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    Minions
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Minions
    Von Andreas Staben

    Das Beste kommt zum Schluss, sagt das Sprichwort, und die Macher von Illumination Entertainment haben sich bei ihrem Animationssuperhit „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ (weltweites Einspielergebnis: 970 Millionen Dollar) daran gehalten: Nachdem die knuffig-verrückten Minions dem Superbösewicht Gru im zweiten Teil seiner Abenteuer erneut die Schau gestohlen hatten, drehten drei der gelben Wichte in Latzhosen im Abspann noch einmal voll auf. Ein eigener Kinofilm mit den sympathischen Einzellern im Mittelpunkt war da längst beschlossene Sache und so lernten wir in einer irren Slapstick-Einlage schon einmal die Protagonisten dieses schlicht und treffend „Minions“ betitelten Werks kennen. In der Folge wurde die Vorfreude eifrig weiter geschürt (sogar eine Berliner U-Bahn-Station hat man in ein kleines Minion-Museum verwandelt) und auch dem fertigen Film ist nun anzumerken, dass man sich viel vorgenommen hat: Mit der Menge an verrückten Einfällen, die Minions-Erfinder Pierre Coffin (der auch fast allen der angeblich 899 verschiedenen, Kauderwelsch sprechenden Winzlinge seine Stimme verleiht) und sein Co-Regisseur Kyle Balda („Der Lorax“) in ihrem schwungvoll-witzigen 3D-Animationsfilm untergebracht haben, hätten sich locker mehrere Teile drehen lassen. Für einen stabilen roten Faden und für eine bemerkenswerte neue Bösewichtfigur hat es dabei zwar nicht mehr gereicht, aber das ist angesichts der gebotenen Fülle gut zu verschmerzen – spätestens beim grandiosen „Rausschmeißer“ NACH dem Abspann sind alle Einwände vergessen.  

    Seit Urzeiten haben sich die kleinen gelben Minions nichts sehnlicher gewünscht als einem Bösewicht zu dienen, aber die pillenförmigen Tollpatsche bringen ihren Bossen kein Glück: Nach einer ganzen Reihe von historischen Missgeschicken vermasseln sie schließlich auch noch Napoleon den Russlandfeldzug, worauf sich die Bananenliebhaber in eine entlegene Eishöhle zurückziehen. Dort führen sie ein zunehmend deprimierendes Dasein, ehe der überdurchschnittlich aufgeweckte Kevin (Stimme im Original: Pierre Coffin) auf eine Idee kommt: Sie müssen einen neuen Schurken finden, dem sie folgen können. Gemeinsam mit dem kleinen Bob (Pierre Coffin) und dem Ukulele-Spieler Stuart (Pierre Coffin) macht sich Kevin auf die Suche. 1968 wird das Trio nach einer Zwischenstation in New York beim Stelldichein der Bösewichte in Orlando fündig: Scarlet Overkill (Sandra Bullock / deutsche Stimme: Carolin Kebekus) will unbedingt die erste weibliche Superschurkin in der Geschichte werden und sie heuert die drei Minions an, um ihr bei ihrem Plan zu helfen, Königin Elizabeth II von England (Jennifer Saunders) die Krone zu stehlen. Selbstverständlich geht dabei einiges schief…

    Diesmal kommt das Allerbeste gleich am Anfang. Für alle Minion-Fans und alle Freunde des absurden Humors ist die erste halbe Stunde des Films, der sich erst am Ende mit einer gelungenen Überraschung als echtes Prequel zu „Ich – Einfach unverbesserlich“ und „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ entpuppt, ein reines Fest. In einer Mischung aus anarchischem Humor, unwiderstehlicher Niedlichkeit und alle Altersgruppen ansteckender fröhlicher Albernheit wird von den Ursprüngen der gelben ein- oder zweiäugigen Wichte mit den überdimensionierten Schwimmbrillen erzählt und die Worte von Oscar-Preisträger Geoffrey Rush aus dem Off (im Original) werden von einem regelrechten Stakkato aus visuellen Gags und skurrilen Einfällen begleitet: Es ist zu sehen, wie die kleinen Wichte sich immer wieder mit unschuldigem Feuereifer an die Seite der Bösen stellen und dabei regelmäßig alles im Chaos endet: ein mächtiger Dinosaurier landet in einem Vulkan, ein Pharao wird unter einer Pyramide begraben, Graf Dracula zerfällt zu Staub. Köstlich ist auch die Massendepression, die unter den arbeitslosen Minions ausbricht – bei einem Fußballspiel schleppen sich beide Mannschaften mit hängenden Köpfen über den Platz. Wenn Kevin, Stuart und Bob schließlich auf die Reise gehen, dann lässt die Dichte der gelungenen Gags (die oft in direkter Beziehung zur Menge der beteiligten Minions steht) nach und es zeigt sich, dass die süßen Eierköpfe nur bedingt als individuelle Helden einer klassisch erzählten Geschichte taugen.

    Selbst wenn sie in der Folterkammer des Tower of London landen, kommt bei den quirligen Gelblingen fröhlicher Unsinn heraus (samt einer neuen Definition von „Galgenhumor“), aber eben diese Unverwüstlichkeit, die mit einer gewissen Beschränktheit Hand in Hand geht, macht es auch manchmal schwer, mit den Minions mitzufiebern. Ihre elementaren Bedürfnisse lassen sich in den Worten „Boss“ und „Banana“ - zwei der wenigen verständlichen Vokabeln in dem ständigen Fantasie-Gebrabbel der gelben Helferlein - gut zusammenfassen. Umso wichtiger ist da die Rolle des erwählten Bösewichts. Und die fällt nicht nur im Vergleich zum herzensguten Schurken Gru enttäuschend aus: Sandra Bullocks Scarlet Overkill macht ihrem Nachnamen alle Ehre und erscheint als schrille Schreckschraube mit unbewältigtem Kindheitstrauma. Sympathien gewinnt sie keine und so fehlt dem Film ein wenig das Herz. Mit der Bankräuber-Familie Nelson, die Kevin, Stuart und Bob als Anhalter mitnimmt, im Zentrum hätte sich vermutlich eine überzeugendere Geschichte erzählen lassen, aber hier sind sowieso die Gags am Rande wichtiger als die oft wenig schlüssige Handlung. Und dabei landen die Minions deutlich mehr Treffer als andere zu Protagonisten beförderte Sidekicks wie „Die Pinguine aus Madagascar“: von Anspielungen auf die Artus-Sage über die beschwingte Sixties-Musik bis zur abschließenden Cover-Version des Beatles-Hits „Revolution“, den sie in einen unwiderstehlichen Nonsens-Gassenhauer verwandeln. Und wenn die Minions 2017 in „Ich – Einfach unverbesserlich 3“ an die Seite von Gru zurückkehren, dann könnte das ein noch größeres Vergnügen werden.

    Fazit: „Minions“ ist ein temporeiches, originelles und oft sehr lustiges Animationsspektakel, bei dem die eigentliche Geschichte etwas kurz kommt.

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