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    Rage - Tage der Vergeltung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Rage - Tage der Vergeltung
    Von Andreas Staben

    Als sie 1997 gemeinsam für John Woos extravaganten Rollentausch-Actioner „Face/Off - Im Körper des Feindes“ vor der Kamera standen, waren Nicolas Cage und John Travolta Superstars in Hollywood: ein frischgebackener Oscar-Preisträger (für „Leaving Las Vegas“) mit jeder Menge schauspielerischem Wagemut und der von Quentin Tarantino für „Pulp Fiction“ aus der Versenkung geholte coolste Tänzer der Stadt.  Bald 20 Jahre später läuft es nicht mehr so glänzend für die beiden und ihre neuesten Filme erscheinen immer öfter nur noch auf DVD und Blu-ray sowie als VOD. Dabei schlüpft der eine jetzt gewissermaßen erneut in die Haut des anderen, denn nach mehrfachen Verschiebungen und diversen anderen Problemen stiegen Nicolas Cage genauso wie der ursprünglich vorgesehene Regisseur William Friedkin („French Connection“) aus dem Rachethriller „Rage – Tage der Vergeltung“ aus. Mit Verspätung wurde das Projekt stattdessen mit John Travolta in der Hauptrolle und Chuck Russell („The Scorpion King“) hinter der Kamera doch noch realisiert: Das Ergebnis ist eine weitgehend leb- und ideenlose Genre-Routineübung mit fragwürdigen Untertönen.

    Columbus, Ohio: Der Kfz-Ingenieur Stanley Hill (John Travolta) und seine Frau Vivian (Rebecca DeMornay) werden in einer Tiefgarage überfallen, es fallen Schüsse. Sie stirbt noch an Ort und Stelle, während er verletzt überlebt. Bei einer polizeilichen Gegenüberstellung erkennt Stanley den Haupttäter Charley (Luis Da Silva Jr.) zwar eindeutig wieder, doch der Verdächtige wird von Detective Gibson (Sam Tremmell) trotzdem laufengelassen. Der Witwer versteht die Welt nicht mehr und wendet sich an seinen alten Freund Dennis (Christopher Meloni). Der war einst mit Stanley im Special-Ops-Einsatz und hält hinter der tarnenden Fassade eines Barbiersalons ein riesiges Arsenal an Waffen und Ausrüstung für einen zünftigen Rachefeldzug bereit. Das Duo zieht los, um die Täter zu erledigen. Dabei führen sie die Spuren aber nicht nur zur örtlichen Drogenmafia, sondern auch in die Kreise von Polizei und Politik – bis hinauf zum Gouverneur Meserve (Patrick St. Esprit)…

    Nicolas Cages manische Energie, die selbst drittklassigen Filmen meist noch eine bemerkenswerte Note gibt, hätte „Rage“ gut zu Gesicht gestanden. Stattdessen ist in John Travoltas wächsernen Gesichtszügen nur Müdigkeit zu erkennen. Ebenso wie sich der Autoexperte Stanley unverhofft als Ex-Elitekämpfer entpuppt (was einfach die cooleren Tötungsszenen ermöglicht), wird auch die Wandlung des geläuterten Familienvaters zum Racheengel nur mit minimalem Aufwand vollzogen. Ein Wutausbruch im Polizeirevier, ein zufälliger Blick in die Bibel – von Verzweiflung und Zorn sonst keine nennenswerte Spur. Die emotionale Wucht etwa von Liam Neeson in „96 Hours – Taken“ oder eben Nicolas Cage in „8MM – Acht Millimeter“ fehlt hier. Christopher Meloni („Man Of Steel“) steuert auch nur die im jahrelangen „Law & Order: Special Victims Unit“-Einsatz geübte Miene selbstgerechter Empörung bei. Wenn Stanley und Dennis zur Tat streiten, werden stattdessen flotte Söldner-Sprüche gemacht – was eher geschmacklos als unterhaltsam wirkt.

    Die hier geübte Selbstjustiz wird als biblisch abgesicherte Säuberung mit familiärer Zustimmung dargestellt. Ambivalenz oder wenigstens zynisch-provokante Zuspitzung hat da keinen Platz. Während „Dirty Harry“ & Co. noch das Publikum spalteten, wird „Rage“ weder seinem „deutschen“ Titel „Rage“ noch dem Originaltitel „I Am Wrath“ (Ich bin der Zorn) gerecht. Anstelle reißerischer Exzesse gibt es jugendfreie Routine – statt wie ursprünglich geplant der Macher von „Der Exorzist“ ist nun eben der Regisseur von „Eraser“ am Werk und der erreicht nach 14 Jahren Kinoabstinenz bei weitem nicht die Form alter Tage. Den größten Stilwillen zeigt Chuck Russell noch, wenn er dem trauernden Witwer durch eine zufällig aufgeblätterte und leuchtend hervorgehobene Bibelstelle (Jeremia 6,11) den Weg zur Rache weist. Ansonsten gibt es die üblichen Klischees über kriminelle Latinos und Schwarze sowie über korrupte Cops und Politiker, dazu einen Hauch Sadismus, ein paar wenig plausible Verwicklungen und halbwegs ordentliche Actionszenen.

    Fazit: Viel zu routiniert abgespulter und politisch unsensibler Rachethriller nach Schema F.

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