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    Spy - Susan Cooper undercover
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Spy - Susan Cooper undercover
    Von Christoph Petersen

    Wer Melissa McCarthy 2011 in ihrer oscarnominierten Rolle als schmerzbefreit-resolute Brautjungfer in „Brautalarm“ gesehen hat, dem muss sofort klargewesen sein: Die herzensgute Köchin aus „Gilmore Girls“ ist auf ihrem Weg zum Comedy-Superstar nicht mehr aufzuhalten! Aber auch wenn sich ihre Folgeprojekte „Voll abgezockt“, „Taffe Mädels“ und „Tammy“ an den Kinokassen allesamt als Hits erwiesen, waren wir kurz davor, die Geduld mit McCarthy zu verlieren – denn sonderlich lustig fanden wir keinen der Filme. Da kommt „Spy – Susan Cooper undercover“ gerade zum rechten Moment, denn die Agenten-Komödie von „Brautalarm“-Regisseur und „Ghostbusters“-Reboot-Maestro Paul Feig ist der Film, den wir uns schon nach ihrer Naturgewalt-Performance vor vier Jahren von McCarthy erhofft haben. In „Spy“ ist sie nicht nur liebenswürdig, schlagfertig, schwarzhumorig und saulustig, wir können ihr auch ruhigen Gewissens das denkbar größte Kompliment machen: Sie lässt sich nämlich selbst von Jude Law, Jason Statham und Rose Byrne nie an die Wand spielen – und die drei verkörpern hier immerhin drei der lustigsten Nebenfiguren der jüngeren Kinogeschichte.

    Nachdem Geheimagent Bradley Fine (Jude Law) wegen seiner Pollenallergie versehentlich den einzigen Mann erschossen hat, der ihm hätte verraten können, wo die gestohlene transportable Atombombe versteckt ist, steht die CIA mit dem Rücken zur Wand. Die einzige Spur führt zu der verschlagenen ungarischen Aristokratin Raina Boyanov (Rose Byrne), aber es gibt da ein Problem: Sie besitzt eine Liste mit allen CIA-Spionen, weshalb Top-Agenten wie Bradley Fine oder John Ford (Jason Statham) den Job nicht selbst übernehmen können. Stattdessen meldet sich die Graue-Mäuschen-Analystin Susan Cooper (Melissa McCarthy) freiwillig für den Einsatz, schließlich träumt die ehemalige Lehrerin schon seit ihrem ersten Tag bei der CIA davon, einmal als echte Agentin einen Auftrag zu übernehmen. Allerdings gestaltet sich der Einsatz zunächst weit weniger glamourös, als Susan sich das vorgestellt hat: Denn statt als geheimnisvolle Schönheit wird sie als verrückte Katzenbesitzerin mit einer Dauerwelle aus der Hölle undercover geschickt…

    Niemand kann derart proletenhaft fluchen wie Melissa McCarthy – nach ihrem improvisierten Beleidigungs-Marathon im Abspann von „Immer Ärger mit 40“ mussten auch wir uns die Ohren erst einmal mit Seife auswaschen. Aber zuletzt bekam man immer mehr das Gefühl, dass sie in ihren Filmen nur noch auf das prollige Dickerchen reduziert wurde – und die Masche nutzte sich zudem rasant ab. Deshalb ist es nun eine positive Überraschung, dass Susan Cooper uns eher an die Köchin Sookie St. James aus „Gilmore Girls“ als an Tammy & Co. erinnert: McCarthy darf endlich wieder mit ihrem liebenswerten Charme und nicht nur mit ihrer schmerzbefreiten Schimpfwortwahl punkten! Erst im finalen Drittel gibt es doch noch das obligatorisch Weit-weit-unter-der-Gürtellinie-Gefluche, das hier Teil von einer ihrer Undercover-Persönlichkeiten ist. Aber wenn man die Figur erst einmal ins Herz geschlossen hat, dann macht es anschließend auch drei Mal so viel Spaß, wenn sie ihre Kontrahenten in Grund und Boden pöbelt.

    Paul Feig tut übrigens auch gut daran, Susan Cooper nicht als Schreibtischtäterin einzuführen, die völlig hilflos in das Agenten-Abenteuer taumelt. Stattdessen präsentiert er recht früh eine Rückblende, in der sie während ihrer Ausbildung bei einem Nahkampftraining völlig ausrastet und selbst ihren Anleiter problemlos aufs Kreuz legt. So legt der Regisseur den Grundstein für Action-Szenen, die zwar mit einem Augenzwinkern präsentiert werden, aber darüber hinaus auch einen echten Punch entwickeln. Gerade bei einer Küchenschlägerei inklusive durchstochener Hand macht Feig keine falschen Gefangenen - das R-Rating ist dem Film schon wegen McCarthys Fluch-Tiraden sicher, warum also in Sachen Gewalt noch Abstriche zugunsten einer Jugendfreigabe machen? So ätzt nun einem Mann in „Spy“ in Nahaufnahme der Kehlkopf weg und ein anderer wird brutal aufgespießt – solche Gore-Einlagen gäbe es in einem der PG-13-Bond-Filme jedenfalls definitiv nicht zu sehen.

    Auch wenn es bis hierhin ein wenig so klingt, ist „Spy“ keinesfalls eine McCarthy-One-Woman-Show: Jude Law („Sherlock Holmes“) liefert eine grandios-schmierige 007-Parodie, während Szenendieb Jason Statham („Fast and Furious 7“) sein eigenes Dampframmen-Image mit einer Chuzpe durch den Kakao zieht, die wir ihm gar nicht zugetraut hätten. Dazu brilliert Rose Byrne („Bad Neighbors“) als superarrogante, von allem megaangeödete Blaublüterin, die mit ihren trocken-herablassenden Kommentaren selbst McCarthy in ihrem patentierten Beleidigungs-Dauerfeuer-Modus Paroli bieten kann. Dass Miranda Hart („Miranda“) als Susans Kollegin, Morena Baccarin („Homeland“) als elegante Agentin und Bobby Cannavale („Blue Jasmine“) als Waffenschieber hingegen ziemlich blass bleiben, fällt bei so einer geballten Comedy-Power zum Glück kaum weiter auf.

    Fazit: „Spy – Susan Cooper undercover“ ist keine doppelbödige 007-Meta-Spielerei wie zuletzt „Kingsman: The Secret Service“, sondern eine kerzengerade Action-Komödie – allerdings eine verdammt lustige!

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