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    Im Namen des...
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Im Namen des...
    Von Niklas Pollmann

    Seit 1992 ist der Teddy-Award offizieller Bestandteil der Berlinale-Preisverleihung und die Auszeichnung für die besten Filme mit schwul-lesbischen bzw. transgender-Themen. 2013 ging dieser Preis an den polnischen Film „Im Namen des...“, die Geschichte eines homosexuellen katholischen Priester, die von der Teddy-Jury als Aufforderung an die katholische Kirche zu mehr Toleranz interpretiert wurde. Eine sehr gute Wahl der Jury, denn Regisseurin Małgośka Szumowska gelingt mit ihrem Wettbewerbsbeitrag ein eindringlicher Film, der nie zur moralistischen Plattitüde verkommt.

    Der gutherzige Pfarrer Adam (Andrzej Chyra) arbeitet in einem kleinen polnischen Dorf auf dem Land, wo er insbesondere versucht, den Jugendlichen eines Erziehungscamps eine Perspektive zu geben. Er versucht den Jugendlichen eine moralisch einwandfreie Leitfigur und Vorbild zu sein, katholische Werte zu predigen und gleichzeitig sein persönliches Geheimnis zu wahren. Denn Adam ist homosexuell und in seinen Zögling Lukasz (Mateusz Kościukiewicz) verliebt. Der raue Umgang im Camp und der Konflikt mit dem Zölibat machen aus Adams Situation zunehmend ein Pulverfass, das zu explodieren droht.

    Tagsüber ist Adam den Jugendlichen Vorbild und Lehrer, mahnt sie vor übertriebenem Biertrinken und steht ihnen als Beichtvater zur Seite. Nachts eskaliert Adams unausgelebte Sexualität in Schwermut und Alkoholexzessen. Großartig ist eine Szene, in der Adam sturzbetrunken seiner Schwester via Skype seine sexuelle Zuneigung zum Jugendlichen Lukasz beichtet, nachdem er zuvor mit einem Papstgemälde durch seine Wohnung torkelte. Adam ist ein Getriebener, ein gebrochener Mann, der es kaum schafft, seinen eigenen moralischen Vorstellungen gerecht zu werden. Auf Fingerzeige in Richtung Kirche verzichtet Szumowskas dabei völlig, sondern schildert stattdessen Adam im Kampf mit seiner Sexualität.

    Regelmäßig werden Widersprüchlichkeiten angedeutet und mit religiösen Motiven gespielt: Allein der Name Adam, mit dem ein Bezug zur Schöpfungsgeschichte hergestellt wird, die der Film quasi umschreibt. Die Dorfbewohnerin Ewa ist an Adam sexuell interessiert, wird aber von Adam zurückgewiesen. Er sei vergeben, lügt er. Denn warum soll die Urliebe der Menschheit eine heterosexuelle sein? Adam interessiert sich viel mehr für den introvertierten Lukasz als für die Namensvetterin der ersten Frau auf Erden. Eine weitere Bedeutung des Namens Adam ist schlicht und einfach „Der Mensch“. Die Aussage ist deutlich: Lieben ist menschlich.

    In einer Schlüsselszene in einem Maisfeld kommen sich Adam und Lukasz näher, als sie Affengeräusche imitierend ein infantiles Versteckspiel treiben. Der Wunsch Adams, sich seinen Trieben hingeben zu dürfen und frei von gesellschaftlichen Konventionen zu leben, wird in diesem Moment überdeutlich. Die großartige Darstellung von Andrzej Chyras („Das Massaker von Katyn“) als Adam macht es leicht, mit ihm zu sympathisieren. Dagegen bleibt die von Mateusz Kościukiewicz („All That I Love“) gespielte Figur des Lukasz zu verschlossen und unnahbar, so dass die zarte Liaison des ungleichen Paares nicht immer ergreifend genug ist, um dass etwas reißerische Finale des Films rechtfertigen zu können.

    Fazit: „Im Namen des...“ ist ein zutiefst menschliches Plädoyer für sexuelle Toleranz. Abgesehen von dem schwachen Finale wird das schwierige Thema Homosexualität und Religion überzeugend angegangen. „Im Namen des...“ ist so ein authentischer und wichtiger Beitrag zu einer Debatte, die nicht nur im streng katholischen Polen noch lange nicht enttabuisiert ist.

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