Ein endgültiges Urteil darüber, ob die 3D-Technik das Kino nun auf ein neues Level heben oder auf unabsehbare Zeit in eine Sackgasse führen wird, ist noch nicht gesprochen. Aber es gibt zumindest ein Genre, auf das die technische Entwicklung einen kaum zu bestreitenden positiven Effekt ausübt: den Tanzfilm. Sicherlich sind Schauspieler wie Jennifer Beals („Flashdance") oder Jessica Alba („Honey") keine Bewegungslegastheniker, aber mit den passenden, schnell gesetzten Schnitten lässt sich jeder nicht vollkommen talentfreie Darsteller als Meistertänzer inszenieren (vor allem wenn wie in „Flashdance" im großen Finale einfach der Tanzlehrer übernimmt und die Hauptdarstellerin nur noch in den Nahaufnahmen ihr Gesicht hinhält). Doch in einem dreidimensional aufbereiteten Film sind solche Schnittorgien kaum mehr möglich, denn für das überforderte menschliche Auge werden die schnellen Bildwechsel beim Blick durch die 3D-Brille zu einem undefinierten bräunlichen Matsch. Statt Inszenierungsgeschick sind also plötzlich reale Tanzkünste gefragt, die dann im besten Fall in atemberaubenden Choreographien präsentiert werden. Ein begrüßenswerter Trend, den Max Giwa und Dania Pasquini in ihrem streckenweise spektakulären 3D-Tanzfilm „StreetDance 2" nahtlos fortführen.
Weil Streetdancer Ash (Falk Hentschel) bei einem Dance-Battle-Wettbewerb von der US-Crew Invincible mit Popcorn überschüttet und lächerlich gemacht wurde, holt er zum ultimativen europäischen Gegenschlag aus. Aus Metropolen von London über Berlin bis Rom sammelt er die besten Streetdancer des Kontinents zusammen, um die übermächtig scheinende Konkurrenz aus den Staaten beim anstehenden „Ultimate Dance Off" in Grund und Boden zu tanzen. Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss Ash aus dem zusammengewürfelten Haufen erst einmal ein eingeschworenes Team formen. Außerdem will er als besonderes Extra die sexy Salsa-Tänzerin Eva (Sofia Boutella) in seine Crew integrieren, was bei seinen eingefleischten Freestyle-Kollegen jedoch zunächst auf großen Widerstand stößt...
Endet ein Film mit einem Tanzwettbewerb, lässt sich oft Folgendes beobachten: Weil für die gegnerischen Crews in der Regel echte Profitänzer engagiert werden, sind diese meist viel besser als das eigentlich im Mittelpunkt stehende, mit Schauspielern besetzte Team, das dann trotzdem und vollkommen unverdient im Sinne des Happy Ends den Sieg davonträgt. In „StreetDance 2" gibt es dieses Problem hingegen nicht. Der aus Leipzig stammende Hauptdarsteller Falk Hentschel („Knight And Day") ist ein wesentlich besserer Tänzer als Schauspieler (was hier ausnahmsweise als Lob gemeint ist) und die anderen Mitglieder seiner Crew sind entweder Profi-Streetdancer oder wie George Sampson, der Ashs Sidekick Eddie spielt, durch die erfolgreiche Teilnahme an „Britain's Got Talent" (der britischen Version von Dieter Bohlens „Das Supertalent") zu Ruhm gekommen. Der Einsatz der 3D-Technik zwingt nicht nur die Macher dazu, echte Tanz-Talente zu besetzen, sondern ist hier auch sonst gut gelungen. Vor allem im eröffnenden Dance Battle, dessen Location an eine Mischung aus einem Miniatur-Kolosseum und der Gefängnisinsel Alcatraz erinnert, wird der 3D-Effekt mittels herumfliegender Arme, Beine und Popcorn-Kügelchen extrem ausgereizt.
Die Szenen zwischen den Battles können da erwartungsgemäß nicht mithalten. Aber die ursprünglich aus dem Werbe- und Musikvideobereich stammenden Regisseure Max Giwa und Dania Pasquini wissen ziemlich genau, wo ihre Stärken (und eben auch Schwächen) liegen. Deshalb sind die Zwischenszenen gefüllt mit amüsant-harmlosen Gags wie einem Chilischoten-Wettessen und einer unverfänglichen Liebesgeschichte – beides haut einen nicht vom Hocker, ist aber kurzweilig genug, um nicht zu sehr von den gerade im Finale spektakulären Streetdance-Choreographien abzulenken. Und dafür, dass diese nicht einfach nur noch mehr von dem bieten, was wir in Filmen wie „Honey", „Stomp the Yard" oder „Step Up To The Streets" schon zur Genüge gesehen haben, sorgt eine Besonderheit der „StreetDance"-Reihe: Wurde der Streetdance-Stil im ersten Teil noch mit Ballett-Moves angereichert, sind es in der Fortsetzung die von Madonna-Tänzerin Sofia Boutella eingebrachten Salsa-Einflüsse, die dem Popping, Locking und Krumping eine gänzlich frische Note verleihen.
Fazit: Ein Kinotipp für alle, die sich einen Film über Streetdancer tatsächlich wegen seiner Tanzszenen anschauen.