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    Northmen - A Viking Saga
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Northmen - A Viking Saga
    Von Carsten Baumgardt

    Harte Männer, klirrende Schwerter, eingeschlagene Schädel und der raue Wind der Highlands, der durch die wehenden Gewänder fegt: Der Schweizer Action-Spezialist Claudio Fäh („Sniper: Reloaded“) stürzt sich mit Verve in die unwirtliche Welt der Wikinger und serviert eine rustikale Mittelalter-Schlachtplatte mit Herz. Zwar fehlt dem Regisseur und seinem Produzenten Ralph S. Dietrich (Sohn des berühmt-berüchtigten Euro-Exploitationfilmers Erwin C. Dietrich) das Budget für die ganz spektakulären Bauten und Tricks, doch sie machen aus dieser Not eine Tugend und setzen „Northmen - A Viking Saga“ angenehm altmodisch in Szene. So ist die international co-produzierte Wikingersause ein charmanter Actionfilm, der mit seinen soliden handgemachten Kampf- und Jagdszenen über weite Strecken Spaß verbreitet. Dabei wird den altbekannten (Fabel-)Geschichten um die rauflustigen und trinkfreudigen Nordmänner zwar kaum etwas Neues hinzugefügt, aber der 95-Minüter verkommt deshalb nicht etwa zur Dauerprügelorgie, sondern bekommt durch geschickte Auslassung und Verdichtung sogar einen leichten mystischen Touch.

    873 nach Christus: Eine Gruppe furchtloser und kampferprobter Wikinger um ihren Anführer Asbjörn (Tom Hopper) wird von ihrem König verbannt und sucht ihr Heil in der Flucht über das Meer. Eigentlich wollen sie Kurs auf Britannien nehmen, um dort ein Kloster zu plündern, doch die Horde strandet nach einem verheerenden Sturm an der Küste Schottlands und gerät gleich in einen wilden Kampf mit der Garde des dortigen Königs Dunchaid (Danny Keogh). Asbjörn und seine Männer bringen in der Folge Lady Inghean (Charlie Murphy) in ihre Gewalt – die sich als Tochter des Königs herausstellt. Die Verbannten sind auf ein stattliches Lösegeld aus, doch Dunchaid denkt gar nicht daran, zu bezahlen. Stattdessen schickt er sein „Wolfsrudel“ aus – eine brutal-kompromisslose Söldnereinheit um den skrupellosen Hjorr (Ed Skrein). Die Jäger heften sich an die Fersen der Wikinger, die sich mit dem mysteriösen und kampfeslustigen Mönch Conrall (Ryan Kwanten) verbünden - der hasst nämlich nichts mehr als „seinen“ König Dunchaid.

    Sein Kinodebüt feierte Claudio Fäh 2003 mit dem kruden Abenteuerfilm „Coronado“. Insbesondere bei den Actioneinlagen setzte er dabei ausschweifend oft auf den Einsatz von Green-Screen-Aufnahmen und obwohl er dafür mit den Roland-Emmerich-Spezies Marc Weigert und Volker Engel („Independence Day“) zwei ausgewiesene Topleute zur Verfügung hatte, wirkten die Szenen mit den per Computer zusammengefügten Vorder- und Hintergründen steril und leblos. Doch die Zeiten dieser statisch inszenierten und arg angestaubten Schmalspur-Variante von „Indiana Jones“ sind jetzt schon mehr als zehn Jahre vorbei und Fäh hat aus der Vergangenheit offenbar seine Lehren gezogen. Bei seiner dritten Regiearbeit „Northmen – A Viking Saga“ geht er jedenfalls einen anderen Weg und erzielt ein deutlich überzeugenderes Resultat: Der kompakte Abenteuer-Actioner gefällt mit vielen harten, handgemacht-erdigen Kampfszenen und Verfolgungsjagden. Fäh lässt sein Personal mit offenem Visier antreten, anstatt es vor einer grünen Wand ins Leere spielen zu lassen wie einst. Und so hat seine Wikinger-Saga zwar vor allem in der arg konventionellen und überraschungsfreien Handlung ihre Schwächen, aber eben auch ein echtes, blutpochendes Herz.

