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    Macho Man
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Macho Man
    Von Asokan Nirmalarajah

    Ob als Moderator in Funk und Fernsehen, als Komiker in Reality-TV-Experimenten wie „Mein neuer Freund“, als Autor und Zeitschriftenkolumnist oder als Hörbuchsprecher - in der Regel besticht die Arbeit des Entertainers Christian Ulmen durch Risikobereitschaft und die spielerische Subversion unserer Rezeptionsgewohnheiten. Auch im Kino hat Ulmen als Titelfigur von Leander Haußmanns Kultfilm „Herr Lehmann“ (2003) oder mit dem Schulselbstversuch „Jonas“ (2012) das Publikum durchaus gefordert, selbst seine Werbeauftritte für einen Kabelnetzbetreiber zeigen Persönlichkeit. Mit der Figur des unbeholfenen Biedermanns hat der Tausendsassa zudem eine Paraderolle für konventionellere Projekte wie etwa die „Männerherzen“-Filme oder die Culture-Clash-Komödie „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ gefunden – und auch die verkörpert er auf meist unverwechselbare Weise. In Christof Wahls „Macho Man“, der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Moritz Netenjakob, spielt Ulmen nun einmal mehr den typisch deutschen Softie, der sich gegen die Hypervirilität der Männer und die Eigenarten der Frauen aus dem fremden Kulturkreis seiner Angebeteten behaupten muss. Das deutsch-türkische Komödienscharmützel in hochglänzender Werbefilmoptik erweist sich jedoch trotz Ulmens bewährter Mitwirkung als wenig witzig.

    Daniel (Christian Ulmen) hat es nicht leicht. Der Kölner arbeitet als kreativer Kopf in einer Marketing-Agentur, wird aber von seinen Kollegen (Axel Stein, Inez Bjorg David, Vladimir Burlakov) mit seinem chronischen Single-Dasein aufgezogen und von seinem Chef Kleinmüller (Samuel Finzi) als Lichtdouble für Werbespots verheizt. Sie alle staunen nicht schlecht, als der FC-Fan von seiner unverhofften Urlaubsromanze mit der Animateurin Aylin (Aylin Tezel) berichtet. Trotz seiner ausgeprägten Schüchternheit hat sich die ebenfalls in Köln lebende Türkin in den Sohn politisch engagierter 68er-Eltern (Gitta Schweighöfer und Peter Prager) verliebt. Um bei Aylins traditionsbewussten Eltern (Lilay Huser und Vedat Erincin) nicht anzuecken, bittet Daniel ihren hypermaskulinen Bruder Cem (Dar Salim) um Hilfe: Der soll den verhuschten Deutschen in einen gut gekleideten, selbstbewussten Macho verwandeln, um in Aylins Kulturkreis für voll genommen zu werden. Die Frage ist nur, ob der das überhaupt gefällt…

    Regisseur Christof Wahl hat für „Macho Man“ eine beeindruckende Riege bekannter (Kino-)Gesichter zusammengebracht. Abgesehen von den Gastauftritten einiger Prominenter wie etwa des Fußballweltmeisters Lukas Podolski und des „Alarm für Cobra 11“-Veteranen Erdoğan Atalay, die ihren Kölner Lokalpatriotismus zeigen, gibt es hier eine Wiedervereinigung für die Hauptdarsteller aus dem Komödienhit „Almanya – Willkommen in Deutschland“ von 2011 – diesmal als Eltern (Vedat Erincin, Lilay Huser) und Tochter (Aylin Tezel). Doch mit vielgelobten Vorgängern wie diesem oder auch „Türkisch für Anfänger“ kann der deutlich plumpere „Macho Man“ nicht mithalten. Statt  amüsanter und zumindest gelegentlich erhellender Beobachtungen über die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen, Türken und Deutschtürken gibt es hier eine Aneinanderreihung meist nur oberflächlich behandelter Klischees. Auf der einen Seite haben wir den leicht übergewichtigen, blassen deutschen Mann mit dem unkontrollierten Bartwuchs und dem Händedruck eines Mädchens. Ihm entgegengesetzt wird der souveräne, perfekt gepflegte und gekleidete türkische Macho, der sich irgendwann als latent homosexuell entpuppt. Hier wird zwischen den kulturell grob geschnitzten Extremen von Memme und Macho gependelt – dazwischen scheint es nichts zu geben.

    Während die Männer in der Krise stecken, vollführt die Traumfrau Aylin den Balanceakt zwischen Kopftuch und Karriere ohne Fehltritt und ohne wirkliche Schwierigkeiten – durch diese Idealisierung und den Verzicht auf Widerhaken machen es sich die Filmemacher extrem leicht und degradieren die weibliche Protagonistin weitgehend zur bloßen Stichwortgeberin. Da ist es fast schon fast folgerichtig, dass sie zeitweise völlig aus dem Film verschwindet. Das ist bedauerlich, denn selbst dieser schablonenhaften Nicht-Figur verleiht Aylin Tezel eine gewisse faszinierende Kratzbürstigkeit, die ahnen lässt, was hier mit einem besseren Drehbuch möglich gewesen wäre. Doch hier hapert es bereits am erzählerischen Einmaleins: Warum sich die persönlichkeitsfreie Aylin in den neurotischen Daniel verliebt, ist genauso wenig nachvollziehbar wie seine plötzliche Verwandlung in einen proletenhaften Macho. Statt sich wenigstens ein wenig um das Innenleben der Hauptfiguren zu kümmern, präsentieren die Filmemacher immer mehr redselige Nebenfiguren in überflüssigen Nebenhandlungen. Diese Defizite kann auch die durchweg gut aufgelegte Besetzung nicht auffangen.

    Fazit: Die Culture-Clash-Komödie „Macho Man“ bietet wenig Witz und Romantik, dafür viele uninspiriert wiedergekäute Klischees und eine Menge Leerlauf.

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