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    3 Zimmer/Küche/Bad
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    3 Zimmer/Küche/Bad
    Von Lars-Christian Daniels

    An cleveren Marketingideen mangelt es dem jungen Team hinter Dietrich Brüggemanns „3 Zimmer/ Küche/ Bad" ganz offensichtlich nicht: Wer in der Woche der Weltpremiere beim 30. Filmfest München aufmerksam durch die Straßen der bayerischen Landeshauptstadt schlenderte, stieß in Festivalnähe nicht selten auf Laternenpfähle, an denen weiße Din-A4-Zettel mit roten Leuchtbuchstaben und der Aufschrift „3 Zimmer/ Küche/ Bad" prangten. Manch verzweifelter Wohnungssuchender mag hier angesichts der horrenden Münchener Mietpreise auf ein günstiges Angebot gehofft haben, wurde bei genauerem Hinsehen aber enttäuscht. Statt weiterer Infos zur Unterkunft und den Mietkonditionen listet das Kinoplakat im Schafspelz nämlich die Namen der beteiligten Filmemacher und Förderer, statt Handynummer und E-Mail-Adresse die Namen der Hauptdarsteller auf Blättchen zum Abreißen. Eine witzige Idee! Doch der dritte Kinofilm von Dietrich Brüggemann („Renn, wenn du kannst") hat mehr zu bieten als ausgefallene Promotion: Seine turbulente Umzugskomödie nimmt nach einem etwas schleppenden Auftakt furios Fahrt auf und punktet mit unverbrauchten Einfällen am Fließband.

    Das Leben besteht aus Umzügen – zumindest für die acht Freunde Philipp (Jacob Matschenz), Wiebke (Katharina Spiering), Dina (Anna Brüggemann), Michael (Alexander Khuon), Thomas (Robert Gwisdek), Jessica (Alice Dwyer), Maria (Aylin Tezel) und Swantje (Amelie Kiefer). WG-Bewohner kommen und gehen, Wohnorte wechseln, alte Waschmaschinen finden neue Abnehmer, schwere Kartons müssen in den vierten Stock und wieder herunter getragen sowie die ersten gemeinsamen Einrichtungspläne geschmiedet werden. Man trampt von Stuttgart nach Berlin, um den geliebten Freund zu sehen, quartiert sich über Weihnachten bei der Familie in Hannover ein und juckelt im randvoll bepackten Umzugstransporter nach Freiburg, um sich auf der Fahrt in den Breisgau plötzlich in die Haare zu kriegen und die Zukunftspläne über Bord zu werfen. Doch wo Beziehungen in die Brüche gehen, da flammt auch neue Liebe auf...

    Philipp ist mit Maria zusammen, liebt aber eigentlich Dina. Dina hingegen liebt nicht Philipp, sondern Michael, von dem sie unverhofft schwanger wird. Michael wiederum trifft sich mit Wiebke, die mit Dina zusammenwohnt, lässt Wiebke aber genauso fallen wie Dina, der er Jessica vorzieht. Was Michael weiß: Jessica ist mit Thomas zusammen, den sie trotz neuer gemeinsamer Wohnung betrügt. Was Michael nicht weiß: Jessica ist eigentlich seine Stiefschwester. Was Jessica nicht weiß: Thomas telefoniert seit einem halben Jahr mit Swantje, die in Stuttgart wohnt, aber in Thomas verliebt ist. Klingt kompliziert? Ist es auch. Brüggemann, der gemeinsam mit seiner Schwester Anna (im Film als Dina zu sehen) auch für das Drehbuch verantwortlich ist, stemmt im ersten Filmdrittel die Herkulesaufgabe, das Beziehungsgeflecht und die kleinen Macken der achtköpfigen Umzugstruppe ausführlich einzuführen – was zwecks Überblick auch dringend nötig ist. Der Nachteil: „3 Zimmer/ Küche/ Bad" kommt ziemlich schwer in Fahrt, weil lange mit nennenswerten Pointen gegeizt wird.

    Brüggemanns Dramaturgie ist vergleichbar mit dem mühsamen Errichten eines Kartenhauses: Geduld und Ruhe sind gefragt, wenn der Aufbau gelingen soll, und steht das Gerüst endlich in voller Größe, reicht schon eine kleine Erschütterung, um das wackelige Konstrukt zum Einsturz zu bringen. Im Film kommt diese Erschütterung, dieses sprichwörtliche Erdbeben, in einer grandiosen Sequenz in Philipps und Wiebkes Elternhaus, in der Mutter (gewohnt stark: Corinna Harfouch) und Vater (köstlich: Hans-Heinrich Hardt) ihren erwachsenen Kindern mit feierlicher Miene offenbaren, dass sie ihnen Zeit ihres Lebens ein großes Geheimnis verschwiegen haben (das an dieser Stelle natürlich nicht verraten soll). Beginnend mit dieser brüllend komischen Sequenz unterm Tannenbaum kommt der Stein ins Rollen: Glückliche Beziehungen werden hinterfragt, leidenschaftliche Affären begonnen und gemeinsame Wohnungspläne verworfen.

    Am unterhaltsamsten gestalten sich diese furiosen Entwicklungen, die Brüggemann erst gegen Ende ein wenig überstrapaziert, im Hinblick auf das junge Glück von Kuschelmuffel Thomas („Ich muss noch... äh... Bilder einscannen.") und der frustrierten Jessica („Schlechten Sex kann ich auch mit wem anders haben!"), die die Umzugskartons kaum ausgepackt haben, aber schon fleißig ihre unausweichliche Trennung debattieren. Für den besten Runnning Gag sorgt unterdessen die bedauernswerte Wiebke, die einfach immer an die falschen Liebhaber gerät: Ein ums andere Mal geht sie buchstäblich mit ihren neuen Flammen baden. Brüggemann versammelt zahlreiche Darsteller seines zweiten Kinofilms „Renn, wenn du kannst" erneut vor der Kamera und weiß dabei genau, wem er welche Rolle auf den Leib schreibt. Einzig die Auftritte von Burak Yigit („Bis aufs Blut – Brüder auf Bewährung") und Maryam Zaree („Shahada"), die immer wieder als Zeugen Jehovas vor der Wohnungstür stehen, wollen nicht wirklich zünden.

    Fazit: Es gibt sie noch, die unerzählten Geschichten – mit „3 Zimmer/ Küche/ Bad" widmet sich Dietrich Brüggemann einem ausgefallenen Thema und nutzt die Umzugswirren als Bühne für eine starke Komödie. Dass der Film langsam startet, mitunter einige Gags verpuffen und sich die Handlungswendungen zum Schluss überschlagen, lässt sich dabei leicht verschmerzen.

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