Im Ausland vor allem in der LGBT-Gemeinde bekannt und beliebt, avancierte die britische Sitcom „Absolutely Fabulous“, deren sechs Staffeln mit zum Teil langen Unterbrechungen zwischen 1992 und 2012 ausgestrahlt wurden, in ihrer Heimat zum absoluten Megahit – zuletzt lockten dort einzelne Episoden bis zu neun Millionen Zuschauer vor die Fernsehschirme. Kein Wunder also, dass es Jennifer Saunders als champagnersüchtige PR-Managerin Edina Monsoon und Joanna Lumley als männerhungrige Mode-Redakteurin Patsy Stone nun auch ins Kino geschafft haben: Finanziell hat sich der Sprung auf die große Leinwand dabei bereits gelohnt, „Absolutely Fabulous – Der Film“ hat in Großbritannien den bisher erfolgreichsten Start eines einheimischen Films 2016 hingelegt, und auch wenn der Kinoableger nicht ganz so brillant und geschliffen geraten ist wie die besten Folgen der Sitcom, bietet die Mode-, Party- und Generationensatire immer noch genügend zündende Pointen, um Fans der Serie für 90 Minuten in prickelnder Nostalgie (es fließt natürlich wieder reichlich Bollinger, der Lieblingschampagner der Girls) schwelgen zu lassen.
Edina Monsoon (Jennifer Saunders) geht zwar steil auf die 60 zu, ist deshalb aber kein bisschen weniger chaotisch oder partyhungrig als vor 20 Jahren, weshalb auch ihre PR-Firma langsam den Bach runter geht. Als sie von ihrer ähnlich verplanten, ständig in den absurdesten Outfits herumlaufenden Assistentin Bubble (Jane Horrocks) erfährt, dass Kate Moss (spielt sich selbst) gerade ihre PR-Agentur gefeuert hat, ist für Edina deshalb sofort klar: Sie muss das Supermodel unbedingt als neue Klientin gewinnen! Auf einer Modeparty will sie sich deshalb mit Hilfe ihrer besten Freundin Patsy Stone (Joanna Lumley) und ihrer Enkeltochter Lola (Indeyarna Donaldson-Holness) an Moss ranschmeißen, was allerdings nicht nur in allerlei Peinlichkeiten, sondern schließlich sogar in eine echte Katastrophe mündet: Nachdem Edina die Modeikone versehentlich vom Geländer in die Themse gestoßen hat, avanciert sie als vermeintliche Mörderin von Kate Moss zur meistgehassten Frau Londons. Aber Edina wäre nicht Edina, wenn sie sich ihren Problemen stellen würde, also flüchtet sie gemeinsam mit Patsy an die Côte d'Azur, um sich dort möglichst reiche Männer zu angeln …
Während in Mainstream-US-Sitcoms von „Friends“ bis „How I Met Your Mother“ meist sympathisch-nette Typen im Mittelpunkt stehen, mit denen man auch selbst gern abhängen würde, geht es in Großbritannien von „Blackadder“ über „The Office“ bis „The IT Crowd“ deutlich rauer zu und die erfolgreichsten Protagonisten sind oft ziemliche Arschlöcher. „Absolutely Fabulous“ ist da keine Ausnahme: Edina und Patsy sind selbstbezogen, egoistisch, drogen- wie luxussüchtig, dem Jugendwahn verfallen, rücksichtslos, völlig verplant - und natürlich absolut fabelhaft! Kaum jemand beherrscht es so gut wie britische Sitcom-Macher (in diesem Fall Hauptdarstellerin Jennifer Saunders, die nicht nur die Serie selbst entwickelt, sondern auch die Drehbücher zu allen Folgen und zum Film verfasst hat), Figuren so verachtenswert zu zeichnen, dass sie schon wieder liebenswert sind. Und so begeistern auch in „Absolutely Fabulous – Der Film“ vor allem die Szenen, in denen Edina und Patsy über ihre ganz spezielle, selbstbezogene Sicht der Welt debattieren, etwa wenn sich Edina kurz nach dem „Mord“ an Kate Moss mehr für ein paar Schuhe im Schaufenster als für ihren folgenreichen Fauxpas interessiert.
Aber wie das nun einmal so ist, wenn ein Franchise aus dem Fernsehen ins Kino wandert, muss halt alles eine paar Nummern größer ausfallen – und dabei gibt es auch hier die üblichen Wachstumsschmerzen: Alle bedeutenderen Nebenfiguren aus sechs Staffeln – wie Patsys ehemalige Kolleginnen Fleur (Harriet Thorpe) und Catriona (Helen Lederer) - müssen im Kinofilm natürlich zumindest kurz vorbeischauen, egal ob sie einen guten Gag im Gepäck haben oder auch nicht. Und dank des immensen Kultstatus der Serie hatten die Macher leichtes Spiel, jede Menge Stars (vor allem aus der Modebranche) für Cameos zu gewinnen – aber bei weitem nicht jeder davon ist so lustig wie der Auftritt von Jean-Paul Gaultier als Eremit, der ständig mit seinem Metalldetektor den Strand absucht. („Zoolander 2“ hatte vor kurzem ein ähnliches Problem.) Dem großartigen Biss der in der Serie extrem pointierten Dialoge droht hier bei all dem zusätzlichen Ballast von unnötigen Figuren und halbgaren Cameos so mitunter dasselbe Schicksal wie der von der Balustrade gestoßenen Kate Moss.
Fazit: Auch „Absolutely Fabulous – Der Film“ hat zwar viele der üblichen Probleme von Kinoablegern von TV-Serien, wird Fans der britischen Kult-Sitcom aber dennoch prickelnd unterhalten.