Mein Konto
    Vampire Academy
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Vampire Academy
    Von Christoph Petersen

    Es leuchtet ein, dass sich die Produzenten der Blutsauger-Internats-Fantasy „Vampire Academy“ ausgerechnet Mark Waters als Regisseur ausgesucht haben. Immerhin hat der Filmemacher mit seiner Lindsay-Lohan-Highschool-Satire „Girls Club“ schon vor zehn Jahren sein Talent für jenen intelligent-doppelbödigen Humor bewiesen, der nun auch ihrer Bestseller-Verfilmung gut zu Gesicht gestanden hätte: Schließlich wirkt „Vampire Academy“ als Mischung aus Film-noir-an-der-Highschool (wie „Brick“), Intrigantenstadl-mit-gelangweilten-Rich-Kids (wie „Eiskalte Engel“) und Langzahn-Romanze (na, wie was wohl?) auf den ersten Blick ebenso ungewöhnlich wie ambitioniert. Aber irgendwann in der vergangenen Dekade scheint Waters seinen Biss verloren zu haben, denn statt mit den vielversprechend-abwechslungsreichen Elementen der Vorlage „Blutsschwestern“ von Richelle Mead Spaß zu haben, sind er und sein Bruder Daniel („Batmans Rückkehr“), der das Drehbuch beisteuert, nur damit beschäftigt, den unnötig kompliziert aufgezogenen Plot in viel zu knappen 105 Minuten durchzuprügeln. Und so bleiben Witz, Spannung und Romantik völlig auf der Strecke.

    In der Welt der sechsteiligen „Vampire Academy“-Romanreihe gibt es drei Arten von Vampiren. Die Moroi sind adelig und gut, aber dafür nicht unsterblich. Quasi ihr Fußvolk sind die Dhampir (halb Mensch, halb Vampir), deren einzige Mission im Leben es ist, die Adeligen vor der dritten Vampir-Rasse zu schützen, den mörderischen und unsterblichen Strigoi. Auf dem in Montana gelegenen Vampir-Internat St. Vladimir’s Academy hat es sich die 17-jährige Dhampir-Novizin Rose (Zoey Deutch) zur Aufgabe gemacht, über ihre beste Freundin Lissa (Lucy Fry) zu wachen. Und diesen Schutz hat die angehende Moroi-Königin auch dringend nötig. Denn im Internat braut sich gerade eine Verschwörung gegen sie zusammen und es verdichten sich die Anzeichen, dass hinter dieser nicht wie üblich nur die Strigoi stecken, sondern womöglich auch jemand aus den eigenen Reihen...

    Eigentlich hätte die Besetzung der überzeugend-schlagfertigen Zoey Deutch („Beautiful Creatures“) schon die halbe Miete sein können. Im Geiste einer Ellen Page in „Juno“ oder einer Kristen Bell in „Veronica Mars“ erweist sie sich als rebellische, freche und sich von niemandem etwas sagen lassende Heldin, die nicht nur Vampir-Bösewichte vermöbelt, sondern die Ermittlungen zur Verschwörung auch noch mit einem trockenen Film-noir-Off-Kommentar versieht und sich zudem einige Male – voll meta! - direkt ans Publikum wendet: „Jetzt kommen wir zur obligatorischen Mensa-Szene.“ Aber das hilft alles nichts, wenn dem Regisseur und dem Drehbuchautor offensichtlich jegliches Gespür für das Material abgeht. Zugegebenermaßen ist der Plot mit seinen verschiedenen Vampir-Rassen, Psi-Hunden, Adelsgeschlechtern und Bluthuren, seinen Schulregeln und Magiefähigkeiten schon sehr kompliziert, aber nun besteht das Skript zu gefühlt 80 Prozent aus Dialogen, in denen die Figuren sich ohne ersichtliche Motivation gegenseitig erklären, was gerade passiert. Das wirkt mitunter fast schon so, als würden sich die Schauspieler gegenseitig Wikipedia-Artikel zur Buchvorlage vorlesen. Die dramaturgische Verdichtung der umfangreichen Vorlage geht mächtig schief, das ist etwa in den nicht minder komplexen „Harry Potter“-Filmen hundert Mal stimmiger gelungen.

    Aber nicht nur das blutleere Drehbuch, sondern auch die mitunter billig wirkende Inszenierung (wieder mal die Psi-Hunde) verhindern, dass man als Zuschauer wirklich in die Fantasy-Internatswelt abtauchen kann. Bei „Harry Potter“ reichen das erste Festmahl in der Großen Halle und einige kurze Einblicke in die Schulstunden, um zu verstehen, wie Schüler und Lehrer in Hogwarts eigentlich ticken. Solche Szenen fehlen bei „Vampire Academy“ trotz des Titels so gut wie ganz: Lediglich in einer Fünf-Sekunden-Montage sieht man einmal, wie Lissa in einer Magie-Stunde Flüssigkeiten manipuliert, aber ansonsten scheint der Unterricht – wohl auch budgetbedingt - nahezu ausschließlich aus Einzelstunden von Rose mit ihrem Nahkampf-Trainer Dimitri (Danila Kozlovsky) zu bestehen. Zwischen der 17-Jährigen und dem viel älteren Lehrer entwickelt sich auch eine intime Liaison, die dem 50-jährigen Waters offenbar nicht ganz geheuer ist, denn er inszeniert alle Szenen, die mit dem Teenie-Schwarm zu tun haben, mit einer merkwürdigen Distanz. Ganz weglassen konnte er sie aber auch nicht, weil die verbotene Romanze in möglichen Fortsetzungen noch eine bedeutende Rolle spielen würde. Ein Dilemma, dessen negative Folgen nun der Zuschauer auslöffeln darf.

    Den erwachsenen Darstellern scheint es übrigens nicht anders zu gehen als den Filmemachern selbst: Weder bei Olga Kurylenko („Oblivion“) als hysterische Schulleiterin Kirova noch bei Gabriel Byrne („End of Days“) als mächtiger Moroi Victor Dashkov oder Joely Richardson („Verblendung“) als Vampir-Königin Tatiana bekommt man das Gefühl, dass die Schauspieler wissen, worum es bei ihren Rollen überhaupt geht. Der Ohnmachts-Monolog von Kurylenko („Ach, wäre ich mit 16 doch nur als Model nach Mailand gegangen.“) erinnert an hochnotpeinliches Schultheater, während Byrne während des finalen Showdowns offenbar kurz vor dem Einschlafen steht, obwohl eigentlich großes Pathos angesagt wäre. Und Richardson trägt ihre royalen Reden vor (etwas anderes bekommt sie nicht zu tun) und spricht damit nicht nur über die Köpfe ihrer Untertanen, sondern auch über die der Zuschauer hinweg, und damit am ironischen Ton der Vorlage völlig vorbei.

    Fazit: Schade um die verpasste Chance, bei diesem Stoff und mit dieser Besetzung wäre deutlich (!) mehr drin gewesen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top