert und verleihen dem Film eine gehörige Portion Charme. Ebenfalls schön ist die Idee, dass Pelle an seinem Superhelden-Anzug einen „Patronengurt“ mit Schokolade befestigen muss, damit er seine Haftbarkeit an Wänden mit Hilfe von Zucker auffrischen kann – ganz zu schweigen von Pelles Super-Urin, der ein ganzes Pissoir in Schutt und Asche legt.
Fazit: „Antboy“ ist ein ideenreich inszenierter und grundsympathischer Superhelden-Film – nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene.