Mit dem titelgebenden Superclásico, dem Fußballderby zwischen den beliebten argentinischen Vereinen Boca Juniors und River Plate aus der Hauptstadt Buenos Aires, hat die erste Komödie des vielfach prämierten dänischen Filmemachers Ole Christian Madsen („Tage des Zorns") lediglich am Rande etwas zu tun. Damit sich das eher romantisch als sportlich gestimmte Zielpublikum für die witzig-sentimentale Beziehungsfarce auf keinen Fall von ihrem Originaltitel irreführen lässt, ging der hiesige Verleih lieber auf Nummer sicher und fügte den Untertitel „Meine Frau will heiraten!" hinzu – und tat zur Abwechslung mal sehr gut daran. Denn „Superclassico", der in seiner Heimat ein so großer Publikumshit war, dass man ihn als Dänemarks Vorschlag für die Oscar-Kategorie des Besten nicht-englischsprachigen Films 2011 einreichte, ist eine sehr unterhaltsame, ansprechend inszenierte und schwungvoll gespielte Liebeskomödie, die zwar altmodisch, aber oft auch erfrischend kauzig ist.
Christian (Anders W. Berthelsen) spielt mit Selbstmordgedanken. Und er hat, wie er findet, guten Grund dazu: Der Laden des Kopenhagener Weinhändlers steht kurz vor der Pleite, nicht zuletzt, weil Christian sich nach der Trennung von seiner Frau Anna (Paprika Steen) lieber selbst über die Alkoholbestände hermacht. Der gemeinsame 16-jährige Sohn Oscar (Jamie Morton) sucht indes in den Büchern großer Philosophen Trost. Als Christian die Scheidungspapiere der in Buenos Aires als erfolgreiche Fußballmanagerin tätigen Anna erhält, weil sie den argentinischen Starkicker Juan Diaz (Sebastián Estevanez) zu ehelichen gedenkt, beschließt er, einen letzten Versuch zu wagen, seine Frau zurückzugewinnen und macht sich mit Oscar auf den Weg nach Südamerika. Einmal in Argentinien angekommen entwickeln sich die Liebesdinge dann ganz anders als erwartet. Der Vater läuft n läuft der dominanten Haushälterin Fernanda (Adriana Mascialino) über den Weg, während der Sohn die liebliche Touristenführerin Veronica (Dafne Schilling) kennenlernt...
Die flotte, bunte und liebenswerte Familiengeschichte, die in recht ernstem Tonfall beginnt, wird von Ole Christian Madsen und seinem Co-Autor Anders Frithiof August mit unerwartet vielen komischen und romantischen Elementen versehen. Dabei erweist sich der beschwingte und fröhliche Beziehungsfilm „Superclassico" als organische Weiterentwicklung der thematischen Vorlieben des Regisseurs. Der ansonsten für unbequeme intime Dramen gefeierte Filmemacher geht sogar so weit, seine jüngste Regiearbeit als Abschluss einer inoffiziellen Trilogie zu bezeichnen, zu der bisher die düsteren Beziehungsgeschichten „Kira" und „Prag" gehören. Tatsächlich dreht sich wie in den zwei Vorläufern auch im weit fröhlicheren „Superclassico" alles um eine Trennung, allerdings geht es hier um die Zeit danach, wenn (zunächst) jede Hoffnung verloren scheint.
Mal melancholisch, mal verspielt widmet sich Madsen dem Thema Scheidung und vepackt seine bittersüßen Einsichten über Liebesglück und Liebesleid in hübsche, farbgesättigte Cinemascope-Postkartenbilder seines Stammkameramanns Jørgen Johansson. Dabei kann er auf eine durchweg solide Besetzung mit viel Spielfreude zurückgreifen, angeführt von den dänischen Stars Anders W. Berthelsen („Italienisch für Anfänger") und Paprika Steen („Das Fest"), die in den Hauptrollen souverän zwischen Komik und Tragik wechseln. Trotzdem sind es die atemberaubende Adriana Mascialino als sexuell aggressives, Christian mit Rat und vollem Körpereinsatz zur Seite stehendes Dienstmädchen und der sympathische Sebastian Estevanez in seinem Kinodebüt als ständig nackter, lebensfroher Latin Lover, die an den Nebenschauplätzen der Geschichte besonders brillieren. Die wohl beste Szene, eine lange, betrunkene Tirade über das Leiden der Männer an Liebeskummer, gehört wiederum Miguel Dedovich als zorniger, fluchender Winzer, mit dem Christian eine tiefsinnige Freundschaft an der Bar schließt – eines der komisch-nachdenklichen Highlights des nur gelegentlich allzu albernen Films.
Fazit: „Superclassico... Meine Frau will heiraten!" mag anfangs etwas angestrengt wirken, doch die toll aufgelegten Schauspieler, das beherzte Erzähltempo und die witzigen Ideen – von tangotanzenden Kakerlaken bis zu sexhungrigen Dienstmädchen im Rentneralter – machen den sonnig-abenteuerlichen Trip nach Südamerika und in die gebrochenen Herzen manch eines verlassenen, verbitterten Mannes überaus sehenswert.