    Die simple Ausgangslage ist zügig etabliert und die Fronten werden in Windeseile abgesteckt. Auf der einen Seite steht die rüpelige, aber eine Art Ehrenkodex befolgende Wikinger-Horde, die im Feindesland versucht, eine sichere Siedlung zu erreichen und eher wider Willen in eine tödliche Auseinandersetzung gezogen wird. Ihre Gegner sind dagegen von vornherein lediglich auf das Töten aus. Die Wikinger verhalten sich wahrlich nicht wie Kinder von Traurigkeit, aber das hetzende „Wolfsrudel“ ist eine gemeingefährliche Meute und macht keine Gefangenen. Damit sind die Rollen von Gut und Böse deutlich verteilt, ein kleiner Widerhaken wird nur durch einen zusätzlichen Dauerkonflikt innerhalb der Wikingergruppe gesetzt. Der Streit, in dessen Mittelpunkt der notorische Vokuhila-Querkopf Jorund (Leo Gregory) steht, trieft vor Klischees, sorgt aber immerhin für dynamische Reibung – der Rest ist Rennen, Kämpfen, Schädeleinhauen!

    Die Schauwerte dieser deutsch-schweizerisch-südafrikanischen Co-Produktion können sich sehen lassen. Aus Kostengründen „doubelt“ Südafrika das für die Handlung relevante Schottland, ohne dass dieser Umstand dem Publikum störend auffallen sollte. Kameramann Lorenzo Senatore („300: Rise Of An Empire“) sorgt für Landschaftspanoramen, die manchmal sogar ein wenig an die epischen Bilder von Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Trilogie erinnern. Und nachdem besonders zu Anfang bei einem Schiffsuntergang sowie ersten Kämpfen an der Küste Schottlands der Überblick für das Publikum durch den exzessiven Einsatz extremer Nahaufnahmen erschwert wird, finden die Filmemacher mit zunehmender Dauer eine bessere Balance zwischen dynamischen Bildern und erzählerischer Klarheit. Je mehr sich die Reihen auf beiden Seiten lichten, desto stärker darf mit der sympathischen Wikingertruppe mitgefiebert werden – dazu tut die typgerechte Besetzung ihr Übriges, die schauspielerisch indes nicht groß gefordert wird.

    Mit Tom Hopper („Merlin – Die neuen Abenteuer“) steht der rauffreudigen Kloppertruppe ein abgebrühter Held vor, der als harter Kerl und smarter Anführer zugleich eine gute Figur abgibt. Auch Ryan Kwanten („True Blood“) besitzt als patenter Kampfmönch Charisma, während Ken Duken („Zweiohrküken“) als getreuer Bogenschütze Thorald souverän die deutschen Farben im Cast vertritt. Die Widersacher der Wikinger bekommen dagegen kaum individuelle Charaktermerkmale attestiert. Die mordlustigen Rabauken aus dem Wolfsrudel sind allesamt nur abgrundtief böse und intrigant, deshalb kann sich auch keiner aus der Gruppe in den Vordergrund spielen. Auf psychologischen Feinschliff kommt es Regisseur Claudio Fäh auch gar nicht an, genauso wenig wie auf historische Akkuratesse. Die Wikingerzeit ist die Kulisse für einen weniger an realen Vorbildern als an Genreerfordernissen orientierten Abenteuerfilm.

    Fazit: Auf ins Abenteuerland – Regisseur Claudio Fäh lässt die Wikinger in Schottland stranden und kernig-krachend um ihr Leben kämpfen. Der sympathische Charme der rustikalen Rauferei und ordentliche Schauwerte überdecken die Schlichtheit und Überraschungsarmut der Geschichte.

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